Tabuthema mit hohem Leidensdruck |
Die auf Hämorrhoidalleiden zurückzuführenden Beschwerden sind nicht eindeutig und stehen oft nicht in Relation zu den krankhaften Veränderungen des Gefäßpolsters. Die Symptome ähneln vielen anderen proktologischen Erkrankungen. Daher ist die genaue Differenzialdiagnose wichtig.
Hauptsymptom sind Blutungen unterschiedlicher Intensität, die einmalig, rezidivierend nach jeder Defäkation oder auch wiederholt nach etlichen Wochen oder Monaten auftreten und zwar als Schmierblutung oder hellrot gefärbt auf dem Stuhl aufliegend. Dunkelrotes Blut deutet auf Erkrankungen im Inneren von Mast- oder Dickdarm oder gastrointestinale Erkrankungen hin.
Hämorrhoidalleiden in den Stadium 2 bis 4 führen meistens zu einer gestörten Feinabdichtung des Afters, was Symptome wie Nässen, Stuhlschmieren und schleimige Sekretion zur Folge haben kann. Diese Stuhlinkontinenz führt zur Irritation der umliegenden Haut mit Symptomen wie Juckreiz und Brennen. Schmerzen sind nicht typisch für einen Prolaps oder vergrößerte Gefäßpolster, sondern für begleitende Analleiden wie kleinere Fissuren, Thrombosen oder Marisken (Tabelle 2).
Erkrankung, Beschreibung | Ursachen, Risikofaktoren | Symptome | Behandlung |
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Analprolaps | |||
Vorwölbung der Schleimhaut des Analkanals. Im weiteren Verlauf können Teile des End- und Mastdarms aus dem Anus hervortreten (Rektumprolaps, Mastdarmvorfall). | Begleiterscheinung von Hämorrhoidalleiden, Alter, weibliches Geschlecht, verschiedene Grunderkrankungen | verminderte Feinabdichtung des Analkanals, Schmerzen, Juckreiz bei Irritation oder Entzündung, stärkere Schmerzen als bei Hämorrhoiden | Therapie je nach Symptomen: Analhygiene, ballaststoffreiche Ernährung, Optimierung des Defäkationsverhaltens, Operation |
Analekzem | |||
Veränderung der Analhaut durch allergische Reaktion, Hautirritation | Intimpflegeprodukte, Slipeinlagen, Toilettenpapier, Arzneimittel (Ursache für Bufexamac-Rückruf), Feuchtigkeit bei Stuhlinkontinenz, atopische Grunderkrankungen | Pruritus, Schmerzen, Nässen, peranale Blutungen, Analsekret, Schleimauflagerung auf dem Stuhl | Meidung relevanter Kontaktallergene, Behandlung von Grunderkrankungen je nach Differenzialdiagnose: antientzündliche Behandlung mit Corticosteroiden, symptomatische Therapie mit antibakteriellen, antimykotischen, antiseptischen Arzneistoffen (Pruritus, Schmerzen), Optimierung von Analhygiene und Stuhlgewohnheiten |
Analfissur | |||
feine Einrisse der Afterhaut oder Schleimhaut | exakte Pathogenese ungeklärt, primäre Analfissur: erhöhter Ruhedruck des Schließmuskels mit Schmerz und Entzündung, ungesundes Defäkationsverhalten (starkes Pressen), Obstipation (Schwangerschaft), Adipositas, sekundäre Analfissur: bakterielle, virale, entzündliche und immunologische Erkrankungen | starke, stechende brennende, reißende Schmerzen bei der Defäkation, hellrote Blutung auf Stuhl und/oder Toilettenpapier | hohe Spontanheilungsrate, Therapie: Sitzbäder, lokale Behandlung mit Calciumantagonisten (Nifedipin), Lidocain oder Hydrocortison-haltigen Salben (bei Ekzemen), Pflege der Analhaut, Stuhlregulation, zum Beispiel mit Plantago ovata |
Analfistel und Analabszess | |||
