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Lektion gelernt?

So will die EMA Verunreinigungen in Arzneimitteln verhindern

Die europäischen Zulassungsbehörden haben einen gemeinsamen Leitfaden herausgegeben, wie sich Verunreinigungen in Medikamenten in Zukunft besser vermeiden lassen. Dabei geht es auch um die Kommunikation mit den Heilberuflern und Patienten.
Daniela Hüttemann
23.06.2020  15:52 Uhr

Der Valsartan-Skandal im Jahr 2018 hatte eine ganze Reihe von Maßnahmen angestoßen, um sicherzustellen, dass Medikamente keine potenziell krebserregenden Nitrosamine oder andere Verunreinigungen enthalten. Dass das Problem nicht ausgestanden ist, zeigen die jüngsten Metformin-Rückrufe in den USA.

Ganz ausschließen lässt sich auch in Europa nicht, dass es unter bestimmten Bedingungen zu Verunreinigungen kommt. Um das Risiko aber so gut es geht zu minimieren und im Fall der Fälle besser reagieren zu können, haben die nationalen Arzneimittelbehörden gemeinsam mit der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) nun entsprechende Empfehlungen unter dem Titel »Lessons learnt from presence of N-nitrosamine impurities in sartan medicines« herausgegeben. 98 Seiten umfasst das Dokument. Der Leitfaden umfasst die Punkte Prävention von N-Nitrosaminen in Medikamenten, Reaktion falls Fälle auftreten, Kommunikation mit Patienten und Heilberuflern sowie Kooperation mit internationalen Partnern.

In erster Linie nehmen die Arzneimittelbehörden folgerichtig die Zulassungsinhaber in die Pflicht, die wiederum die Qualität der zugelieferten Bestandteile ihrer Medikamente zu garantieren haben. Die Behörden geben vor, wie die Pharmafirmen eine Risikoanalyse vornehmen sollen, wie solche Risiken an die Behörden mitgeteilt werden und ihnen entgegnet werden muss. Auch sollen die Kontrolleure besser ausgebildet werden.

Zwar bescheinigen sich die Behörden selbst, damals gut und schnell reagiert zu haben, doch gebe es hier noch Verbesserungspotenzial, zum Beispiel bei der Testung von Proben oder verdächtigten Chargen. Dabei müssten die Labore besser ausgestattet werden.

Auch in der Kommunikation ist noch Luft nach oben, wie die Apotheker wohl aus leidvoller Erfahrung bestätigen können. Die Patienten, die Sartane einnehmen, waren immens verunsichert und die Aufklärung in den Apotheken hat viel Zeit und Geduld gekostet. Denn nach wie vor gilt: Nur in wenigen Chargen wurden wirklich bedenkliche Mengen der Nitrosamine gefunden, doch die Adhärenz hat arg gelitten, vor allem weil erst nach und nach kommuniziert wurde, welche Chargen betroffen waren – und vor allem, welche frei von Verunreinigungen waren. So wird nun empfohlen, dass die Behörden verfügbare Alternativen angeben. Auch sollen sie mehr über Social Media kommunizieren.

Im Sommer 2018 wurde erstmals das Nitrosamin NDMA in Valsartan und in der Folge auch andere Nitrosamine in verschiedenen Sartanen und anderen Arzneistoffen entdeckt. Es dauerte Monate, bis die EMA letztlich verkündete, wie es zu den Verunreinigungen gekommen ist. Demnach kam es bei der Herstellung der Wirkstoffe unter Nutzung des Lösungsmittels Dimethylformamid gemeinsam mit Natriumnitrit in Anwesenheit einer Säure zur N-Nitrosamin-Bildung. Potenziell können solche Verunreinigungen auch durch kontaminierte Ausgangsstoffe oder Maschinen ins Produkt gelangen. Zumindest Sartan-haltige Arzneimittel müssen nun von den Herstellern vor der Chargenfreigabe überprüft werden.

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