Vom Wissen zum Handeln |
Eine Fachtagung Anfang Februar in Berlin lieferte jedoch letztlich mehr Fragen als Antworten. Unter dem Titel »Gesundheitskompetenz im digitalen Zeitalter« trafen sich die Verantwortlichen im Gesundheitssystem, um gemeinsam über Fortschritte und Handlungsfelder zu diskutieren. Darin liege allerdings schon der erste Fehler, meint Professor Dr. Andréa Belliger. Die Sozial- und Kommunikationswissenschaftlerin lehrt am Institut für Kommunikation und Führung in Luzern, unter anderem mit den Schwerpunkten digitale Transformation und E-Health.
Das Problem: Bei der Tagung ging es vor allem um gesundheitspolitische Aspekte. Es fehlte die Patientensicht. Das zeigt symptomatisch, weshalb das Gesundheitswesen hierzulande etwas ratlos vor dem Themenkomplex steht: Denn der moderne Mensch denke nicht mehr in Systemen, sondern in Netzwerken, erklärte Belliger in ihrem Vortrag vor Ärzten, Apothekern, Heilmittelerbringern und Kassenvertretern. »In einem System hat jeder Teil seine klar definierte Funktion, wie Organe in einem Körper«, sagte die Schweizerin. Netzwerke dagegen gäben keine Rollen vor. Jeder übernehme die Funktion, die er ausfüllen kann. Es existierten keine vorgegebenen Hierarchien. Jeder trage das bei, wozu er imstande ist.
Vonseiten der Forschung werde bereits einiges getan, lobte Belliger gegenüber der PZ. Studien wie jene aus Bielefeld hätten offenbar im Bewusstsein vieler Akteure etwas bewegt. Auch dass die Selbstverwaltung auf Einladung des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) zusammenkam und Interesse an dem Thema zeigt, sei ein gutes Signal.
»Wir müssen uns klarmachen, dass wir in Deutschland erst seit etwa fünf Jahren über Gesundheitskompetenz sprechen«, betonte auch Studienautorin Schaeffer bei der Fachtagung in Berlin. Seit 2016 beobachte sie deutliche Fortschritte in diesem Bereich. Die Gründung der Allianz für Gesundheitskompetenz sei ein Meilenstein gewesen, ebenso wie der gemeinsam mit dem BMG erarbeitete Nationale Aktionsplan Gesundheitskompetenz (Kasten, Seite 31).