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Analyse des Koalitionsvertrages

Was bedeuten die Ampel-Pläne für Apotheken?

Nun liegt er also vor – der erste Entwurf des Koalitionsvertrages von SPD, Grünen und FDP. Klar ist: Die möglichen Koalitionäre planen umfangreiche Änderungen im Apothekensystem – es geht um neue Versorgungs- und Vergütungsformen. Doch der Vertrag enthält viel mehr spannende Stellen, die erst auf den zweiten Blick zeigen, wie viel sich für die Apotheken ändern könnte. Eine Analyse.
Benjamin Rohrer
19.11.2021  18:00 Uhr

Der Entwurf des Kapitels Gesundheit und Pflege aus dem möglichen Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP hat es in sich. Auf sechs Seiten beschäftigen sich die drei Parteien mit zahlreichen Versorgungsbereichen im Gesundheitssystem. Der Entwurf liest sich noch ein wenig unfertig: Es fehlen Zwischenüberschriften, Kapitel und thematische Sortierungen. Auch sprachlich wirkt das Papier wie eine Zusammenstellung von übergeordneten Zielen, die mit Blick auf eine mögliche konkrete Umsetzung dann aber viele Fragen aufwerfen. So ist es auch mit den Passagen, die sich mit Arzneimitteln und den Apotheken beschäftigen. Gleich an mehreren unterschiedlichen, nicht zusammenhängenden Stellen geht es um Arzneimittelpreise, deren Finanzierung, die Arzneimittelversorgung in der Fläche, die Apothekenversorgung sowie die Mehrwertsteuer auf Arzneimittel. Eine Analyse der wichtigsten Punkte für die Apotheken.

Apothekenversorgung auf dem Land: In einer ganzen Passage widmen sich die möglichen Koalitionäre den Apotheken. Im ersten Satz kündigen sie an, die Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) zu flexibilisieren, um die Versorgung in unterversorgten Regionen an Notfallzentren zu verbessern. Wie das genau umgesetzt werden soll, ist unklar. Gegenüber der PZ hatten aber die Grünen vor der Bundestagswahl gefordert, dass es in ländlichen Regionen an Notfallzentren »Abgabetresen« geben solle – das könnte hier gemeint sein.

Apothekenhonorar: Bei genauerem Hinschauen drohen den Apotheken hier größere Umwälzungen. Konkret wird angekündigt, dass der Nacht- und Notdienstfonds zu einem Sicherstellungsfonds umgebaut werden soll. Sicherstellungszuschläge für kleine Landapotheken sind ebenfalls eine langjährige Forderung der Grünen. In der konkreten Umsetzung könnte dies darauf hinauslaufen, dass größere Apotheken einen Teil ihres Umsatzes in den Fonds auszahlen, aus dem kleinere Apotheken dann überdurchschnittlich große Abschläge erhalten. In Dänemark existiert eine solche Lösung bereits. In einem zweiten Apotheken-Stärkungsgesetz wollen die möglichen Koalitionäre dann das Honorar für pharmazeutische Dienstleistungen erhöhen, eine gute Botschaft für Apotheken – wäre da nicht der angehängte Nebensatz (…«um Effizenzgewinne innerhalb des Finanzierungssystems zu nutzen«) Auch dies erinnert sehr an die Aussagen der Grünen, die nach dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung und dem Apotheken-Gutachten des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWi) nach 2016 bekanntwurden. Die Grünen hatten damals gefordert, das Apothekenhonorar umzuverteilen, sodass kleinere Apotheken besser vergütet werden als große. Letztlich stellen die Parteien hier das einheitliche Fixhonorar in Frage.

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