Therapie im Wechsel |
Der Beginn und die Art der Therapie richten sich »wenn man so möchte, im Wesentlichen nach den Wünschen der Patientin. Der einzige Grund, dieses der Patientin nicht selbst zu überlassen, wären ausgeprägte Blutungsstörungen«. Laut Stute muss dahingehend beraten werden, dass es neben der Hormongabe auch Alternativmethoden wie die Gabe verschiedener Pflanzenextrakte, eine kognitive Verhaltenstherapie oder Akupunktur gibt. Dabei sei klar zu vermitteln, dass der größte Nutzen bei der Behandlung klimakterischer Beschwerden von der HRT ausgeht.
Nach den Ausführungen Stutes ist den Patientinnen zu erklären, dass die Wahl jederzeit revidiert werden kann. »Man kann beispielsweise mit Phytopharmaka wie Cimicifuga oder Rhabarber beginnen und nach mehreren Monaten auf Hormone umsteigen, wenn keine ausreichenden Effekte erzielt wurden. Es kann aber auch sein, dass Pflanzenextrakte gerade zu Anfang der Wechseljahre die Symptome sehr gut kupieren. Da die Frau aber hormonell weiter altert und die Symptome dadurch stärker werden, kann die Pflanzentherapie irgendwann nicht mehr ausreichen«, erklärt die Gynäkologin. Bei pflanzlichen Präparaten rät die Expertin auf jeden Fall, geprüfte Extrakte zu verwenden, die als Arzneimittel zugelassen sind. Isoflavone aus Soja oder Rotklee sind lediglich als Nahrungsergänzungsmittel erhältlich und unterliegen damit dem Lebensmittelrecht. Frauen, die an Brustkrebs erkrankt sind, sollen leitliniengemäß keine Phytoestrogene, also Isoflavone, Genistein, Rheum rhaponticum oder Rotklee, zur Behandlung vasomotorischer Symptome erhalten.
»Mit dem Empfehlungsgrad A soll Frauen mit vasomotorischen Beschwerden eine Hormonersatztherapie angeboten werden, nachdem sie über die kurz- (bis zu fünf Jahren) und langfristigen Nutzen und Risiken informiert wurden. Für Frauen mit Estrogenrezeptor-positivem Mammakarzinom oder anderen hormonabhängigen Tumoren ist eine HRT nicht indiziert. Für nicht hysterektomierte Frauen, also Frauen, die ihre Gebärmutter noch besitzen, kommt eine Estrogen-Gestagen-Therapie mit adäquatem Gestagenanteil, für hysterektomierte Frauen eine Estrogen-Monotherapie in Betracht. Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI), Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI), Clonidin und Gabapentin sollen dagegen nicht routinemäßig als Mittel der ersten Wahl gegen Schweißausbrüche und Hitzewallungen angeboten werden«, informierte die Frauenärztin. Während der Therapie können Dosisanpassungen notwendig sein, die dem Verlauf der verschiedenen Phasen der Peri- und Postmenopause geschuldet und »kein Zeichen von Abhängigkeit« seien.
