Tabuthema mit hohem Leidensdruck |
Nicht alle analen Beschwerden gehen auf Hämorrhoidalleiden zurück. Eine genaue ärztliche Abklärung ist daher nötig. / Foto: Adobe Stock/Oleksandr
Hämorrhoidalleiden werden schon 2500 Jahre vor Christus beschrieben. Die erste dokumentierte Behandlung erfolgte 400 vor Christus durch Hippokrates von Kos, der den Hämorrhoiden mit Brenneisen und Suppositorien zu Leibe rückte.
In den westlichen Industrienationen gelten Hämorrhoidalleiden als Volkskrankheit – mit hoher Dunkelziffer. Beide Geschlechter sind gleichermaßen betroffen mit einem Erkrankungsgipfel im Alter von 45 bis 65 Jahren. Lange Zeit glaubte man, dass es sich um venöse Gefäße im Analkanal und bei deren Vergrößerung um »Krampfadern« handle. Diese Vorstellung ist gemäß der aktuellen S3-Leitlinie »Hämorrhoidalleiden« (Stand 2019; AWMF-Registriernummer 081-007) nicht mehr zutreffend.
Der Hämorrhoidalplexus ist ein schwammartiges, arteriovenöses Gefäßpolster, das ringförmig vor dem Schließmuskel des Afters liegt. Kollagenfasern und elastische Muskelfasern stabilisieren die Lage des Polsters. Dieses Blutkissen sorgt für die Feinabdichtung des Analkanals und verhindert unwillkürlichen Stuhlabgang.
Den Hämorrhoidalplexus muss man sich vorstellen wie einen Schwellkörper: Soll keine Darmentleerung erfolgen, füllt sich das Gefäßpolster mit Blut. Steht die Defäkation an, entleert sich das Polster. Das gute Zusammenspiel vieler Faktoren, zum Beispiel von Dehnungsreizen des Rektums und Impulsen der gestreiften und glatten Muskulatur, sowie Signale des zentralen sympathischen und parasympathischen Nervensystems spielen eine Rolle. Krankhafte Vergrößerungen dieses Gefäßpolsters werden als Hämorrhoiden bezeichnet; Beschwerden nennt man Hämorrhoidalleiden oder symptomatische Hämorrhoiden bezeichnet.
In den Industrienationen zählen Hämorrhoidalleiden zu den häufigsten Erkrankungen, doch nur 4 Prozent der Erkrankten suchen einen Arzt auf. Die Beschwerden, die mit den Veränderungen der Hämorrhoiden einhergehen, sind meist unspezifisch und umfassen Juckreiz, Nässen, Schmerzen bei der Stuhlentleerung, Vorwölbung des Gefäßkissens (Prolaps) in den Analkanal oder vor den Schließmuskel, Schwellung und Blutungen.
Hämorrhoidalleiden sind ein Tabuthema. Viele Betroffene »kurieren« sich selber, und viele anale Beschwerden werden von Patienten und Ärzten auf Hämorrhoidalleiden zurückgeführt, haben tatsächlich aber eine andere Ursache. Daher gehören die Symptome zunächst einmal differenzialdiagnostisch abgeklärt. Blutbeimengungen im Stuhl können auch auf schwerwiegende Darmerkrankungen hindeuten. Hämorrhoiden werden entsprechend ihrer Größenzunahme und Vorwölbung in vier Stadien mit fließenden Übergängen eingeteilt (Tabelle 1).