Fistel: Kanal zwischen Abszess und Hautoberfläche, akute Entzündung durch eiterbildende Keime/Analabszess: akutes entzündliches Stadium der Analfistel mit abgekapseltem Eiter | Entzündung der »Proktodealdrüsen« (krypto-glanduläre Analfistel),,chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (z.B. Morbus Crohn, Divertikulitis), bakterielle Infektionen, Adipositas, hoher Salzkonsum, Diabetes mellitus, Dyslipidämien, Rauchen, Alkohol, scharfe Speisen, sitzende Tätigkeit, mangelnde Bewegung | Fistel: Schmerzen und Austritt von eitriger Flüssigkeit aus einem Bereich um die Afteröffnung/Analabszess: Schmerzen, Entzündung | Operation |
Analthrombose | |||
akut auftretendes Blutgerinnsel im Bereich der subkutan verlaufenden Venen des Hämorrhoidalplexus | auslösende Faktoren: Temperaturreize wie Kälte (z.B. Sitzen auf kalten Flächen), schwülwarmes Wetter, stärkere körperliche Anstrengung, Endphase der Schwangerschaft, Geburtsvorgang, hormonelle Faktoren (Menses), mechanische Belastungen (proktologische Eingriffe, Analverkehr), Folge von Hämorrhoidalleiden | akut – innerhalb von Minuten bis Stunden – auftretende Schwellung am Analrand oder im After mit Juckreiz, Stechen, Brennen, starkes Spannungsgefühl | spontane Rückbildung nach Tagen bis Wochen, bei stärkeren Beschwerden: Therapie mit NSAR oder lokale Applikation eines Corticosteroids, Behandlung der Hämorrhoidalleiden |
Vergrößerungen des Gefäßpolsters können durch Topika nicht beseitigt werden, aber akute Symptome werden gelindert. Erreichen die Hämorrhoiden die Stadien 3 oder 4, helfen operative Verfahren.
→ Blutungen unterschiedlicher Intensität sind Hauptsymptom von Hämorrhoidalleiden. Da auch andere, schwere Erkrankungen des Darms mit Blutungen einhergehen, erfordern diese ebenso wie erstmalig auftretende oder häufigere Beschwerden eine ärztliche Untersuchung und Differenzialdiagnose.
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Kontrovers wird in der S3-Leitlinie »Hämorrhoidalleiden« die Entstehung von Hämorrhoiden während einer Schwangerschaft betrachtet. Die hormonelle Umstellung trägt dazu bei, dass der Beckenboden und das benachbarte Bindegewebe weich und weit werden, und dies begünstigt Hämorrhoiden. Im weiteren Verlauf der Schwangerschaft nimmt der Druck auf den Hämorrhoidalplexus durch das Gewicht des Kindes zu. Geburtsvorgang und Presswehen bedeuten eine weitere Belastung. Außerdem leiden viele Schwangere unter Obstipation und hartem Stuhl.
Zur Häufigkeit eines Hämorrhoidalleidens in der Schwangerschaft existiert laut Leitlinie kaum Literatur, wenngleich eine Häufung analer Beschwerden auftreten mag.
Den Frauen wird eine ballaststoffreiche Ernährung, erhöhte Flüssigkeitszufuhr, Sitzbäder und lokale Anwendung von Salben mit Lokalanästhetika empfohlen. Von Laxanzien wird abgeraten. Das Apothekenteam kann laut Embryotox Lidocain-haltige Salben zur Linderung analer Beschwerden empfehlen. Auch Gerbstoff- oder Zinkoxid-haltige Arzneimittel können eingesetzt werden.
Vor der Anwendung sollte die Schwangere immer ihren Arzt konsultieren, denn oft werden Beschwerden als Hämorrhoiden fehlgedeutet. Bei genauerer Diagnose handelt es sich weitaus häufiger um Anafissuren, Analthrombosen oder Marisken, die acht bis 24 Wochen nach der Entbindung auch ohne Behandlung wieder verschwinden.