Schwanger werden oder verhüten – aber natürlich |
Laura Rudolph |
19.04.2022 09:00 Uhr |
Eine Frau kann nur an fünf bis sechs Tagen pro Zyklus schwanger werden. / Foto: Adobe Stock/LuckyBusiness
Wann findet der Eisprung statt? Immer mehr Frauen möchten hormonfrei verhüten und ihre fruchtbaren Tage sicher ermitteln – um in dieser Zeit zusätzlich zu verhüten, enthaltsam zu bleiben oder gezielt dem Wunschkind näherzukommen. Hierfür können sie die symptothermale Methode nutzen: Die Anwenderinnen messen jeden Morgen, direkt nach dem Aufwachen und bestenfalls immer zur gleichen Uhrzeit, ihre Basaltemperatur. Zusätzlich untersuchen sie täglich die Beschaffenheit des Zervixschleims oder die Lage, Öffnung und Festigkeit des Muttermunds. Ein geöffneter Muttermund, dünnflüssiges Sekret und ein plötzlicher Temperaturanstieg deuten auf den Eisprung hin. Zyklus-Apps, die auf der symptothermalen Methode beruhen, sollen so die fruchtbaren und unfruchtbaren Tage im Zyklus bestimmen. Diese Art der Verhütung schützt, wie alle anderen Kontrazeptionsmethoden auch, nicht 100-prozentig vor einer Schwangerschaft und verständlicherweise auch nicht vor sexuell übertragbaren Krankheiten.
Ein Medizinprodukt der Klasse 1 ist die App »Ovy«. Sie wurde von zwei Schwestern entwickelt, die 2016 das Hamburger Start-up Ovy GmbH gründeten. Die Applikation dient der Zykluskontrolle und dadurch der natürlichen Verhütung oder dem gezielten Schwangerwerden. Startet die App, fragt sie als Erstes, zu welchem der beiden Zwecke sie verwendet wird. Ovy ist dabei benutzerfreundlich: Auf der Startseite hebt sie in einem Kreisdiagramm die fruchtbaren Tage hervor – im Verhütungsmodus mit dem Hinweis auf zusätzlich benötigten Schutz beim Sex.
Alles im grünen Bereich: Ovy hebt fruchtbare Tage farblich hervor. / Foto: Ovy GmbH
Die App gibt es in einer kostenfreien Version. Diese dient vor allem der Zyklusbeobachtung und als Hilfe beim Schwangerwerden: Anwenderinnen können ihre Basaltemperatur und weitere Körpermerkmale wie Zervixschleim, Periode oder Störfaktoren zur Zyklusbeobachtung angeben. Der Bereich Ovy Care informiert mit leicht verständlichen und ausführlichen Artikeln über verschiedene Aspekte zu den Themen Empfängnis, Verhütung und Zyklus. So lernen Anwenderinnen etwa, wie Hormone den Schlaf beeinflussen, was es mit einer Gelbkörperschwäche auf sich hat oder wie man den Muttermund richtig abtastet.
Wen die App beim hormonfreien Verhüten unterstützen soll, der sollte auf die Premiumversion für 34,99 Euro pro Jahr oder 3,99 Euro pro Monat zurückgreifen. Deren Algorithmus arbeitet nach den Regeln der symptothermalen Methode. Wer das zugehörige Bluetooth-Thermometer (79,90 Euro) kauft, bekommt zwölf Monate kostenfreien Zugang zur Premiumversion – und die Temperatur wird nach dem Messen via Bluetooth direkt in die App übertragen. In der Premiumversion können die Anwenderinnen neben Zervixschleim- und Muttermundmerkmalen verschiedene Körpersignale aufzeichnen, darunter Schlafqualität, Stimmung und körperliche Aktivität. Sie können auch Ergebnisse von Ovulationstests angeben. Ein Zyklus-Report zum Weiterleiten an Ärzte, detaillierte Zykluskurven sowie das Nutzen im Flugmodus sind weitere Boni für Premium-Nutzerinnen. In der App »Ovy Partner« können sie ihre Zyklusdaten unkompliziert mit einer weiteren Person teilen.
