Proteste, Demos und Streiks in vier Bundesländern |
Apotheken in den Bundesländern Brandenburg, Saarland, Schleswig-Holstein und Hamburg protestierten am heutigen Mittwoch gegen die Sparpläne der Bundesregierung. / Foto: PZ/Rohrer
Mit der Beschlussempfehlung des Gesundheitsausschusses steht nun mehr oder weniger fest, dass sich an den Sparplänen der Bundesregierung nichts mehr ändern wird. Die Apotheken werden nach dem Beschluss des Bundestagesplenums am morgigen Donnerstag höchstwahrscheinlich einen auf 2 Euro erhöhten Kassenabschlag aufgebrummt bekommen. Wobei: Es geht um mehr als nur um die drohende Abschlagserhöhung, wie die Vorsitzende des Apothekervereins Saarland (SAV), Susanne Koch, heute kurz vor Beginn des Streiks sagte. Bei einer Pressekonferenz in Saarbrücken betonte sie: »Es stehen den Apotheken noch mehr Restriktionen ins Haus, gegen die wir mit unserer Aktion ein deutliches Signal nach Berlin senden wollen.« Gerade im Saarland, das stark vom Verlust sozialer Infrastruktur betroffen sei, seien Einschnitte wie die geplanten Einsparungen bei den Apotheken nicht hinnehmbar. Letztlich gefährdeten sie die zuverlässige Versorgung der Menschen.
Die Pläne aus dem Haus von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) kommen in einer Zeit, in der ohnehin viele unter explodierenden Preisen leiden. Für die Apotheken komme neben Belastungen durch gestiegene Ausgaben hinzu, dass das Fixhonorar seit bald zehn Jahren nicht gestiegen sei. Unter diesen Bedingungen dürfe nicht noch stärker gekürzt werden. »Die Politik hat einen völlig falschen Weg eingeschlagen. Wir schicken ein Signal nach Berlin, dass auch über das Gesetz hinaus ein Politikwechsel im Gesundheitswesen nötig ist«, so Koch. Etwa 90 Prozent der Apotheken im Saarland nähmen an der Aktion teil, ergänzt Carsten Wohlfeil, Geschäftsführer des SAV sowie der Apothekerkammer des Saarlandes.
Die Kundinnen und Kunden, die heute wegen des Streiks ihre Besorgungen in der Apotheke nicht erledigen konnten, haben die Beweggründe verstanden – darauf zumindest weisen die Reaktionen hin. Etwa in der Süd-Apotheke im Saarbrückener Stadtteil Dudweiler, die SAV-Chefin Koch leitet. Als hier um Punkt 12 Uhr die Türen schlossen, stand der eine oder andere durchaus erstaunt und ratlos auf der Treppe, die zum Eingang führt. Aber nach Erklärungen durch Koch und ihr Apothekenteam, das vor der Offizin Handzettel in Weiß und Signalrot verteilte, konnten die allermeisten die Beweggründe nachvollziehen. »Dann löse ich mein Rezept eben morgen ein«, sagt ein Mann. »Wenn man sich nicht anders Gehör verschaffen kann, ist Streiken ein schönes und zivilisiertes Mittel«, sagt eine Kundin vor der geschlossenen Viktoria-Apotheke in der Saarbrücker Innenstadt. Sie klingt verschnupft, wollte sich in der Apotheke eigentlich ein Erkältungsmittel holen. Das kommt jetzt aus der Notdienst-Ausgabe direkt neben dem Eingang, wo sich das Apothekenteam an einem weißen Tisch mit Handzetteln versammelt hat.
Susanne Koch, Verbandschefin im Saarland (hier links) und Kammer-Geschäftsführer Carsten Wohlfeil informieren Patienten über die Situation in den Apotheken. / Foto: PZ/Dölger