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Häufige Arzneistoffe

Steckbrief Azol-Antimykotika

Azol-Antimykotika sind breit wirksam und werden entsprechend häufig eingesetzt. Bei systemischer Anwendung ist ihr großes Interaktionspotenzial zu beachten, das über CYP450-Enzyme vermittelt wird. Die einzelnen Wirkstoffe hemmen dabei unterschiedliche CYP-Enzyme verschieden stark.
Annette Rößler
12.01.2022  07:00 Uhr

Wie wirken Azol-Antimykotika?

Als Azol-Antimykotika bezeichnet man fungistatisch beziehungsweise in höheren Konzentrationen fungizid wirksame Arzneistoffe, die entweder einen Imidazol- oder einen Triazolring enthalten und auf -(con)azol enden. Sie hemmen in Pilzzellen die Synthese von Ergosterol, das für den Aufbau der Zellmembran benötigt wird. Dies wird durch eine Bindung des Stickstoffs im Imidazol- oder Triazol-Heterozyklus an das Häm-Eisen von Cytochrom-P-450 in der Pilzzelle erreicht, ohne das die enzymatische Umwandlung von Lanosterol in Ergosterol nicht möglich ist. Auch menschliche CYP450-Enzyme werden gehemmt, was das Wechselwirkungspotenzial der Substanzen erklärt.

Welches sind die Einsatzgebiete der Azole?

Azol-Antimykotika werden zur Behandlung von lokalen und systemischen Pilzinfektionen verwendet und sind als Topika teilweise rezeptfrei erhältlich. So werden etwa bei Fußpilz 1- bis 2-prozentige Cremes, Salben und Lösungen mit Bifonazol, Clotrimazol, Econazol, Ketoconazol, Miconazol und Sertaconazol als OTC-Produkte angeboten. Nagelpilz (als Kombinationspräparat mit Harnstoff), Scheidenpilz, Mundsoor, Schuppen und Kleiepilzflechte (Pityriasis versicolor) sind weitere Indikationen für den Einsatz von Topika in diversen Darreichungsformen, während Erkrankungen wie Kryptokokkose und Aspergillosen die Gabe von systemischen Azol-Antimykotika rechtfertigen. Wegen der besseren Verträglichkeit werden zur Behandlung von Pilzerkrankungen systemisch heute nur noch Triazol-Derivate wie Fluconazol, Isavuconazol, Itraconazol, Posaconazol und Voriconazol eingesetzt und nicht mehr die Imidazol-Derivate. Das Imidazol Ketoconazol hat allerdings in hohen Dosen (bis zu 1200 mg pro Tag) noch ein Einsatzgebiet für die orale Anwendung: bei endogenem Cushing-Syndrom zur Unterdrückung der überschießenden Cortisolproduktion.

Wie werden Azol-Antimykotika dosiert?

In der Regel gilt, dass Azol-haltige Topika mehrmals täglich auf die betroffenen Haut- und Schleimhautareale aufzutragen sind und die Behandlung über das Verschwinden der Beschwerden hinaus noch mindestens eine Woche, meistens mehrere Wochen, fortgesetzt werden soll. Bei systemischer Anwendung sind die Dosis und Behandlungsdauer abhängig von der Substanz und Indikation. Üblich sind beispielsweise bei Fluconazol zur oralen Anwendung bei Vaginalmykose eine Einzeldosis von 150 mg, bei Fußpilz 150 mg einmal wöchentlich oder 50 mg einmal täglich über zwei bis sechs Wochen und bei Nagelpilz 150 mg einmal wöchentlich über mehrere Monate (abhängig von der Wachstumsgeschwindigkeit des Nagels), während die Tagesdosis etwa bei lebensbedrohlicher Kryptokokken-Meningitis sogar 800 mg betragen kann.

Welche Nebenwirkungen sind möglich?

