Pharmazeutische Zeitung online
ADHS

Was bei Erwachsenen anders ist

Eine Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) wächst sich nicht immer aus, sondern besteht häufig noch im Erwachsenenalter fort – sogar bei Senioren. Hinsichtlich des Erkrankungsbilds und der Therapie unterscheiden sich junge von älteren Patienten mit ADHS.
Christina Hohmann-Jeddi
13.06.2024  09:00 Uhr

ADHS bei Senioren

Ebenso wenig wie beim Eintritt ins Erwachsenenalter endet ADHS beim Übergang zum höheren Lebensalter. »Was Patienten ab einem Alter von 50 oder 60 Jahren auszeichnet, ist aber kaum erforscht«, sagte Professor Dr. Wolfgang Retz von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsmedizin Mainz beim DGPPN-Kongress. So stammt die erste Publikation zum Thema ADHS im höheren Lebensalter aus dem Jahr 2011. Auch in der Altersgruppe 60+ gebe es einen nennenswerten Anteil von Betroffenen, zum Teil auch mit behandlungsbedürftiger Symptomatik, berichtete der Mediziner. Einer Metaanalyse zufolge liegt die Prävalenz in dieser Altersgruppe bei 0,8 Prozent (»Journal of Global Health« 2021, DOI: 10.7189/jogh.11.04009).

In einer eigenen Untersuchung im Rahmen der Mainzer Gutenberg Brain Study habe seine Arbeitsgruppe bei Menschen zwischen 60 und 80 Jahren eine ADHS-Prävalenz von 2,1 Prozent gefunden, berichtete Retz. Die Probleme in dieser Altersgruppe seien die gleichen wie bei jüngeren Erwachsenen: Unaufmerksamkeit, Ruhelosigkeit, Gedächtnisprobleme und emotionale Labilität. Auch hier lägen häufig die typischen Komorbiditäten Depressivität und Angststörungen vor.

Inzwischen gebe es auch Hinweise aus verschiedenen Studien, dass ADHS mit Demenz assoziiert ist, so Retz. ADHS-Patienten hätten ein deutlich erhöhtes Risiko für demenzielle Erkrankungen, was aber nachweislich nicht auf der Medikation beruhe. Diese scheine vielmehr einen tendenziell schützenden Effekt zu haben.

AHDS: Kaum Medikamente ab 60+

Zur medikamentösen Behandlung von ADHS bei Senioren äußert sich die aktuelle Leitlinie nicht. Das werde sich aber mit der laufenden Aktualisierung ändern, kündigte der Mediziner an. Ein Problem sei, dass sich in der Literatur keine randomisierten, doppelblinden Therapiestudien für diese Altersgruppe fänden. »Alle Studien in diesem Bereich haben keine älteren Patienten eingeschlossen«, so Retz. Entsprechend ist kaum ein Arzneimittel für Menschen ab 60 Jahren zugelassen. Die einzige Ausnahme sei Lisdexamfetamin, das generell für Erwachsene zugelassen sei, aber auch keine Daten zur Sicherheit und Wirksamkeit bei Personen ab 60 Jahren vorweisen könne. Methylphenidat-haltige Präparate müssten off Label eingesetzt werden.

Bei Ansetzen einer Therapie müsse auf vorbestehende Erkrankungen, vor allem kardiovaskuläre, und auf pharmakokinetische Veränderungen im Alter geachtet werden. Gerade die Stimulanzien und Atomoxetin führten zu einem Anstieg der Neurotransmitter Dopamin und Noradrenalin im synaptischen Spalt, was die Aktivität des Sympathikus erhöht und damit auch Herzfrequenz und Blutdruck.

Eine Untersuchung speziell mit älteren ADHS-Patienten hat gezeigt, dass in den ersten 30 Tagen einer Therapie mit Stimulanzien die Rate an Schlaganfällen und Arrhythmien um den Faktor 1,6 beziehungsweise 3,0 erhöht war. (»JAMA Network Open« 2021, DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2021.30795). »Gerade zu Beginn der Therapie sollte man diese Patienten besonders gut überwachen«, empfahl Retz.

