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Ansteckungsgefahr

Studie nennt Maßnahmen für «Superspreader»-Orte

Wo ist die Ansteckungsgefahr für das Coronavirus am größten? Das haben US-Forscher auf Basis von mehr als einer halbe Million Aufenthalten analysiert. Sie nennen konkrete Orte und schlagen eine Zugangsbegrenzung vor.
PZ
dpa
11.11.2020  11:00 Uhr

Ein Großteil der Coronavirus-Infektionen passiert einer US-Studie zufolge aller Wahrscheinlichkeit nach an sogenannten «Superspreader»-Orten wie Restaurants, Fitnessstudios und Cafés. Das zeigen Wissenschaftler von der Universität Stanford in Kalifornien anhand eines Computermodells, unter anderem auf Basis demografischer Daten, epidemiologischer Schätzungen und anonymer Handydaten, im Fachjournal «Nature».

Das Modell analysiert, wo Menschen den Tag über hingehen, wie lange sie jeweils bleiben und wieviele andere Menschen am selben Ort sind – und fand überall dort die meisten Infektionen, wo sich mehrere Menschen in geschlossenen Räumen über längere Zeit aufhalten. Zwischen März und Mai habe das Modell, das auch den ethnischen und finanziellen Hintergrund der Menschen berücksichtigt, das Verhalten von rund 98 Millionen Menschen in zehn amerikanischen Metropolregionen (darunter New York, Los Angeles, Chicago und Washington) untersucht, hieß es von dem Forscherteam um den Computerwissenschaftler Jure Leskovec. Die Aufenthalte an rund 553.000 Orten, darunter Restaurants, Fitnessstudios, Tierhandlungen, Baumärkte und religiöse Einrichtungen, wurden analysiert. Zudem wurde das Modell nach und nach auch mit dem nachgewiesenen Infektionsgeschehen der jeweiligen Städte nachgebessert.

Demnach sei der Großteil der Ansteckungen nur an einer kleinen Anzahl solcher »Points of Interest« passiert, zum Beispiel infizierten sich in Chicago 85 Prozent der Corona-Fälle an nur 10 Prozent dieser Orte. Das Modell sagt auch voraus, dass Bevölkerungsgruppen mit niedrigerem Einkommen im Vergleich zu Gruppen mit höherem Einkommen eher infiziert werden, weil sie ihre Mobilität nicht so stark einschränken konnten und weil die Orte, die sie besuchen, tendenziell kleiner und überfüllter sind, was das Infektionsrisiko erhöhe. Zum Beispiel hatten Lebensmittelgeschäfte, die von Personen mit niedrigerem Einkommen besucht wurden, tendenziell 59 Prozent mehr Menschen pro Quadratmeter als solche, die von Personen mit höherem Einkommen besucht wurden, und ihre Besucher blieben im Durchschnitt 17 Prozent länger.

Das Computermodell könne künftig Behörden beim Kampf gegen eine weitere Verbreitung des Virus unterstützen, so die Forscher. Wenn beispielsweise die Belegung eines Veranstaltungsortes auf 20 Prozent seiner maximalen Kapazität begrenzt werde, könne die Rate der Neuinfektion voraussichtlich um mehr als 80 Prozent reduziert werden, die Gesamtzahl der Besuche jedoch nur um 42 Prozent.

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