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Häufige Arzneistoffe

Steckbrief Ibuprofen

Ibuprofen ist laut Arzneiverordnungs-Report der Arzneistoff, der am häufigsten auf deutschen Kassenrezepten auftaucht. Das nicht steroidale Antirheumatikum (NSAR) hat ein breites Anwendungsspektrum und eine lange Geschichte. Die PZ stellt den Verordnungs-Spitzenreiter vor.
Annette Rößler
02.07.2020  08:00 Uhr

Was ist das Einsatzgebiet von Ibuprofen?

Ibuprofen dient zur symptomatischen Behandlung von Fieber sowie Schmerzen und Entzündung sowohl bei akuten Verletzungen als auch bei chronischen rheumatischen Erkrankungen.

Wie wird Ibuprofen dosiert?

Die Dosierung erfolgt bei Kindern und Jugendlichen abhängig von Alter und Körpergewicht, wobei in der Regel 7 bis 10 mg pro kg Körpergewicht als Einzeldosis und 30 mg pro kg Körpergewicht als höchste Tagesgesamtdosis gegeben werden. Zwischen mehreren Einzelgaben sollten mindestens sechs Stunden liegen. Bei Erwachsenen beträgt die maximale Einzeldosis von rezeptpflichtigen Präparaten 800 mg und die Tageshöchstdosis 2400 mg. Diese Maximaldosen sollten jedoch möglichst nicht erreicht werden, vor allem nicht über einen längeren Zeitraum. Denn die Wahrscheinlichkeit von Nebenwirkungen steigt mit der Dosis.

Welche Nebenwirkungen kann Ibuprofen haben?

Wie alle NSAR kann Ibuprofen aufgrund der Hemmung der Prostaglandinsynthese gastrointestinale Komplikationen verursachen. Auch ein geringer Anstieg des Herzinfarktrisikos ist als Klasseneffekt beschrieben. Wie groß die Risikoerhöhung ausfällt, hängt allerdings von der jeweiligen Substanz ab. Ibuprofen hat einer vergleichenden Untersuchung der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) aus dem Jahr 2013 zufolge das günstigste gastrointestinale Risikoprofil der gängigen NSAR. Die Daten waren jedoch zum Teil widersprüchlich, sodass die AkdÄ vorsichtshalber empfiehlt, Ibuprofen möglichst niedrig zu dosieren.

Dürfen schwangere Frauen Ibuprofen einnehmen?

Frauen, die schwanger werden möchten oder es bereits sind, sollten mit der Anwendung von Ibuprofen vorsichtig sein. Es gibt Hinweise aus Tier- und epidemiologischen Studien, dass NSAR die Wahrscheinlichkeit eines Absterbens des Embryos vor und nach dem Einnisten in die Gebärmutter sowie das Missbildungsrisiko geringfügig erhöhen. Im dritten Trimenon sind alle NSAR kontraindiziert, da sie sowohl für das Baby als auch für die Mutter Risiken bergen: ein vorzeitiger Verschluss des Ductus arteriosus Botalli und eine Nierenfunktionsstörung beim Kind sowie eine Verlängerung der Blutungszeit und eine Hemmung der Uteruskontraktion aufseiten der Mutter.

Welche Wechselwirkungen mit Ibuprofen sind möglich?

Weil Ibuprofen so häufig verordnet wird, sind diverse Interaktionen zu beachten. Generell sollte die Anwendung von mehreren NSAR gleichzeitig und auch die Kombination eines NSAR mit oralen Glucocorticoiden vermieden werden, da sich das gastrointestinale Risiko aufaddiert. Speziell für Acetylsalicylsäure (ASS) gilt, dass auch die Kombination mit niedrig dosierter ASS unterbleiben sollte, weil Ibuprofen deren Wirkung auf die Thrombozytenaggregation kompetitiv hemmen kann. In Studien war eine Beeinträchtigung der Wirkung bei Einnahme von 400 mg Ibuprofen innerhalb von acht Stunden vor oder 30 Minuten nach der Einnahme von 81 mg ASS in unretardierter Formulierung zu beobachten. Allerdings ist fraglich, wie groß die klinische Relevanz dieser Interaktion ist. Gegen eine gelegentliche Einnahme von Ibuprofen auch unter ASS 100 spricht sie wahrscheinlich nicht.

Bei gleichzeitiger Anwendung mit Digoxin, Phenytoin oder Lithium kann der Spiegel dieser Arzneistoffe steigen. Eine Kontrolle der Serumwerte ist beim Lithium notwendig und bei den anderen beiden empfohlen. Auch der Wirkspiegel von Methotrexat kann durch die Einnahme von Ibuprofen innerhalb von 24 Stunden vor oder nach der Methotrexat-Gabe steigen. Vorsicht geboten ist zudem bei der Kombination mit Sulfonylharnstoffen. Um Hypoglykämien zu vermeiden, wird empfohlen, sicherheitshalber den Blutzucker zu messen.

Seit wann gibt es Ibuprofen?

Auf der Suche nach Antirheumatika entwickelten der Pharmakologe Dr. Stewart Adams und der Chemiker Dr. John Nicholson beim britischen Pharmaunternehmen Boots Pure Drug Company Ltd in den 1950er-Jahren ausgehend von der Acetylsalicylsäure zahlreiche neue Wirkstoffe. Einer davon, die 2-(4-Isobutylphenyl)propionsäure oder auch Ibuprofen, wurde 1961 zum Patent angemeldet und 1969 unter dem Markennamen Brufen® in Großbritannien auf den Markt gebracht.

Ibuprofen und Covid-19: Da war doch was…?

Zu Beginn der Coronavirus-Pandemie wurde vorübergehend auch von offiziellen Stellen der Verdacht geäußert, die Einnahme von Ibuprofen und anderen NSAR könne zu schweren Covid-19-Verläufen führen. Die Vermutung stellte sich wenig später als haltlos heraus, doch die Bevölkerung war nachhaltig verunsichert. Den meisten Apothekern sind Kunden noch gut in Erinnerung, die Paracetamol hamstern wollten, »weil Ibuprofen nicht mehr geht.«

 

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