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ADHS

Stimulanzien-Einsatz verhindert Schlimmeres

Eltern von ADHS-Kindern tun sich oft schwer mit der Entscheidung für oder gegen ein Medikament. Erstmals zeigt eine Studie, in welchem Ausmaß der frühzeitige Einsatz von Stimulanzien Kinder und Jugendliche mit ADHS vor Schulproblemen, Verhaltensstörungen und Suchterkrankungen schützen kann. 
Daniela Hüttemann
24.07.2019  13:24 Uhr

Für die neue Analyse haben Forscher des Massachusetts General Hospitals die Daten von drei ihrer eigenen vorausgegangenen Studien mit Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen untersucht, die an einer Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitäts-Störung litten. Das Team um den Kinder- und Jugendpsychiater Professor Dr. Joseph Biedermann ermittelte damit erstmals sogenannte Number Needed to Treat (NNT) für einige typische Probleme und Folgeerkrankungen, mit denen viele ADHS-Patienten zu kämpfen haben.

Die Number Needed to Treat beschreibt die Anzahl von Patienten, die mit einer bestimmten Methode behandelt werden muss, damit ein Patient profitiert. Je kleiner die NNT, desto effektiver ist die Therapie auf das Gesamtkollektiv betrachtet. Und tatsächlich sind die ermittelten NNT für den Einsatz von Stimulanzien wie Methylphenidat (Ritalin®) und Lisdexamfetamin relativ niedrig: So mussten drei Patienten behandelt werden, um zu verhindern, dass einer eine Klasse wiederholen muss oder eine Verhaltens- oder Angststörung entwickelt, berichten die Forscher im »Journal of Adolescent Health«.

Pro vier behandelter ADHS-Patienten entwickelte einer weniger eine schwere Depression oder erlitt einen Autounfall in einer Simulationsübung. Fünf mussten Medikamente einnehmen, damit ein Patient weniger eine bipolare Störung entwickelte. Bei einer NNT von sechs fing ein Patient weniger an zu rauchen, bei einer NNT von zehn konnte eine Suchterkrankung verhindert werden. Die Ergebnisse gelten gleichermaßen für Mädchen und Jungen. Der letztgenannte Effekt war stärker bei jüngeren Patienten.

»Wir können nun evidenzbasiert sagen, dass die Behandlung mit Stimulanzien die Entwicklung einiger schwerwiegender funktionaler Ergebnisse verhindert«, so Studienleiter Biedermann. Der Effekt auf andere Parameter wie posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS), Hirntraumata, das Suizidrisiko und den beruflichen Erfolg müsse noch untersucht werden.

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