Bei lokaler Anwendung werden Azol-Antimykotika nicht resorbiert, als mögliche Nebenwirkung sind lediglich lokale allergische Reaktionen relevant. Werden die Substanzen systemisch gegeben, sind vor allem die Leberwerte des Patienten im Blick zu behalten: Häufig kommt es zu Transaminase-Änderungen und auch schwere Leberschäden sind möglich, aber selten. Einige Azol-Antimykotika, vor allem Fluconazol, können zudem die QT-Zeit verlängern. Besondere Vorsicht ist daher geboten, wenn der Patient noch weitere QT-Zeit-verlängernde Arzneimittel anwendet.

Welche Wechselwirkungen sind zu beachten?

Azol-Antimykotika gehören zu den Paradebeispielen für interaktionsträchtige Arzneistoffe, da sie CYP-Enzyme in der Leber hemmen und so den Metabolisums anderer Wirkstoffe über diesen Weg behindern. Dabei sind substanzabhängig verschiedene CYP-Enzyme unterschiedlich stark betroffen, wie Apotheker Holger Petri 2017 im »Deutschen Ärzteblatt« ausführte (DOI: 10.3238/PersInfek.2017.04.28.08). So ist Fluconazol ein starker Inhibitor von CYP2C9 und CYP2C19 sowie ein mittelstarker Inhibitor von CYP3A4, Isavuconazol ist ein mittelstarker Inhibitor von CYP3A4, Itraconazol und Posaconazol sind starke Inhibitoren von CYP3A4 und Voriconazol ist ein mittelstarker Inhibitor von CYP2B6 und CYP2C9 sowie ein starker Inhibitor von CYP3A4.

Gleichzeitig werden Isavuconazol und Itraconazol (CYP3A4) sowie Voriconazol (CYP2C19) über CYP-Enzyme abgebaut, sodass sich ihr Spiegel bei Anwendung von Inhibitoren beziehungsweise Induktoren dieser Enzyme verändern kann – Itraconazol hemmt auf diese Weise seinen eigenen Abbau, was die Halbwertszeit bei wiederholter systemischer Anwendung von 15 auf 40 Stunden verlängert. Für die Bewertung möglicher Interaktionen ist dabei zu bedenken, dass die Hemmung eines CYP-Enzyms durch einen Arzneistoff meist sofort einsetzt, die Induktion aber zwei bis drei Wochen Zeit braucht, weil zunächst mehr davon gebildet werden muss, bevor ein Effekt eintritt.

Wie sieht es aus in Schwangerschaft und Stillzeit?

Bei schwangeren und stillenden Frauen sind Clotrimazol oder Miconazol zur lokalen Anwendung die Mittel der Wahl, falls eine Therapie mit einem Azol-Antimykotikum erfolgen soll. Eine systemische Gabe sollte in der Schwangerschaft nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung, bei zwingender Indikation und möglichst nicht im ersten Trimenon erfolgen.

Seit wann gibt es Azol-Antimykotika?

Das erste Medikament zur Behandlung systemischer Pilzinfektionen war in den 1950er-Jahren Amphotericin B. Es wird nach oraler Gabe nicht resorbiert und muss daher zur Therapie tiefer Mykosen infundiert werden. Amphotericin B weist zwar ein breites Wirkspektrum auf, ist bei parenteraler Gabe aber vor allem für die Nieren sehr toxisch, weshalb mittlerweile nur noch liposomale Formulierungen verwendet werden. Die Firma Bayer brachte schließlich Anfang der 1970er-Jahre Clotrimazol (Canesten®) auf den Markt. Schnell stellte sich jedoch heraus, dass sich der Wirkstoff nicht zur systemischen Anwendung eignet, weil er zu nebenwirkungsträchtig ist und akkumuliert, da er seinen eigenen Abbau über CYP3A4 inhibiert. Weiterentwicklungen mit besserer systemischer Verträglichkeit stellten zunächst Miconazol (Daktar®, Janssen) und Ketoconazol (Nizoral®, Janssen) dar, die schließlich von Itraconazol (Sempera®, Janssen), Fluconazol (Diflucan®, Pfizer) und den Folgesubstanzen abgelöst wurden.

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