Sein Fazit: »Wenn wir behandeln, sollten die Diagnose und die Indikationsstellung gut gesichert sein.« Insgesamt könne es auch in der Gerontopsychiatrie sinnvoll sein, sich mit Entwicklungsstörungen wie ADHS auseinanderzusetzen und sie gerade in Gedächtnisambulanzen auch differenzialdiagnostisch in Betracht zu ziehen. Allerdings seien in Bezug auf Diagnostik und Therapie von ADHS im höheren Lebensalter noch viele Fragen offen.

Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
Die experimentelle KI
von PZ und PTA-Forum
 
FAQ
SENDEN
Wie kann man die CAR-T-Zelltherapie einfach erklären?
Warum gibt es keinen Impfstoff gegen HIV?
Was hat der BGH im Fall von AvP entschieden?
GESAMTER ZEITRAUM
3 JAHRE
1 JAHR
SENDEN
IHRE FRAGE WIRD BEARBEITET ...
UNSERE ANTWORT
QUELLEN
22.01.2023 – Fehlende Evidenz?
LAV Niedersachsen sieht Verbesserungsbedarf
» ... Frag die KI ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln. ... «
Ihr Feedback
War diese Antwort für Sie hilfreich?
 
 
FEEDBACK SENDEN
FAQ
Was ist »Frag die KI«?
»Frag die KI« ist ein experimentelles Angebot der Pharmazeutischen Zeitung. Es nutzt Künstliche Intelligenz, um Fragen zu Themen der Branche zu beantworten. Die Antworten basieren auf dem Artikelarchiv der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums. Die durch die KI generierten Antworten sind mit Links zu den Originalartikeln der Pharmazeutischen Zeitung und des PTA-Forums versehen, in denen mehr Informationen zu finden sind. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung verfolgt in ihren Artikeln das Ziel, kompetent, seriös, umfassend und zeitnah über berufspolitische und gesundheitspolitische Entwicklungen, relevante Entwicklungen in der pharmazeutischen Forschung sowie den aktuellen Stand der pharmazeutischen Praxis zu informieren.
Was sollte ich bei den Fragen beachten?
Damit die KI die besten und hilfreichsten Antworten geben kann, sollten verschiedene Tipps beachtet werden. Die Frage sollte möglichst präzise gestellt werden. Denn je genauer die Frage formuliert ist, desto zielgerichteter kann die KI antworten. Vollständige Sätze erhöhen die Wahrscheinlichkeit einer guten Antwort.
Wie nutze ich den Zeitfilter?
Damit die KI sich bei ihrer Antwort auf aktuelle Beiträge beschränkt, kann die Suche zeitlich eingegrenzt werden. Artikel, die älter als sieben Jahre sind, werden derzeit nicht berücksichtigt.
Sind die Ergebnisse der KI-Fragen durchweg korrekt?
Die KI kann nicht auf jede Frage eine Antwort liefern. Wenn die Frage ein Thema betrifft, zu dem wir keine Artikel veröffentlicht haben, wird die KI dies in ihrer Antwort entsprechend mitteilen. Es besteht zudem eine Wahrscheinlichkeit, dass die Antwort unvollständig, veraltet oder falsch sein kann. Die Redaktion der Pharmazeutischen Zeitung übernimmt keine Verantwortung für die Richtigkeit der KI-Antworten.
Werden meine Daten gespeichert oder verarbeitet?
Wir nutzen gestellte Fragen und Feedback ausschließlich zur Generierung einer Antwort innerhalb unserer Anwendung und zur Verbesserung der Qualität zukünftiger Ergebnisse. Dabei werden keine zusätzlichen personenbezogenen Daten erfasst oder gespeichert.

Mehr von Avoxa