Verhütung und Kinderwunsch |
Spezielles Augenmerk erfordert die antiepileptische Therapie bei Frauen im gebärfähigen Alter. Einerseits wirken einige Antiepileptika nachgewiesen teratogen, was eine sichere Verhütung nötig macht. Das betrifft in erster Linie Valproat, das eine dosisabhängige Fehlbildungsrate von 6 bis 10 Prozent aufweist (28) und daher möglichst vermieden oder zumindest auf Tagesdosen unter 1000 mg beschränkt werden sollte (29). In geringerem Maß sind auch die meisten anderen Antiepileptika wie Carbamazepin, Phenobarbital, Primidon und Phenytoin betroffen.
Mit Beginn der Pubertät sollte man daher versuchen, auf neuere Antiepileptika umzustellen, wenn möglich als Monotherapie (30). Deren Risiko für den Fetus ist geringer, wenn auch, vor allem als Bestandteil von Kombinationstherapien, nicht gleich null (31). Mittel der Wahl sind Lamotrigin und Levetiracetam (30).
Viele Frauen sorgen sich wegen ihrer antiepileptischen Medikation. Das pharmazeutische Personal kann die Adhärenz mit dem Hinweis fördern, dass Anfälle in der Schwangerschaft ein deutlich größeres Risiko für das ungeborene Kind bergen und die Arzneimittel keinesfalls ohne Rücksprache abgesetzt werden dürfen. Besonders wichtig ist eine Folsäuresubstitution (32).
Ein zweiter wichtiger Aspekt ist das Interaktionspotenzial zwischen Antiepileptika und hormonellen Kontrazeptiva. Insbesondere ältere Arzneistoffe fungieren als starke Enzyminduktoren, können dadurch die Wirkung der Kontrazeptiva deutlich vermindern und so ungewollte Schwangerschaften provozieren (Tabelle). Das gilt nicht nur für die klassische »Pille«, sondern auch für andere systemisch wirkende Darreichungsformen wie Pflaster, Ring oder Implantat (33). Auch die manchmal propagierte Verordnung von oralen Kontrazeptiva mit höherer Estrogen-Dosis und/oder höherem Gestagen-Anteil bietet oft keine ausreichende Sicherheit. Daher sollte der Gynäkologe andere Verhütungsmethoden empfehlen, beispielsweise ein Intrauterinpessar mit lokaler Gestagen-Abgabe. Kommt dies nicht in Betracht, kann auf die doppelte Dosis eines niedrig dosierten Präparats ausgewichen werden. Die Einnahme erfolgt bevorzugt im Langzyklus (ohne Einnahmepause) (30).
Interaktion | Arzneistoffe |
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starke Enzyminduktion (hoher Wirkungsverlust der Kontrazeptiva) | CarbamazepinPhenytoinPhenobarbitalPrimidonFelbamatTopiramat (Dosen über 200 mg) |
schwache Enzyminduktion (geringer Wirkungsverlust) | EtosuximidOxcarbazepinLamotriginCenobamat |
kein Wirkungsverlust | ValproinsäureClonazepamClobazamEthosuximidGabapentin, TiagabinVigabatrinLacosamidTopiramat (Dosen bis 200 mg) |
Eine weitere Interaktion muss bei Lamotrigin beachtet werden: Kombinierte hormonelle Kontrazeptiva steigern die Glucuronidierung und damit die Clearance dieses Arzneistoffs, sodass eine höhere Dosis für eine gesicherte Anfallsfreiheit erforderlich ist. In der Einnahmepause des Kontrazeptivums kann dagegen der Wirkspiegel sprunghaft ansteigen und Nebenwirkungen verursachen. Die Frau sollte unter Lamotrigin daher eine andere Verhütungsmethode nutzen (35) oder das hormonelle Kontrazeptivum im Langzyklus einnehmen (30).