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Covid-19

Psychische Auswirkungen der Pandemie

Experten warnen vor den psychischen Auswirkungen der Corona-Pandemie. Welche mentalen Folgen könnten Erkrankte begleiten, wie sehr leidet medizinisches Personal unter der Situation und was ist mit Betroffenen, die bereits vorher psychisch erkrankt waren?
Carolin Lang
29.05.2020  17:00 Uhr

Die Corona-Pandemie kann sich auch auf die Psyche des Menschen auswirken. Menschen als soziale Wesen brauchen Kontakte. Durch Isolations- und Quarantänemaßnahmen werden diese eingeschränkt, was Folgen für die psychische Gesundheit haben kann. Hinzu kommen mitunter Angst vor der Erkrankung, Existenzängste und auch die Unsicherheit über den weiteren Verlauf der Pandemie. Sowohl bei gesunden wie auch psychisch bereits vorerkrankten Menschen können diese Faktoren zusammen zu Depressivität, Ängstlichkeit, Schlafstörungen, Stress und Wut führen. Darauf wies vor Kurzem die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) in einer Pressemitteilung hin.

»Psychische Gesundheit ist im Umgang mit der Pandemie von entscheidender Bedeutung«, so DGPPN-Präsident Professor Dr. Andreas Heinz. »Und das nicht nur zur Stärkung der Resilienz und Widerstandskräfte, sondern auch wegen der großen Belastungen, die soziale Isolation für die Allgemeinbevölkerung und insbesondere für Menschen mit psychischen Erkrankungen darstellt«. Ein verantwortungsvolles Corona-Krisenmanagement müsse neben Maßnahmen des Infektionsschutzes auch psychosoziale Strategien zum Schutz der psychischen Gesundheit umfassen, heißt es in der Mitteilung weiter. Die DGPPN fordert zudem, bestimmte psychische Aspekte wie Suizidalität, Sucht und Aggressivität als Folge sozialer Isolation verstärkt zu untersuchen. »Es ist wichtig, Angebote zu entwickeln, die frühzeitig ansetzen und helfen, Suizide, Suchtentwicklungen und häusliche Gewalt zu verhindern oder zumindest soweit wie möglich zu reduzieren“, so Heinz.

Erste Untersuchungen aus China zeigen, dass die Pandemie in der Anfangsphase vor allem Angst schürte. Eine Online-Befragung mit insgesamt 1210 Teilnehmern aus 194 chinesischen Städten ergab, dass 53,8 Prozent der Befragten den psychologischen Effekt des Ausbruchs als moderat bis schwer einstuften (https://www.mdpi.com/1660-4601/17/5/1729). 16,5 Prozent berichteten von moderaten bis schweren depressiven Symptomen; 28,8 Prozent von moderaten bis schweren Angstsymptomen, und 8,1 Prozent von einem erhöhtem Stresslevel.

Für Deutschland liegen solche Daten noch nicht vor. In Kürze soll diesbezüglich allerdings eine internationale Studie von Wissenschaftlern der Klinischen Psychologie und Psychotherapie an der Universität des Saarlandes starten. Das Team von Professor Dr. Tanja Michael will in Zusammenarbeit mit Gruppen aus den Niederlanden, Israel und Australien in einer Online-Befragung herausfinden, ob die psychische Belastung und auch die relevanten Schutzfaktoren international vergleichbar sind.

Auch das Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) startet eine Studie  zu den psychischen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Kinder und Jugendliche. Dazu befragen Wissenschaftler des UKE Eltern sowie Kinder und Jugendliche selbst. Die Ergebnisse der »COPSY«-Studie sollen in etwa sechs Wochen vorliegen. Daraus wollen die Forschenden Handlungsempfehlungen für die Prävention ableiten. Parallel wollen sie in Kooperation mit der Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz demnächst auch gezielt Hamburger Kinder und Jugendliche sowie deren Eltern befragen.

Erste internationale Studien weisen darauf hin, dass Depressionen, Angststörungen und Stress unter den Heranwachsenden in der Krise zunehmen, heißt es in einer Pressemitteilung des UKE. »Die Studie soll zeigen, ob dies auch in Deutschland der Fall ist. Außerdem wollen wir Faktoren finden, die die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in dieser Krisensituation positiv beeinflussen«, sagte Professor Dr. Ulrike Ravens-Sieberer als Leiterin der Studie.

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