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Vektorvakzine

Russland lässt ersten Corona-Impfstoff zu

Putin persönlich hat es soeben verkündet: Russland habe als erster Staat weltweit einen Impfstoff gegen Covid-19 zugelassen. Dabei sind nicht einmal die Phase-III-Studien abgeschlossen.
PZ
dpa
11.08.2020  12:28 Uhr

Agenturmeldungen zufolge hat Russlands Präsident Wladimir Putin am Dienstagvormittag höchst persönlich bekanntgegeben, dass seine Arzneimittelbehörde als erste weltweit einen Impfstoff gegen das neue Coronavirus SARS-CoV-2 zugelassen habe. »Das russische Vakzin gegen das Coronavirus ist effektiv und bildet eine beständige Immunität«, sagte er der Agentur Interfax zufolge. Das klingt nach einer Zulassung aufgrund von Phase-I/II-Ergebnissen.

Putin scheint auf seine Wissenschaftler zu vertrauen: Eine seiner beiden Töchter habe sich schon impfen lassen, sagte Putin laut Nachrichtenagentur. Entwickelt wurde der Impfstoff vom staatlichen Gamaleya-Institut für Epidemiologie und Mikrobiologie in Moskau. Dabei handelt es sich laut Liste der Weltgesundheitsorganisation (WHO) um eines der Covid-19-Impfstoffprojekte mit einem Adenovirus-basierten nicht-replikationsfähigen Vektorimpfstoff. Er trägt das Kürzel Gam-COVID-Vac Lyo. Mit diesem Prinzip arbeiten auch andere vielversprechende Kandidaten, am weitesten ist der Kandidat der Universität Oxford und AstraZeneca ChAdOx1 nCoV-19 (AZD1222). Das Wirkprinzip gilt als relativ sicher und plausibel. Natürlich muss dies jedoch für jeden einzelnen Kandidaten bewiesen werden.

Die russische Vakzine hat zwei Komponenten: Eine basiert auf einem Adenovirus Typ 26, der so verändert wurde, dass er im Körper des Geimpften das Spike-Protein von SARS-CoV-2 produziert, die zweite basiert auf einem Adenovirus Typ 5 als Vektor, der ebenfalls die Bauanleitung des Spike-Proteins im Erbgut enthält.

Bislang keine Daten veröffentlicht

Am 31. Juli befand sich der russische Impfstoff laut WHO jedoch gerade mal in Phase I der klinischen Testung. Das US-Register für klinische Studien listet zwei Phase-I/II-Studien, die erst zum 5. August abgeschlossen werden sollten. Bislang sind noch überhaupt keine Daten zum russischen Impfstoff wissenschaftlich veröffentlicht worden.

In diesen frühen Phasen wird lediglich geprüft, ob der Impfstoff eine Immunantwort auslöst, welche Dosis dafür nötig ist und ob Nebenwirkungen auftreten. Erst in Phase III mit mehreren tausend Probanden in einem Epidemie-Gebiet lässt sich prüfen, ob der Impfstoff wirklich Ansteckungen verhindern kann. Auch die WHO hatte betont: »Jeder Impfstoff muss natürlich alle Versuchsreihen und Tests durchlaufen, bevor er genehmigt und ausgeliefert wird.« Es gebe klare Richtlinien für die Entwicklung von Impfstoffen. Das scheint Putin jedoch egal zu sein. Zumindest sollen Phase-III-Studien aber wohl noch folgen.

Wie die deutsche Presseagentur meldet, erklärte Russlands Gesundheitsminister Michael Muraschko, das Gamaleya-Institut und die Firma Winnopharm sollen die Vakzine herstellen. Die Impfungen außerhalb von Studien sollen noch diesen Monat oder spätestens im September starten. Zuerst sollen Lehrer und Ärzte geimpft werden. Ein zweiter russischer Impfstoff sei bereits in der klinischen Prüfung, weitere sollen folgen.

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