Stadium | Charakteristik |
---|---|
1 | Hämorrhoiden sind nur bei proktoskopischer Untersuchung sichtbar |
2 | Vorwölbung der Hämorrhoiden bei der Defäkation (Prolaps) mit anschließender spontaner Rückbildung |
3 | Prolaps bei der Defäkation/Rückbildung erfolgt nicht mehr spontan, sondern ist nur manuell möglich |
4 | Prolaps der Hämorrhoiden bleibt bestehen und ist nicht mehr zurückzuschieben |
Gewebefasern und Muskelstrukturen, die den Hämorrhoidalplexus umgeben und stabilisieren, beginnen sich ab dem 30. Lebensjahr durch das physiologische Altern zu verändern. Daher sind Hämorrhoiden bei jüngeren Menschen eher sehr selten. Mit zunehmenden Alter können sich Hämorrhoidalleiden beziehungsweise ein Prolaps in den Analkanal oder nach außen entwickeln. Das Erkrankungsrisiko ist bei Senioren deutlich erhöht.
Bei Kindern sind Hämorrhoiden extrem selten. Ähnliche Beschwerden im Analbereich werden oft als Hämorrhoiden fehinterpretiert. Häufiger sind ein Analprolaps, Fissuren oder Marisken. Ein Analprolaps tritt meistens vor dem dritten Lebensjahr auf, und oft ist eine weitere Krankheit, etwa Mukoviszidose, die Ursache. Bei einer Analfissur reißt die Schleimhaut ein, was zu Blutungen führen kann. Verstopfung, zu starkes Pressen beim Stuhlgang, ungesunde Ernährung und unzureichendes Trinken gelten als Hauptursache. Die Pflege der gereizten Haut und ein verändertes Ernährungs- und Trinkverhalten schaffen Abhilfe. Nicht pressen beim Stuhlgang.
Marisken – weiche bis derbe, hautfarbene Knoten oder Hautlappen am äußeren Analrand – treten altersunabhängig auf. Sie können als Hyperplasien der Haut ohne erkennbare Ursache (primäre Form) oder sekundär infolge von chronischen Analfissuren, chirurgischen Eingriffen am Anus oder Grunderkrankungen wie Morbus Crohn entstehen. Sie bereiten selten Beschwerden und sind eher ein kosmetisches oder hygienisches Problem. Allerdings sind entzündliche Veränderungen durch Irritationen möglich. Asymptomatische Marisken erfordern keine Therapie, nur eine sorgfältige Analhygiene. Ansonsten sind symptomatische oder operative Therapien zu erwägen.
Hämorrhoidalleiden sind weit verbreitet, die Ursachen allerdings noch unzureichend wissenschaftlich belegt.
Gemäß der neuen Leitlinie spielt die zunehmende distale Verlagerung des Hämorrhoidalplexus bei der Entstehung eines Hämorrhoidalleidens die Hauptrolle. Dazu tragen verschiedene Faktoren bei. Gefäßveränderungen in dem Blutkissen stören die Feinabstimmung von Füllung und Entleerung. Ebenso können degenerative und/oder entzündliche Veränderungen der stabilisierenden Muskel- oder Kollagenfasern sowie eine Bindegewebsschwäche das Gefäßpolster nicht ausreichend in seiner Position halten. Die Kontrolle über Darmgase und Stuhl ist nicht mehr zufriedenstellend möglich.
Das freut den Darm: Vollkornprodukte, Nüsse, Samen, Gemüse und Obst sind reich an Ballaststoffen. / Foto: Shutterstock/Antonina Vlasova
Jede Erhöhung des Ruhedrucks im Rektum durch Stress, Reizdarmsyndrom, ungesundes Defäkationsverhalten oder Stoffwechselerkrankungen können das Gefäßpolster langfristig strukturell verändern. Obstipation und Stuhlentleerungsstörungen können die Folge einer einseitigen Ernährung mit unzureichender Zufuhr von Ballaststoffen sein. Der Darm wird nicht mehr ausreichend gefüllt, und der Dehnungsdruck auf das Rektum verringert sich. Harter Stuhl und Verstopfung können starkes Pressen beim Stuhlgang begünstigen.
Weitere Studien lassen vermuten, dass Bewegungsarmut, erhöhter Alkoholkonsum, Übergewicht und der Genuss scharfer Speisen als Auslöser infrage kommen. Aber auch genetische Ursachen von Hämorrhoidalleiden werden diskutiert.
