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Metaanalyse

Schlafdauer beeinflusst die  Impfreaktion

Eine Metaanalyse erhärtet Hinweise, dass es bei gesunden Erwachsenen eine gewisse Korrelation zwischen der Impfwirkung einerseits und dem Schlafpensum um den Impftermin herum andererseits geben könnte. Demnach ist ein objektiv bewerteter kurzer Schlaf von weniger als sechs Stunden pro Nacht mit einer robusten Abnahme der Antikörperantwort verbunden.
Theo Dingermann
15.03.2023  12:15 Uhr

Dass ausreichend Schlaf für die psychische Gesundheit gut ist, gilt als Binsenweisheit. Dass aber ein erholsamer Schlaf auch unserem Immunsystem hilft, auf Impfungen optimal zu reagieren, war bisher nicht so klar. Diese Wissenslücke korrigiert jetzt eine Metaanalyse, die im Fachjournal »Current Biology« veröffentlicht wurde.

Bereits im Jahr 2002 hatte die Seniorautorin der Studie, die emeritierte Professorin an der University of Chicago Eve Van Cauter, eine Arbeit veröffentlicht, in der sie die Auswirkungen des Schlafes auf Impfungen untersucht hatte. Die Ergebnisse dieser experimentellen Studie hatten gezeigt, dass die Titer der Immunglobulin (IgG)-Antikörper zehn Tage nach einer Influenza-Impfung  im Vergleich zu Kontrollen bei Personen um die Hälfte niedriger waren, wenn diese in den Tagen um die Impfung herum zu wenig geschlafen hatten.

In der nun publizierten Metaanalyse wurden aus initial 165 Publikationen letztlich sieben Studien (vier experimentelle und drei prospektive Studien) ausgewählt, um die Frage zu reevaluieren, in welchem Ausmaß (Effektstärke, ES) eine unzureichende Schlafdauer die immunologische Reaktion auf eine Impfung beeinflusst.

Kein Effekt bei selbstberichtetem Kurzschlaf 

Berichteten die Probanden (n = 504, Alter 18 bis 85 Jahre) selber über die Länge der Schlafdauer, wurden die vordefinierten statistischen Signifikanzkriterien für eine Korrelation von Impfreaktion und Kurzschlaf (weniger als sechs Stunden pro Nacht) nicht erreicht. Die ES betrug insgesamt 0,29. Auf die Geschlechter verteilt ergaben sich ES von 0,40 für Männer und 0,21 für Frauen.

Um die objektiv gemessene Dauer des Nachschlafs als Basis für die Untersuchung verwenden zu können und Personen unberücksichtigt zu lassen, die älter als 65 Jahre waren, da ältere Menschen oft weniger schlafen, reduzierten die Forschenden die Stichprobe auf 299 Erwachsene im Alter von 18 bis 60 Jahre.

Wenn die Analysen für Männer und Frauen getrennt durchgeführt wurden, war der Zusammenhang zwischen selbstberichtetem Kurzschlaf und Antikörperreaktion bei Männern mit einer ES von 0,75 signifikant. Bei Frauen hingegen wurde auch hier nicht das festgelegte Signifikanzniveau erreicht. Hier ermittelten die Forschenden eine ES von 0,55.

Wurden jedoch objektive Schlafmessungen für die Analyse verwendet, zeigte sich eine robuste nachteilige Auswirkung von kurzem Schlaf auf die Impfreaktion. Über beide Geschlechter hinweg lag die ES bei 0,79. Splitteten die Forschenden nach Studientyp, so lag die gepoolte ES für experimentelle Studien (n = 133) bei 0,86 und für prospektive Studien (insgesamt n = 171) bei 0,67. Effektstärken von 0,80 und darüber werden typischerweise als »groß« angesehen, so die Forschenden.

Bei Männern war kurzer Schlaf mit einem reduzierten Antikörpertiter mit einer insgesamt großen gepoolten ES von 0,93 verbunden. Bei Frauen erreichte dieser Zusammenhang mit einer ES von 0,42 keine Signifikanz.

Somit konnten die durch Auswertung mehrerer unabhängiger Studien zeigen, dass Menschen, die weniger als sechs Stunden pro Nacht schliefen, signifikant weniger Antikörper produzierten als Menschen, die sieben Stunden oder mehr schliefen. Das resultierende Defizit entsprach etwa einem Antikörperschwund nach zwei Monaten.

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