Stute stellte eine Art Kochrezept vor, nach dem Hormone eingesetzt werden, und zwar bezüglich der Frequenz, der Dosis und der Darreichungsform. »Die Therapiegestaltung richtet sich nach der Klimakteriumsphase, in der sich die Frau befindet. Deshalb wird die Frau in der Perimenopause weniger Estrogen brauchen, weil die Eierstöcke noch mitarbeiten. Je seltener die Periode, desto weniger tun sie das jedoch. Nach der Menopause arbeiten sie nicht mehr mit. So lässt sich grob abschätzen, welche Dosis an Estrogen man wählt. In der Phase bis zur Menopause entscheiden sich Gynäkologen meist für eine sequenzielle Therapie, bei der jeden Tag Estrogen und nur in der zweiten Zyklushälfte das Gelbkörperhormon verabreicht werden. Nach der Menopause therapiert man meist kontinuierlich kombiniert weiter, indem jeden Tag Estrogene und Gestagen zugeführt werden.«
Mikronisiertes Progesteron – manchmal auch als »bioidentisch« bezeichnet – wirkt Schlafstörungen im Klimakterium entgegen. Professorin Dr. Petra Stute erklärt, warum. Man mache sich den Verstoffwechslungsweg des Progesterons zunutze. »Oral aufgenommenes Progesteron wird sowohl vom Darmmikrobiom als auch von Enzymen in der Darmwand und in der Leber zu Allopregnanolon verstoffwechselt. Dieser Metabolit bindet im Gehirn an GABA-Rezeptoren, und dadurch wird der müdemachende Effekt ausgelöst. Das macht klar, warum mikronisiertes Progesteron so beliebt bei Schlafstörungen in den Wechseljahren ist«, so Stute. »Mit synthetischen Gelbkörperhormonen ist dieser Effekt jedoch nicht zu erzielen, weil sie nicht zu Allopregnanolon metabolisiert werden. Und die schlaffördernde Wirkung funktioniert auch nicht über den vaginalen Applikationsweg, weil das vaginale Mikrobiom anders verstoffwechselt als das intestinale.«
Was die Darreichungsform angeht, ist der transdermale Weg in Form von Pflaster, Gel oder Spray die Therapie der ersten Wahl. Sie hat die gleiche Wirksamkeit wie die orale Therapie – etwa auch bezüglich der Osteoporoseprophylaxe – und sollte leitliniengemäß primär angeboten werden. Vor allem das Thromboembolie- und Schlaganfallrisiko werden auf diese Weise nicht erhöht. »Ein Hinderungsgrund für die transdermale Therapie wäre, dass diese von der Durchführbarkeit für die Patientin nicht tolerabel ist. Manche Patientinnen reagieren etwa mit Hautreizungen auf das Pflaster oder empfinden die Gelanwendungen als umständlich. Dann ist eine orale Therapie angezeigt, wenn es das kardiovaskuläre Risikoprofil zulässt.«
Stehen vaginale Symptome wie Scheidentrockenheit im Vordergrund, empfiehlt Stute eine vaginale Therapie »so lange wie erforderlich. Denn im Gegensatz zu vasomotorischen Beschwerden verbessern sich urogenitale Beschwerden durch eine systemische Therapie nicht immer und bleiben auch nach der Postmenopause bestehen«. Hierfür kommen Befeuchtungs- und Gleitmittel allein oder in Kombination mit einer vaginalen Estrogentherapie infrage. Gemäß der Leitlinie kann die Therapie so lange wie erforderlich angeboten werden, also auch dann, »wenn die übrige systhemische HRT bereits abgesetzt wurde«.
Auch wenn zusätzlich Blasenbeschwerden wie Harninkontinenz oder häufige Blasenentzündungen auftreten, ist die Estrogenzufuhr über die Scheidenschleimhaut effektiver. Diese wird heute sehr niedrig dosiert. »Mit den im Handel befindlichen vaginalen Estrogenpräparaten werden keine systemisch messbaren Wirkspiegel erzielt. Man erreicht damit nur die Blase und die Scheide«, erklärt Stute.
Therapieregime | Arzneiform | Wirkstoffe und Produktbeispiele |
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Estrogene transdermal | Gel | 17β-Estradiol: Gynokadin Gel, Estreva Gel |
TTS (einmal pro Woche) | 17β-Estradiol: Estramon®, Fem7®, Estradiol TTS | |
Spray | 17β-Estradiol: Lenzetto® Spray | |
Estrogene lokal | Vaginalcreme | Estriol: Oekolp®-Creme, Ovestin-Creme, Estriol Wolff, Oestro-Gynaedron VaginalcremeEstradiol: Linoladiol® N |
Ovula und Vaginalzäpfchen | Estriol: Oekolp® Ovula, Ovestin® | |
Vaginalring | Estradiol: Estring® | |
Estrogene oral | Tabletten, Dragees | Estradiol: Estrifam®, Gynokadin®Estriol: Estriol 2 mg fem, Ovestin, Oekolp |
Gestagene oral | Weichkapseln | Progesteron: Utrogest®, Progestan®, Famenita® |
Tabletten | Progesteron-Derivate: Chlormadinon 2 mg, Duphaston® | |
Zyklische und kontinuierliche Kombinationspräparate (Estrogen und Gestagen) | Dragees, Filmtabletten | Femoston® 1/10 mg, Cyclo Progynova 2 mg/0,15 mg, Lafamme®, Angeliq® |
TTS | Fem7 Conti® |