Im Endstadium besteht der Hämorrhoidalplexus überwiegend aus Bindegewebe und ungeordneten Muskelfasern, was zu einem irreversiblen Prolaps führt (Tabelle 1).
Die auf Hämorrhoidalleiden zurückzuführenden Beschwerden sind nicht eindeutig und stehen oft nicht in Relation zu den krankhaften Veränderungen des Gefäßpolsters. Die Symptome ähneln vielen anderen proktologischen Erkrankungen. Daher ist die genaue Differenzialdiagnose wichtig.
Hauptsymptom sind Blutungen unterschiedlicher Intensität, die einmalig, rezidivierend nach jeder Defäkation oder auch wiederholt nach etlichen Wochen oder Monaten auftreten und zwar als Schmierblutung oder hellrot gefärbt auf dem Stuhl aufliegend. Dunkelrotes Blut deutet auf Erkrankungen im Inneren von Mast- oder Dickdarm oder gastrointestinale Erkrankungen hin.
Hämorrhoidalleiden in den Stadium 2 bis 4 führen meistens zu einer gestörten Feinabdichtung des Afters, was Symptome wie Nässen, Stuhlschmieren und schleimige Sekretion zur Folge haben kann. Diese Stuhlinkontinenz führt zur Irritation der umliegenden Haut mit Symptomen wie Juckreiz und Brennen. Schmerzen sind nicht typisch für einen Prolaps oder vergrößerte Gefäßpolster, sondern für begleitende Analleiden wie kleinere Fissuren, Thrombosen oder Marisken (Tabelle 2).
Erkrankung, Beschreibung | Ursachen, Risikofaktoren | Symptome | Behandlung |
---|---|---|---|
Analprolaps | |||
Vorwölbung der Schleimhaut des Analkanals. Im weiteren Verlauf können Teile des End- und Mastdarms aus dem Anus hervortreten (Rektumprolaps, Mastdarmvorfall). | Begleiterscheinung von Hämorrhoidalleiden, Alter, weibliches Geschlecht, verschiedene Grunderkrankungen | verminderte Feinabdichtung des Analkanals, Schmerzen, Juckreiz bei Irritation oder Entzündung, stärkere Schmerzen als bei Hämorrhoiden | Therapie je nach Symptomen: Analhygiene, ballaststoffreiche Ernährung, Optimierung des Defäkationsverhaltens, Operation |
Analekzem | |||
Veränderung der Analhaut durch allergische Reaktion, Hautirritation | Intimpflegeprodukte, Slipeinlagen, Toilettenpapier, Arzneimittel (Ursache für Bufexamac-Rückruf), Feuchtigkeit bei Stuhlinkontinenz, atopische Grunderkrankungen | Pruritus, Schmerzen, Nässen, peranale Blutungen, Analsekret, Schleimauflagerung auf dem Stuhl | Meidung relevanter Kontaktallergene, Behandlung von Grunderkrankungen je nach Differenzialdiagnose: antientzündliche Behandlung mit Corticosteroiden, symptomatische Therapie mit antibakteriellen, antimykotischen, antiseptischen Arzneistoffen (Pruritus, Schmerzen), Optimierung von Analhygiene und Stuhlgewohnheiten |
Analfissur | |||
feine Einrisse der Afterhaut oder Schleimhaut | exakte Pathogenese ungeklärt, primäre Analfissur: erhöhter Ruhedruck des Schließmuskels mit Schmerz und Entzündung, ungesundes Defäkationsverhalten (starkes Pressen), Obstipation (Schwangerschaft), Adipositas, sekundäre Analfissur: bakterielle, virale, entzündliche und immunologische Erkrankungen | starke, stechende brennende, reißende Schmerzen bei der Defäkation, hellrote Blutung auf Stuhl und/oder Toilettenpapier | hohe Spontanheilungsrate, Therapie: Sitzbäder, lokale Behandlung mit Calciumantagonisten (Nifedipin), Lidocain oder Hydrocortison-haltigen Salben (bei Ekzemen), Pflege der Analhaut, Stuhlregulation, zum Beispiel mit Plantago ovata |
