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Neue Studien

SARS-CoV-2 wohl Produkt natürlicher Evolution 

Erbittert wird über die Herkunft des Coronavirus SARS-CoV-2 gestritten. Ist es das Ergebnis einer natürlichen Evolution oder das Produkt eines Laborunfalls? Drei Arbeiten vom Wochenende favorisieren die erste Option.
Theo Dingermann
28.02.2022  15:00 Uhr
SARS-CoV-2 wohl Produkt natürlicher Evolution 

Wissenschaftler publizierten am Samstag drei umfangreiche Preprint-Studien, deren Ergebnisse stark darauf hindeuten, dass SARS-CoV-2 seinen Ursprung tatsächlich auf einen Fischmarkt im chinesischen Wuhan hat. In minutiöser Kleinarbeit wurden Daten aus verschiedenen Quellen zusammengetragen, die deutlich die Hypothese stützen, dass das Virus wohl in einem Säugetier entstanden ist und sich dann an Menschen adaptierte, die auf dem Fischmarkt arbeiteten oder einkauften. Hinweise auf SARS-CoV-2 als Laborartefakt fanden die Forscher dagegen nicht.

»Schaut man sich alle von den Wissenschaftlern zusammengetragenen Evidenzhinweise an, ergibt sich ein außerordentlich klares Bild, dass die Pandemie auf dem Huanan-Meeresfrüchte-Großmarkt ihren Ursprung nahm«, sagt Professor Dr. Michael Worobey, Evolutionsbiologe an der Universität von Arizona und Mitautor von zwei Studien, gegenüber der »New York Times«, die den Arbeiten einen großen Beitrag widmet.

Auch Professor Dr. Thea Fischer, eine Epidemiologin an der Universität Kopenhagen in Dänemark, sagt: »Die Daten sind sehr überzeugend«. Und sie ergänzt, dass damit die Frage, ob das Virus von Tieren übertragen wurde, jetzt mit starker Evidenz und damit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlich geklärt sei. Andere Fachleute hingegen bemängeln, dass es nicht gelungen sei, die Tierspezies eindeutig zu identifizieren, in der das Vorläufervirus von SARS-CoV-2 replizierte.

Bewegungsdaten liefern starke Hinweise

In der ersten Studie leiten Worobey und Kollegen ihre Schlüsse aus der auffälligen geografischen Häufung der ersten bekannten Covid-19-Fälle und aus dem Ursprung der positiven Oberflächenproben in der unmittelbaren Umgebung des Huanan-Markts in Wuhan ab. Die Autoren werteten für ihre Studie die Daten des Berichts der Delegation der Weltgesundheitsorganisation (WHO) aus, die über vier Wochen Untersuchungen zum Ursprung von SARS-CoV-2 in der Hauptstadt der zentralchinesischen Provinz Hubei durchgeführt hatte. Die Wissenschaftler aus Arizona konzentrierten sich dabei auf die Frage, wo sich die ersten Patienten angesteckt hatten.

Der WHO-Bericht dokumentiert 174 Covid-19-Fälle im Dezember 2019. Obwohl die geografischen Koordinaten der Wohnorte der ersten Patienten, die innerhalb der Stadtgrenzen von Wuhan lebten, nicht zur Verfügung gestellt wurden, konnten die Wissenschaftler anhand detaillierter Karten die genauen geografischen Positionen von 156 Fällen zuverlässig ermitteln. Auch für die Fälle, die nicht genau rekonstruiert werden konnten, ließen sich Hinweise erarbeiten, dass sie in der Nähe des Fischmarktes zu verorten sind, sodass es statistisch gesehen sehr unwahrscheinlich sei, dass sich das Virus von einem anderen Ort als dem Fischmarkt ausgebreitet habe, so die Forscher.

Durch die Analyse von Fotos, die auf der Social-Media-Plattform Weibo veröffentlicht wurden, konnten die Wissenschaftler zudem zeigen, dass die topografische Häufung der ersten Fälle tatsächlich an der Stelle des Marktes auftrat, wo lebende Wildtiere, darunter Marderhunde, chinesische Bambusratten und rote Füchse, verkauft wurden, die prinzipiell als Zwischenwirte des Virus infrage kommen. In diesem Teil des Marktes hatte die WHO-Delegation besonders viele virale Kontaminationen in Oberflächenproben nachweisen können.

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