Ovy eignet sich als übersichtliche und benutzerfreundliche Anwendung für erwachsene Frauen mit weitgehend regelmäßigen Zyklen und einem geregelten Tagesrhythmus, der das tägliche Dokumentieren der Körpersignale gewährleistet.
Die App »Cyclotest® mySense« der UEBE Medical GmbH in Kühlsheim kann zum hormonfreien Verhüten, Schwangerwerden oder zur einfachen Zykluskontrolle genutzt werden. Die App ist ein zertifiziertes Medizinprodukt der Klasse 2b – und damit nach der europäischen Medizinprodukterichtlinie ein offizielles Verhütungsmittel. Applikationen, die eine niedrigere Klasse aufweisen, wurden nicht als Verhütungsmittel zertifiziert.
Auf und ab: die Zykluskurve der Cyclotest® mySense-App. / Foto: cyclotest.de
Cyclotest® mySense ist nur mit dem gleichnamigen Bluetooth-Basalthermometer für einmalig 114,50 Euro nutzbar, das die Messwerte direkt überträgt. Das Messen selbst dauert längstens eine Minute. Im weiteren Verlauf fallen keine Nutzungskosten mehr an. Im Zusammenspiel von Basaltemperatur und weiterer Eisprungzeichen ermittelt die App die hochfruchtbaren, fruchtbaren und unfruchtbaren Tage. Den aktuellen und voraussichtlichen Fruchtbarkeitsstatus zeigt sie übersichtlich als Kreisdiagramm (den sogenannten Tages-Chart), Zykluskurve oder Kalender-Ansicht an.
Die ersten sechs Zyklen während der Anwendung dienen als Kennenlernphase; in dieser Zeit optimiert die Applikation die Zykluskontrolle. Anhand bisheriger Zyklusdaten ermittelt Cyclotest® mySense eine Fruchtbarkeitsprognose, die bis zwölf Monate in die Zukunft reicht. In einem Zyklustagebuch können Anwenderinnen zudem Angaben zu beispielsweise Stimmung, Hautbild oder körperlicher Aktivität notieren. In der Rubrik »Meine Zyklen« findet sich eine Übersicht über die Eigenschaften der vergangenen Zyklen: Zykluslänge, fruchtbares Fenster sowie die Dauer der Periode sind farblich hervorgehoben. Aus der Historie berechnet Cyclotest® mySense den durchschnittlichen Zyklus.
Als Ratgeber informiert die App zudem zu Themen wie Empfängnis, Frauengesundheit oder Verhütung. Eine Suchfunktion erlaubt dabei gezieltes Durchstöbern der Blog- oder Lexika-Einträge. Auch kann die App als eine Art Wecker gezielt daran erinnern, wann beispielsweise die nächste Periode ansteht oder es Zeit ist, einen Ovulationstest (LH-Test) durchzuführen. Auch bei der Verwendung dieser Zyklus-App empfiehlt sich ein regelmäßiger Lebensstil.
Neben den Zyklus-Apps, die die Temperatur über ein Basalthermometer erfassen, gibt es auch solche, die auf andere Messsysteme zurückgreifen. Die App »femSense« der SteadySense GmbH im österreichischen Seiersberg-Pirka bedient sich eines Pflasters mit integriertem Sensor (ab 19,90 Euro), die App »OvulaRing« der Leipziger Firma VivoSensMedical GmbH erhält ihre Daten über einen Kunststoffring mit Temperatursensor, der in die Vagina eingeführt wird. Die Systeme sind jedoch keine offiziell registrierten Verhütungsmittel.
In der Serie »PZ App-Check« stellt die PZ digitale Gesundheitsanwendungen (DiGA) indikationsbezogen vor, ergänzt durch weitere aus Sicht der Redaktion empfehlenswerte Gesundheits-Apps. Die Auswahl erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und es erfolgt keine detaillierte Bewertung. Geachtet wird etwa auf die Seriosität der Anbieter, die Verfügbarkeit sowohl für Apple- als auch Android-Nutzer und die Verfügbarkeit der App in deutscher Sprache. Bisher erschienen sind Beiträge zu den Indikationen Übergewicht, Tinnitus, Depressionen, Reizdarm, Heuschnupfen und Neurodermitis.