Analfistel und Analabszess | |||
Fistel: Kanal zwischen Abszess und Hautoberfläche, akute Entzündung durch eiterbildende Keime/Analabszess: akutes entzündliches Stadium der Analfistel mit abgekapseltem Eiter | Entzündung der »Proktodealdrüsen« (krypto-glanduläre Analfistel),,chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (z.B. Morbus Crohn, Divertikulitis), bakterielle Infektionen, Adipositas, hoher Salzkonsum, Diabetes mellitus, Dyslipidämien, Rauchen, Alkohol, scharfe Speisen, sitzende Tätigkeit, mangelnde Bewegung | Fistel: Schmerzen und Austritt von eitriger Flüssigkeit aus einem Bereich um die Afteröffnung/Analabszess: Schmerzen, Entzündung | Operation |
Analthrombose | |||
akut auftretendes Blutgerinnsel im Bereich der subkutan verlaufenden Venen des Hämorrhoidalplexus | auslösende Faktoren: Temperaturreize wie Kälte (z.B. Sitzen auf kalten Flächen), schwülwarmes Wetter, stärkere körperliche Anstrengung, Endphase der Schwangerschaft, Geburtsvorgang, hormonelle Faktoren (Menses), mechanische Belastungen (proktologische Eingriffe, Analverkehr), Folge von Hämorrhoidalleiden | akut – innerhalb von Minuten bis Stunden – auftretende Schwellung am Analrand oder im After mit Juckreiz, Stechen, Brennen, starkes Spannungsgefühl | spontane Rückbildung nach Tagen bis Wochen, bei stärkeren Beschwerden: Therapie mit NSAR oder lokale Applikation eines Corticosteroids, Behandlung der Hämorrhoidalleiden |
Vergrößerungen des Gefäßpolsters können durch Topika nicht beseitigt werden, aber akute Symptome werden gelindert. Erreichen die Hämorrhoiden die Stadien 3 oder 4, helfen operative Verfahren.
→ Blutungen unterschiedlicher Intensität sind Hauptsymptom von Hämorrhoidalleiden. Da auch andere, schwere Erkrankungen des Darms mit Blutungen einhergehen, erfordern diese ebenso wie erstmalig auftretende oder häufigere Beschwerden eine ärztliche Untersuchung und Differenzialdiagnose.
Foto: Adobe Stock/napatcha
Kontrovers wird in der S3-Leitlinie »Hämorrhoidalleiden« die Entstehung von Hämorrhoiden während einer Schwangerschaft betrachtet. Die hormonelle Umstellung trägt dazu bei, dass der Beckenboden und das benachbarte Bindegewebe weich und weit werden, und dies begünstigt Hämorrhoiden. Im weiteren Verlauf der Schwangerschaft nimmt der Druck auf den Hämorrhoidalplexus durch das Gewicht des Kindes zu. Geburtsvorgang und Presswehen bedeuten eine weitere Belastung. Außerdem leiden viele Schwangere unter Obstipation und hartem Stuhl.
Zur Häufigkeit eines Hämorrhoidalleidens in der Schwangerschaft existiert laut Leitlinie kaum Literatur, wenngleich eine Häufung analer Beschwerden auftreten mag.
Den Frauen wird eine ballaststoffreiche Ernährung, erhöhte Flüssigkeitszufuhr, Sitzbäder und lokale Anwendung von Salben mit Lokalanästhetika empfohlen. Von Laxanzien wird abgeraten. Das Apothekenteam kann laut Embryotox Lidocain-haltige Salben zur Linderung analer Beschwerden empfehlen. Auch Gerbstoff- oder Zinkoxid-haltige Arzneimittel können eingesetzt werden.
