Starke Empfehlung für Paxlovid bei Risikopatienten |
Daniela Hüttemann |
22.04.2022 09:00 Uhr |
Neu ist, dass die WHO erstmals eine Empfehlung für Nirmatrelvir plus Ritonavir (Paxlovid™) gibt, noch dazu eine starke. Für die anderen beiden antiviralen Mittel, Molnupiravir (Lagevrio®) und Remdesivir (Veklury®), gibt es dagegen nur eine schwache oder bedingte Empfehlung. / Foto: imago images/Independent Photo Agency Int.
Zu Patienten mit dem höchstem Risiko, dass sich aus leichtem Covid-19 eine schwere Infektion entwickelt, gehören laut WHO ungeimpfte Personen, ältere Menschen sowie immunsupprimierte Patienten. Sie sollten so schnell wie möglich, wenn eine Covid-19-Erkrankung auftritt, mit der Kombination aus Nirmatrelvir und Ritonavir (Paxlovid™ von Pfizer) behandelt werden. Dabei handelt es sich um eine »starke« Empfehlung.
Die WHO-Experten begründen das Leitlinien-Update damit, dass dieses Medikament für diese Patienten wahrscheinlich die bessere Wahl sei, da es mehr Krankenhausaufenthalte verhindern könne als die Alternativen, weniger potenzielle Nebenwirkungen aufweise als das antivirale Medikament Molnupiravir und einfacher zu verabreichen sei als intravenöse Optionen wie Remdesivir und Antikörperbehandlungen.
Die neue Empfehlung basiert auf neuen Daten aus zwei randomisierten klinischen Studien mit insgesamt 3100 Patienten. »Mit mäßiger Sicherheit konnte nachgewiesen werden, dass Nirmatrelvir/Ritonavir die Zahl der Krankenhauseinweisungen reduziert (84 weniger Einweisungen pro 1.000 Patienten)«, heißt es in einer begleitenden Pressemitteilung des »British Medical Journal«, das für die Veröffentlichung der »Living Guideline« der WHO zuständig ist. Mit »geringer Sicherheit« konnte zwar kein signifikanter Unterschied bei der Sterblichkeit festgestellt werden. Jedoch konnte »mit hoher Sicherheit« nachgewiesen werden, dass das Risiko unerwünschter Wirkungen, die zum Absetzen des Medikaments führen, gering oder nicht vorhanden sei.
Das Autorenteam der »Living Guideline« rät jedoch davon ab, Paxlovid bei Patienten mit geringerem Risiko für eine Hospitalisierung einzusetzen, da der Nutzen gering sei. Auch für Patienten, die bereits schweres oder kritisches Covid-19 entwickelt haben, wird keine Empfehlung für Paxlovid ausgesprochen, da es für diese Gruppe derzeit keine entsprechenden Studiendaten gibt.
Neu in der Leitlinie ist zudem eine schwache Empfehlung, Patienten mit nicht-schwerem Covid-19 und höchstem Risiko für eine Hospitalisierung mit Remdesivir zu behandeln. Bislang gab es eine schwache oder bedingte Empfehlung gegen den Einsatz von Remdesivir.
Zurzeit gibt es zur Therapie der nicht-schweren Covid-19-Erkrankung nur eine schwache oder bedingte Empfehlung für Molnupiravir, Sotrovimab und die Kombination Casirivimab/Imdevimab, wobei letztere wohl nur bedingt gegen die Omikron-BA1-Variante wirksam ist. Dafür kann sie auch bei schwerem Covid-19 (Sauerstoffsättigung unter 90 Prozent, Anzeichen einer Lungenentzündung, Anzeichen schweren respiratorischen Stresses) und kritischem Covid-19 (angewiesen auf lebenserhaltende Maßnahmen, akutes respiratorisches Stresssyndrom, Sepsis, septischer Schock) bedingt eingesetzt werden. Eine starke Empfehlung bei schwerem und kritischem Covid-19 gibt es derzeit für Corticosteroide, Baricitinib und IL-6-Rezeptorblocker.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.