Verantwortung mal zwei |
Eine Schwangerschaft ist auch für das größte Körperorgan, die Haut, eine Herausforderung. Bei Veränderungen wie Dehnungsstreifen spenden Cremes und Öle Feuchtigkeit und sorgen für ein angenehmes Gefühl. Sie können Schwangerschaftsstreifen allerdings nur begrenzt verhindern.
Leiden Frauen unter einer »Schwangerschaftsmaske«, also einer unangenehmen, aber unbedenklichen Hyperpigmentierung, sollte das Apothekenteam von chemischen Bleichmitteln wie Hydrochinon, Arbutin oder Koji-Säure abraten. Diese können die Haut nachhaltig schädigen und Allergien auslösen. Über den Blutkreislauf können sie das Ungeborene erreichen.
Gute Hautpflege ist in der Schwangerschaft wichtig, kann Dehnungsstreifen aber nicht immer verhindern. / Foto: Adobe Stock/juefraphoto
Grundsätzlich sollten Apotheker und PTA bei der Beratung von Schwangeren beachten, dass bestimmte Inhaltsstoffe ungeeignet sind (28, 29). Bekanntes Beispiel sind Retinoide, die zur Behandlung von Hautkrankheiten wie Schuppenflechte und Akne sowie im Anti-Aging-Bereich ihren Einsatz finden. Einige dieser Substanzen können das ungeborene Kind schädigen. Parabene, die als Konservierungsmittel etwa in Duschgels, Shampoo oder Zahnpasta vorkommen, stehen im Verdacht, das Hormonsystem zu stören. Auch Phthalate wie Diethylphthalat (DEP) oder Dimethylphthalat (DMP) stecken in zahlreichen Produkten, beispielweise in Shampoo, Duschgel und Zahnpasta, aber auch in diversen Haut- und Sonnencremes, Haarsprays oder Haargel. Auch diese Inhaltstoffe sind umstritten und sollten in der Schwangerschaft gemieden werden.
Bei der Selbstmedikation von Erkältungen sollte von Kombinationspräparaten abgeraten werden. Es gilt: je mehr Wirkstoffe, desto höher das Risiko.
Bei einer Schnupfennase verschafft Inhalieren, zum Beispiel mit isotonischer Kochsalzlösung, Erleichterung. Abschwellend wirkende Nasensprays mit α-Sympathomimetika wie Xylometazolin oder Oxymetazolin nur sehr restriktiv anwenden. Eine Gefahr besteht aber vermutlich erst bei Anwendung in sehr hoher Dosierung im zweiten und dritten Trimenon. Systemische Wirkungen, etwa eine Vasokonstriktion der Uterusgefäße und Minderdurchblutung der Plazenta, könnten die Folge sein. Das Apothekenteam kann sicherheitshalber empfehlen, die abschwellend wirkenden Sprays im unilateralen Wechsel mit einem als unbedenklich geltenden Spray mit Meerwasser und gegebenenfalls Dexpanthenol zu benutzen. Präparate mit α-Sympathomimetika sollten nur fünf bis sieben Tage angewendet werden, um einen Rebound-Effekt sowie eine Rhinitis medikamentosa zu vermeiden.
Indikation | Mittel der Wahl | Tolerabel | Begründet kontraindiziert | Kommentar |
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Allergie | Loratadin, Cetirizin | andere H1-Blocker | ||
Antibiose | Penicilline, Cephalosporine, Erythromycin, Azithromycin, Clarithromycin, Roxithromycin, Spiramycin, Fosfomycin | Cotrimoxazol, Doxycyclin bis SSW 15, Ciprofloxacin, Metronidazol, Clindamycin, andere Antibiotika | Tetracycline ab SSW 16 kontraindiziert | |
Gastritis | Magaldrat, Alginate, andere Antacida, Famotidin, Omeprazol | |||
Harnwegsinfekt | Penicilline, Cephalosporine, Fosfomycin | siehe Antibiose | siehe Antibiose | |
Herpes | Aciclovir | |||
Husten | Dextromethorphan, Codein (kurzzeitig) | |||
Migräne | Paracetamol, Sumatriptan, Ibuprofen bis SSW 28 | Zolmitriptan, Rizatriptan, Naproxen bis SSW 28 | Ergotamintartrat | Metoclopramid bei begleitender Übelkeit |
Migräneprophylaxe | Metoprolol, Amitriptylin | Valproinsäure | ||
Mykose (vaginal) | Nystatin, Clotrimazol, Miconazol, Amphotericin B (lokale Anwendung) | Fluconazol, Itraconazol | Terbinafin | Vermeiden: Amorolfin, Ciclopirox, Naftifin, Natamycin, Tolnaftat. Versehentliche Anwendung jedoch ohne Konsequenzen |
Obstipation | Quellmittel, Lactulose, Macrogol, Bisacodyl | Anthrachinone, Rizinusöl | ||
Refluxösophagitis | Omeprazol | Pantoprazol | ||
Schmerzen | Ibuprofen bis SSW 28, Paracetamol | andere NSAR, Metamizol bis SSW 28, Codein, andere Opioide | Cave: Entzug beim Neugeborenen bei Opioiden, Kontroverse zu Paracetamol | |
Sekretolyse | Acetylcystein | |||
Übelkeit | Doxylamin (mit Pyridoxin), Dimenhydrinat, (Meclozin), Metoclopramid | Ondansetron | Meclozin in Deutschland nicht mehr im Handel |
Bei Hustenmitteln ist zwischen Antitussiva und Expektoranzien zu unterscheiden. Als Hustenstiller ist das Morphinderivat Dextromethorphan Mittel der Wahl (ab dem ersten Trimenon und nicht kurz vor der Geburt). Da zur Anwendung in der Schwangerschaft keine ausreichenden Erfahrungen vorliegen, ist eine strenge Indikationsstellung angezeigt und die Einnahme sollte so kurz und so selten wie möglich erfolgen, zum Beispiel nur abends vorm Schlafengehen.
Bei Expektoranzien handelt es sich oft um Kombinationsarzneimittel, die für die Schwangerschaft eher ungeeignet sind, denn es gilt: je mehr unterschiedliche Wirkstoffe, desto höher das Risiko für Störeffekte. Pflanzliche Mittel, häufig Präparate mit Thymian, Efeu oder Cineol, sind nicht unbedingt vorzuziehen. »Für die meisten Phytopharmaka haben wir kaum Daten zur Anwendung in der Schwangerschaft. Meistens handelt es sich dabei zudem um für Schwangere eher ungeeignete Wirkstoffgemische«, sagt der Arzt Paulus. »Pflanzlich bedeutet nicht, dass die Mittel gänzlich frei von Neben- oder Wechselwirkungen sind.«
Zu beachten ist, dass viele pflanzliche, aber auch homöopathische Arzneimittel Alkohol enthalten. Schwangere sollten Alkohol vollständig meiden, denn schon geringste Mengen können das Kind gefährden. Eine einfache Möglichkeit in der Apotheke ist, eine feste Darreichungsform zu empfehlen (falls verfügbar).
Monopräparate gegen Husten wie Acetylcystein, Bromhexin und Ambroxol lösen den Schleim verlässlich und können mit strenger Indikationsstellung gegeben werden. Das Apothekenteam sollte aber darauf hinweisen, dass nicht pharmakologische Maßnahmen wie Sprühvernebler und ausreichende Flüssigkeitszufuhr zu bevorzugen sind (2, 4, 6, 13).