Vor der Anwendung sollte die Schwangere immer ihren Arzt konsultieren, denn oft werden Beschwerden als Hämorrhoiden fehlgedeutet. Bei genauerer Diagnose handelt es sich weitaus häufiger um Anafissuren, Analthrombosen oder Marisken, die acht bis 24 Wochen nach der Entbindung auch ohne Behandlung wieder verschwinden.
Die gezielte Anamnese beim Hausarzt oder besser noch beim Proktologen umfasst die genauen Symptome, zum Beispiel Farbe und Intensität von Blutungen, das Ausmaß einer Vorwölbung durch digital-rektales Austasten, Fragen zu Ernährung, Flüssigkeitszufuhr, Stuhlgewohnheiten und familiärer Belastung durch Kolonkarzinome. Die Untersuchung des unteren Rektums (Proktoskopie) dient dem Ausschluss anderer analer Erkrankungen sowie der Differenzialdiagnostik (Tabelle 2).
Das vertrauensvolle Gespräch mit dem Arzt ist unerlässlich für die Abklärung von Analbeschwerden. / Foto: AOK-Mediendienst
Erkranken Patienten ab dem 40. Lebensjahr an Hämorrhoidalleiden, so empfiehlt die Leitlinie zusätzlich die Spiegelung des Mastdarms (Rektoskopie). Nur bei Verdacht auf weitere Erkrankungen des Darms trägt die Spiegelung des Dickdarms (Koloskopie) zur Diagnostik bei. Studien lassen den Schluss zu, dass Patienten mit Hämorrhoidalleiden kein erhöhtes kolorektales Karzinomrisiko haben.
Ultraschalluntersuchungen oder ein Test auf okkultes Blut im Stuhl sind nicht sinnvoll zur Diagnose von Hämorrhoidalleiden.
→ Anamnese und Proktoskopie sind die Basis der Differenzialdiagnose.
Wissenschaftliche Studien ergeben positive Wirkungen von Flavonoiden wie Citrusbioflavonoiden, Hesperidin, Diosmin, Rutin oder Hydroxymethylrutinosiden. Einige dieser Arzneistoffe werden peroral als Venenmittel eingesetzt und wegen ihrer gefäß- und ödemprotektiven Wirkung auch bei Hämorrhoidalleiden verordnet.
Die Leitlinie spricht vor allem bei Diosmin und Hesperidin von »Interna« mit evidenzbasierter Empfehlung bei akuten Hämorrhoidalleiden und zur Besserung des postoperativen Verlaufs. Diosmin ist ein mikronisierter Flavonoid-Auszug; Hesperidin ist das Hauptflavonoid der Schalen von Orangen und Zitronen. Das Präparat Daflon® (weitere Handelsnamen: Venalex®, Detralex®) enthält ein Flavonoid-Gemisch aus Diosmin (meist 450 mg) und Hesperidin (meist 50 mg). Alle genannten Präparate sind in Deutschland nicht, aber in anderen europäischen Ländern erhältlich.
Bei hydroxilierten Flavonoid-Mischungen nennt die Leitlinie Rutoside und ß-Hydroxyethylrutoside, die als Gemisch (Oxerutin) oder als Einzelsubstanz (Troxerutin, Trihydroxyethylrutosid) verfügbar sind. Es gibt auch Kombinationen mit Quercetin und Hesperidin.
Zur symptomatischen Therapie ohne ausreichende Evidenz gibt es eine Reihe von topischen Produkten in Form von Salben, Cremes, Suppositorien und Analtampons. Die Leitlinie fasst diese Medikamente unter dem Begriff »Hämorrhoidalia« zur Behandlung akuter Beschwerden zusammen. Diese werden perianal oder rektal angewandt und lindern Juckreiz, Brennen und Schmerzen. Salben oder Cremes für den äußeren Analbereich werden mehrmals täglich idealerweise nach dem Stuhlgang mit dem Finger auf die gereinigte und trockene Haut aufgetragen. Applikatoren unterstützen die Anwendung der Arzneimittel im inneren Afterbereich.
