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Selten, aber kompliziert

Urogenitalinfektionen beim Mann

Infektionen des Urogenitaltrakts sind bei Männern seltener als bei Frauen. Von Harnwegsinfektionen sind meist ältere Männer betroffen. Erkranken junge Männer an einer Entzündung im Urogenitalbereich, kann eine sexuell übertragbare Infektion dahinterstecken.
Marion Hofmann-Aßmus
29.07.2020  09:00 Uhr

Zu den Urogenitalinfektionen des Mannes zählen insbesondere die Harnwegsinfektionen (HWI), welche die Harnleiterentzündung (Ureteritis), die Harnblasenentzündung (Zystitis) und die Harnröhrenentzündung (Urethritis) umfassen. Der Harnleiter ist paarig angelegt und befördert den Urin von den Nieren zur Blase. Er gehört zu den oberen Harnwegen. Die Harnröhre leitet den Urin aus dem Körper und wird zusammen mit der Blase als untere Harnwege bezeichnet.

Junge Männer leiden selten unter HWI. Dafür ist auch die im Vergleich zur weiblichen deutlich längere männliche Harnröhre verantwortlich: Man geht davon aus, dass die Bakterien hier nicht so leicht aufsteigen können beziehungsweise ausgewaschen werden, bevor sie die Blase erreichen. Zusätzlich verfügt das Prostatasekret über antibakterielle Aktivität. Für die unkomplizierte HWI junger Männer empfiehlt die Leitlinie Pivmecillinam und Nitrofurantoin, wobei Letzteres bei einer möglichen Prostatabeteiligung nicht gegeben werden sollte. Aufgrund der Seltenheit des Krankheitsbilds gibt es aber so gut wie keine vergleichenden Studien und auch keine evidenzbasierten Daten zur optimalen Dauer der Antibiotika-Therapie. Insbesondere bei jungen Männern kann der Urethritis auch eine sexuell übertragbare Erkrankung zugrunde liegen, die entweder von Neisseria gonorrhoeae oder durch andere Erreger verursacht wird.

HWI häufiger bei Älteren

Ursächlich für die mit zunehmendem Alter häufigeren HWI bei Männern ist meist eine gutartige Vergrößerung der Prostata. Diese verengt die Harnröhre und führt dazu, dass nach dem Wasserlassen Restharn in der Blase zurückbleibt, der Bakterien einen guten Nährboden bietet. Restharn entsteht auch bei neurologischen Erkrankungen, die mit einer gestörten Harnentleerung einhergehen können, etwa Multiple Sklerose oder Demenz. Als weitere Ursache für HWI gilt ein unzureichend behandelter Diabetes, da der erhöhte Glucosespiegel das Wachstum von Bakterien begünstigt.

Typische Symptome einer HWI sind brennende oder stechende Schmerzen beim Wasserlassen sowie Ausfluss; bei einer Beteiligung der Blase kommen starker Harndrang sowie Unterbauchbeschwerden und manchmal blutiger Urin dazu. Bei Blasen- und Harnleiterentzündungen können Fieber, Schüttelfrost, Übelkeit und Erbrechen sowie ausstrahlende Schmerzen in der Nierengegend auftreten.

Der zusätzliche Nachweis von Leukozyten und/oder Nitrit im Urin erhöht die Wahrscheinlichkeit einer Infektion, die endgültige Abklärung erfolgt mittels Urinkultur plus Antibiogramm, um mögliche Resistenzen bei der Wahl des Antibiotikums berücksichtigen zu können. In der Regel gilt eine HWI bei Männern als komplizierte Infektion, da die Prostata mitbetroffen sein kann. Die Therapie mit Antibiotika sollte unmittelbar beginnen (empirische Therapie) und wird nach dem kulturellen Erregernachweis eventuell umgestellt.

Für die empirische Therapie der komplizierten HWI spielt es eine wichtige Rolle, wo die Erkrankung erworben wurde – ambulant oder zum Beispiel im Krankenhaus – und ob bereits eine Antibiotika-Therapie durchgeführt wurde. Damit lassen sich Rückschlüsse auf das zu erwartende Erregerspektrum und dessen Empfindlichkeit ziehen.

Bei einer ersten, ambulant erworbenen komplizierten HWI empfiehlt die Leitlinie eine parenterale Initialtherapie mit Cephalosporinen der Gruppe 3a (Ceftriaxon), Fluorchinolonen und Aminopenicilline/β-Laktamase-Inhibitor. Da bei einer nosokomial erworbenen oder nach einer Katheter-Behandlung aufgetretenen Infektion mit multiresistenten Erregern zu rechnen ist, werden hier Antibiotika eingesetzt, die auch gegen seltenere und multiresistente gramnegative Erreger wirksam sind.

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