Spahn pariert Apotheker-Revolte |
Während der Rede von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) protestierten einige der Delegierten für das Rx-Versandverbot. / Foto: PZ/Alois Mueller
Am Rande der Expopharm diskutierten die Delegierten der 17 Kammern und Verbände lang und leidenschaftlich darüber, ob sie wieder auf das Rx-Versandverbot (RxVV) setzen sollen oder lieber Spahn den Rücken stärken, wenn es darum geht, die geplante Apothekenreform durchs Kanzleramt zu bringen. Dort liegt derzeit der Kabinettsentwurf des Gesetzes zur Stärkung der Vor-Ort-Apotheken (VOASG), mit dem Spahn den Apothekern den Weg ebnen will, um sich künftig etwa neue pharmazeutische Dienstleistungen honorieren zu lassen. Setzt Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) das Vorhaben aufgrund europarechtlicher Bedenken aus und bringt den Entwurf nicht in den Bundestag ein, stehen die Apotheker mit leeren Händen dar.
Kurz bevor sich das Apothekerparlament in Düsseldorf traf, hatte sich der Bundesrat in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf für ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Medikamenten ausgesprochen. Das rief auch bei den Apothekern die Verfechter des RxVV auf den Plan: In einem Antrag forderten sie die Rückkehr zum Versandverbot, das Spahn jedoch bekanntermaßen ablehnt. Die Apotheker waren uneins in der Frage, ob es besser wäre, sich diesbezüglich dem Minister selbstbewusst entgegenstellen, oder eher mit ihm gemeinsam am VOASG zu feilen, das allgemein als zweitbeste Lösung gilt.
Spahn stellte die Apotheker vor die Wahl: Rx-Versandverbot oder Apothekenreform. / Foto: PZ/Alois Mueller
Der Donnerstagnachmittag war geprägt von einer emotionalen Debatte, in der die Delegierten den vorliegenden Antrag mehrmals anpassen mussten, bis sie sich zu einem Kompromiss durchringen konnten. Zwar fordern sie in dem Beschluss nicht mehr explizit die Umsetzung des RxVV, wohl aber die Berücksichtigung des Bundesratsvotums bei der weiteren politischen Auseinandersetzung. In seiner Rede vor den Apothekern am Freitag machte Spahn unmissverständlich klar, was er von dem Vorstoß hält: »Wenn Sie glauben, die Länder kriegen ein Gesetz besser hin, dann stelle ich meinen Entwurf gerne ein. Aber dann möchte ich das von Ihnen wissen.« Die Ressourcen im Ministerium könne er auch anderweitig einsetzen.
Damit setzte der Minister den Apothekern praktisch die Pistole auf die Brust. Denn vor dem Hintergrund, dass der Europäische Gerichtshof in einem Urteil vom Oktober 2016 das Rx-Boni-Verbot für Versender mit Sitz im EU-Ausland außer Kraft gesetzt hatte, läuft den deutschen Apothekern die Zeit davon. Seit drei Jahren mühen sie sich, gemeinsam mit der Politik die wirtschaftliche Schieflage wieder geradezurücken. Jetzt, mit einem Gesetzentwurf vor der Nase, der ihnen in vielen Bereichen neue Möglichkeiten eröffnet, halten es viele für riskant, es sich mit Spahn zu verscherzen und noch einmal von vorne zu beginnen.
Spahn forderte von den Pharmazeuten ein eindeutiges Signal, ob sie hinter der Reform stehen. Nur dann sei er bereit, weiter mit ihnen diesen Weg zu gehen. Sollten sie stattdessen lieber den Bundesrat bitten wollen, einen Gesetzentwurf anzustoßen mit dem Ziel, den Versandhandel zu verbieten, sei er nicht beleidigt, werde seine Aktivitäten in Berlin mit Blick auf das VOASG aber einstellen. Die Worte des Ministers zeigten Wirkung: Die Delegierten stimmten wenige Stunden nach dem Auftritt Spahns mehrheitlich einem kurzfristig eingebrachten Ad-hoc-Antrag zu, in dem sie ihr klares Bekenntnis zum VOASG formulierten.