Für blutende oder nässende Hämorrhoiden gibt es sogenannte Analtampons. Das sind Zäpfchen mit eingeschmolzenen Mullstreifen oder auch spezielle Vlieskompressen (Analvorlagen), die die Haut um den After trocken und die Suppositorien in der richtigen Position halten. Damit wird der Arzneistoff direkt am Wirkort abgegeben.
Ein Analdehner mit Rückholband ist als Medizinprodukt im Handel. Dieser wird mehrmals am Tag für jeweils 60 Minuten in den Analkanal eingeführt; dies führt zur Entspannung des Schließmuskels und zur Rückbildung von Hämorrhoiden.
Lokalanästhetika wie Lidocain, Quinisocain oder Cinchocain (Rp) blockieren die Weiterleitung von Nervenreizen. Juckreiz und leichtere Schmerzen werden gelindert. Quinisocain und Cinchocain sind maximal zweimal täglich über eine Woche anzuwenden. Dagegen können Lidocain-haltige Arzneimittel bis zu sechs Wochen genutzt werden. Rektalsalben mit Lidocain werden eine halbe Stunde vor dem Stuhlgang oder unmittelbar danach aufgebracht und lindern starke Schmerzen. Das Apothekenteam sollte auf mögliche Überempfindlichkeitsreaktionen auf die Lokalanästhetika hinweisen.
Antiphlogistika wie Corticosteroide (Flucortolon, Hydrocortison, Prednisolon) werden bei heftigeren Beschwerden ärztlich verordnet.
Linderung versprechen auch weitere Externa, wobei die Evidenz gemäß Leitlinie oft dünn ist. Gerbstoffe aus Blattextrakten von Hamamelis und Eichenrinde sowie synthetische Gerbstoffe dichten Hautirritationen ab. Basisches Bismutgallat fördert die Wundheilung. Salben mit Kamillenblütenextrakt sind zur Behandlung von Hämorrhoidalleiden indiziert; Zinkoxid wirkt austrocknend. Sitzbäder mit Gerbstoffen oder Kamille, zwei- bis dreimal wöchentlich für 10 bis 15 Minuten, verschaffen ebenfalls Linderung.
Bei heftigeren Schmerzen können die Patienten Analgetika oral einnehmen. In der Apotheke sind wichtige Kontraindikationen, Wechselwirkungen und Tagesmaximaldosen zu erklären. Acetylsalicylsäure hemmt die Thrombozytenaggregation und ist wenig geeignet, da hämorrhoidale Blutungen länger andauern können.
Kräuter aus der Traditionellen Chinesischen Medizin können, so die Leitlinie, Hämorrhoidal-Blutungen stillen, aufgrund der schwachen wissenschaftlichen Evidenz allerdings ohne Empfehlung. Zusätzlich kann das Apothekenteam Pflegesalben mit Jojobaöl oder Bienenwachs, Zinkoxid oder ätherischen Ölen empfehlen, die einen Schutzfilm auf der irritierten Haut im Analbereich bilden.
Da es bei allen topischen Arzneiformen zur Verschmutzung der Wäsche kommen kann, ist die Verwendung von Slipeinlagen oder Ähnlichem empfehlenswert. Bessert sich die Symptomatik innerhalb von längstens sechs Wochen nicht, ist die Differenzialdiagnose beim Arzt notwendig.
→ Zur symptomatischen Behandlung von Hämorrhoidalleiden gibt es eine Fülle von Hämorrhoidalia mit und ohne ausreichende Evidenz, die bei akuten Beschwerden über maximal sechs Wochen angewandt werden können.
