Was bei Erwachsenen anders ist |
Christina Hohmann-Jeddi |
13.06.2024 09:00 Uhr |
Wie entsteht die Entwicklungsstörung? »ADHS ist stark genetisch beeinflusst, wobei nicht ein Gen, sondern Tausende Risikogene zusammenspielen«, sagte Philipsen. Man ist noch weit davon entfernt, zu verstehen, welche Varianten für welche Effekte verantwortlich sind. »Ein Teil der Varianten ist aber mit der frühen Hirnentwicklung assoziiert.«
Es gebe auch große Überlappungen von Risikogenen mit anderen psychischen Erkrankungen und Entwicklungsstörungen, vor allem Depressionen, Autismus-Spektrum- oder Schlafstörungen, aber auch Adipositas. Letztere sei keine reine Folge der Impulskontrollstörung, sondern habe gemeinsame genetische Wurzeln mit ADHS. »Entsprechend häufig sind Komorbiditäten«, machte die Ärztin deutlich. »Sie sind nicht die Ausnahme, sondern die Regel.«
Begleiterkrankungen sind bei ADHS die Regel, nicht die Ausnahme. Dazu gehören etwa Depressionen oder Angststörungen. / Foto: Adobe Stock/marjan4782
Häufig tritt ADHS zusammen mit psychischen Krankheiten auf. Einer schwedischen Registerstudie zufolge ist zum Beispiel das Risiko für eine Substanzabhängigkeit bei ADHS um den Faktor 10 höher als bei Nichtbetroffenen (»Plos One« 2018, DOI: 10.1371/journal.pone.0204516). Ähnliche Risikoerhöhungen fanden sich für Depressionen, bipolare Erkrankungen sowie Angststörungen. »Auf Suchtstationen schaut man inzwischen gezielt nach ADHS«, berichtete Philipsen. Weniger im Blick habe man bislang aber den Anteil an ADHS-Patienten bei Menschen mit Depressionen. In der Studie war auch das Risiko für Bluthochdruck und Typ-2-Diabetes doppelt so hoch wie bei Nichtbetroffenen.
»Kardiovaskuläre Erkrankungen und andere körperliche Erkrankungen kommen bei Menschen mit ADHS gehäuft vor«, bestätigte Philipsen. Zu nennen sind etwa Epilepsie, Migräne, Restless-Legs-Syndrom, neurodegenerative Erkrankungen, atopische Dermatitis, Allergien und eben Adipositas. Zudem träten bei Frauen mit ADHS das prämenstruelle Syndrom, die postpartale Depression und auch Wechseljahresbeschwerden verstärkt auf – die postpartale Depression sei sogar »dramatisch häufiger«.