Replikationsfehler machen sie gefährlich |
Christina Hohmann-Jeddi |
20.09.2018 16:22 Uhr |
Die Spanische Grippe, ein Influenza-A-Virus vom Subtyp H1N1, hat vor 100 Jahren etwa 50 Millionen Menschen weltweit getötet.
Grippevirus ist nicht gleich Grippevirus: Verschiedene Stämme sind unterschiedlich gefährlich. Warum Infektionen mit bestimmten Stämmen zu stärkeren Symptomen und einer höheren Mortalität führen als andere, ist bisher nicht ausreichend verstanden. Forschungsarbeiten zeigen aber, dass die sehr letalen Stämme wie der Erreger der Spanischen Grippe, ein H1N1-Influenza-A-Virus, und der Erreger der Vogelgrippe (H5N1) eine ausgesprochen starke Immunreaktion bewirken, einen Zytokinsturm.
Normalerweise erkennt ein Organismus eingedrungene Viren anhand ihres Erbmaterials bei der Replikation. Das Protein RIG-I bindet an virale dsRNA und aktiviert dann die Freisetzung von Interferon. Grippeviren können ihre dsRNA aber gut verstecken. Die Forscher um Dr. Aartjan te Velthuis von der University of Cambridge suchten daher nach anderen RNA-Molekülen, die das Immunsystem aktivieren können. Sie konnten zeigen, dass bei der Replikation des Virusgenoms versehentlich auch verkürzte RNA-Schnipsel entstehen, die im Schnitt etwa 55 bis 64 Nukleotide lang sind. Das Ausmaß der mvRNA-Bildung hing dabei von der Genauigkeit der RNA-Polymerase des Influenzavirus ab. In verschiedenen Untersuchungen stellten die Forscher fest, dass die Polymerasen der Erreger der Spanischen Grippe und der Vogelgrippe höhere Level an mvRNA bildeten und dass höhere Level mit einer verstärkten Ausschüttung von Zytokinen und Zelltod einherging. Das berichten sie im Fachjournal »Nature Microbiology«.
Die Forscher vermuten, dass die hohe Produktion der mvRNA-Moleküle und die dadurch ausgelöste starke Aktivierung der angeborenen Immunabwehr zum Zytokinsturm und damit zu der hohen Virulenz dieser Stämme beigetragen haben.
DOI: 10.1038/s41564-018-0240-5
Foto: Shutterstock/dreamerb