Foto: iStock/sturti
Eine ältere Dame steht etwas abseits in der Apotheke und schaut sich die Kosmetikprodukte an. Nachdem der letzte Kunde die Offizin verlassen hat, wendet Sie sich an die Apothekerin und sagt ganz leise: »Ich möchte bitte eine Hämorrhoiden-Salbe!«
Auf Nachfrage antwortet die Kundin, sie benötige dieses Arzneimittel selbst. Sie sehe Blut auf dem Toilettenpapier und leide an Juckreiz in der Analregion und leichten Schmerzen bei der Stuhlentleerung. Die Apothekerin bemerkt, dass die Dame unruhig wird, als ein weiterer Kunde die Apotheke betritt, und bittet sie in den Beratungsraum für das weitere Gespräch. Die Kundin erzählt, dass sie immer wieder ähnliche Beschwerden habe, diesmal jedoch eine stärkere Blutung bei der Stuhlentleerung. Die Apothekerin rät, das Problem unbedingt ärztlich abklären zu lassen, und gibt ihr ein Informationsblatt mit Beschreibung der diagnostischen Untersuchungen bei Hämorrhoidalbeschwerden mit. Dies verringert die Sorge der Kundin vor den notwendigen Untersuchungen. Zur Überbrückung bis zum Arztbesuch empfiehlt sie eine Salbe zur Linderung der Symptome und erklärt die genaue Anwendung. Abschließend gibt die Apothekerin der Kundin Empfehlungen für eine gesunde Ernährung mit ausreichender Menge an Ballaststoffen und genügender Flüssigkeitsaufnahme. Mit diesem Rundum-Paket verlässt die Seniorin deutlich erleichtert die Apotheke.
Zur Vorbeugung und Linderung der Beschwerden spielen Ernährungsmaßnahmen, richtiges Defäkationsverhalten und Stuhlregulation eine wichtige Rolle. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt die tägliche Aufnahme von 30 g Ballaststoffen, die sich vor allem in Vollkornprodukten, Obst und Gemüse finden. Dies sind unverdauliche Nahrungsbestandteile, die mit Wasser im Darm aufquellen. Dadurch vergrößert sich das Stuhlvolumen, die Verdauung wird angeregt. Der Stuhl wird weicher und die Defäkation erleichtert.
Zur Stuhlregulierung eignet sich vor allem Plantago ovata, indische Flohsamenschalen. Stärker wirksame Laxanzien wie Anthrachinone können zu dünnflüssigem Stuhl führen, der die gereizte Analschleimhaut zusätzlich irritiert. Das Apothekenteam sollte auf eine ausreichende Flüssigkeitsmenge (circa 1,2 bis 2 l/Tag) hinweisen.
Wichtig ist zudem, mit dem Mythos aufzuräumen, dass man einmal täglich den Darm entleeren müsse. Dies führt bei vielen Menschen zu einem ungesunden Defäkationsverhalten. Laut Definition nach den Rom-Kriterien handelt es sich um eine Verstopfung, wenn mindestens zwei der folgenden Kriterien über einen Zeitraum von etwa zwölf Wochen innerhalb eines Jahres erfüllt sind:
Gefühl der inkompletten Defäkation oder von anorektaler Blockade, aber keine flüssigen Stühle.
Wenig Bewegung, langes Sitzen und unzureichende Analhygiene tragen ebenfalls zur Provokation von Analleiden bei. Was ist bei guter Analhygiene zu beachten? Toilettenpapier entfernt Stuhlreste jeglicher Art. Dabei sollten vor allem Frauen darauf achten, von vorn nach hinten zu reinigen, um eine Kontamination der Scheide mit Darmkeimen zu vermeiden. Anschließend empfiehlt es sich, die Analregion mit klarem Wasser ohne jeglichen Zusatz zu säubern und möglichst mit einem Baumwolltuch gut zu trocknen. Feuchte Reinigungstücher ohne Zusatz- und Parfümstoffe können zum Beispiel auf Reisen die Analhygiene mit Wasser ersetzen. Bei gereizter Haut um den After sind Pflegesalben empfehlenswert.
→ Ballaststoffreiche Ernährung und die verbesserte Stuhlregulation, zum Beispiel durch Plantago ovata, sind wichtige Maßnahmen zur Vorbeugung und Verbesserung von Hämorrhoidalleiden.
Die Sklerosierung (Verödung), eine nahezu schmerzfreie Injektion in den Hämorrhoidalplexus oder in die zuführenden Arterien, erfolgt bevorzugt mit Polidocanol/Lauromacrogol (Aethoxysklerol® 3% oder konzentriertere alkoholische Polidocanol-Lösungen). Die Therapie wird bei Hämorrhoiden in den Stadien 1 und 2 eingesetzt, wenn mit einer Basistherapie und symptomatischer Behandlung kein Erfolg erzielt wurde. Die Verödung kann je nach Erfolg mehrfach wiederholt werden.
Die Gummiband-Ligatur ist Therapie der Wahl bei Hämorrhoidalbeschwerden im Stadium 2. Dabei gibt es verschiedene Techniken. Angesaugtes und gefasstes Hämorrhoidalgewebe wird mit einem Gummiring abgeschnürt, sodass es abstirbt und einige Tage später abfällt. Zur Schmerzprävention wird mit Lokalanästhetika behandelt. Der Erfolg ist höher als bei der Sklerosierung und gleichwertig zu einer Operation bei weniger Nebenwirkungen. Die Langzeitprognose ist jedoch bei einer Operation besser.
Reichen konservative Behandlungsstrategien zur Beschwerdelinderung nicht aus oder handelt es sich um Hämorrhoidalleiden Stadium 3 oder 4 mit nur manuell oder gar nicht wieder zurückzuführendem Prolaps, sind operative Maßnahmen indiziert. Dabei gibt es laut Leitlinie verschiedene Techniken. Die Risiken der Operation liegen in Komplikationsraten für Harnverhalte, Nachblutungen sowie der postoperativen Stuhlinkontinenz. Einige Studien versprechen Erfolg für injiziertes Botulinumtoxin bei guter Verträglichkeit und Sicherheit.
Postoperativ sind topische Zubereitungen, besonders mit Glyceroltrinitrat und anderen Nitraten, vor allem zur Schmerzlinderung, bedeutsam. Zur Vermeidung von Nitratkopfschmerzen wird Diltiazem bevorzugt. Das NRF enthält mehrere Rezepturvorschriften für topische Zubereitungen mit Diltiazem mit und ohne Lidocain.
Metronidazol in topischer oder systemischer Form sollte postoperativ nicht routinemäßig zur Anwendung kommen. Von Opioiden wird aufgrund der Nebenwirkung Obstipation abgeraten. Auch Quellstoffe zur Stuhlerweichung können postoperative Schmerzen lindern.
→ Wird mit Basistherapie, symptomatischer Behandlung, Gummiband-Ligatur oder Sklerosierung kein Erfolg erzielt oder handelt es sich um Hämorrhoiden in den Graden 3 und 4, kommt die operative Therapie infrage.
Hämorrhoidalleiden sind ein Tabuthema; daher ist sensible Beratung gefragt. Die Kenntnis von Symptomatik und Anatomie hilft bei der gezielten Versorgung des Patienten.
Die Anwendung symptomatisch wirksamer Arzneimittel ist in der Regel über sechs Wochen möglich. Weiter anhaltende Beschwerden sowie rezidivierende oder stärker werdende Symptome müssen ärztlich abgeklärt werden. Da sich die Struktur des Hämorrhoidalplexus im Lauf des Lebens verändert, bekommt jeder Mensch Hämorrhoiden, aber nicht jeder hat Beschwerden damit.
Barbara Staufenbiel studierte Pharmazie in Münster. Sie leitete 16 Jahre lang die Rabenfels-Apotheke in Rheinfelden. Seit ihrer Rückkehr nach Münster arbeitet sie in einer öffentlichen Apotheke und engagiert sich für die Fortbildung als Referentin und Autorin mit Schwerpunkt Apothekenpraxis.