Pro Generika fordert Nachbesserungen beim Lieferengpass-Gesetz |
Thomas Weigold, Geschäftsführer Sandoz Deutschland und Vorstand bei Pro Generika, fordert unter anderem eine staatliche Förderung für wettbewerbsfähige Produktionsstandorte in Europa und eine Abkehr vom »alleinigen Fokus« auf den Arzneipreis. / Foto: Sandoz
Am heutigen Mittwochabend wird das Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) erstmals im Bundestag beraten. Aus Sicht des Branchenverbands Pro Generika sind die bisherigen Pläne der Bundesregierung gegen Lieferengpässe aber unzureichend.
»Kein Unternehmen wird auf Basis des ALBVVG seine Lieferketten stabilisieren und Produktionskapazitäten ausbauen können. Während die österreichische Regierung längst reagiert und die letzte Penicillin-Produktion in der westlichen Welt gerettet hat, ist Deutschland untätig geblieben«, sagte Thomas Weigold, Geschäftsführer Sandoz Deutschland und Vorstand bei Pro Generika. »Wir verlieren kostbare Zeit. Jetzt liegt die Verantwortung bei den Abgeordneten des Bundestags dafür Sorge zu tragen, dass das ALBVVG nachgebessert wird und vor allem auch wirkt.«
Der Verband hat die Unternehmensberatung »MundiCare« beauftragt, mehrere Maßnahmen gegen Arznei-Knappheit zu untersuchen. Demnach treibt der Bezug von Wirkstoffen aus mindestens zwei Quellen oder der Wirkstoff-Bezug aus mindestens einer europäischen Quelle die Arznei-Herstellungskosten um mehr als ein Zehntel bis rund ein Fünftel nach oben. Der Aufbau eines Wirkstoffwerks in Europa sei zwar effektiv, aber mit 150 bis 250 Millionen Euro Kosten teurer und habe eine jahrelange Vorlaufzeit. Größere Lagerbestände für fertige Arzneien wiederum trieben die Herstellungskosten um 4 Prozent nach oben, jedoch könnten Arzneien ablaufen. Alle Maßnahmen könnten Lieferketten robuster machen, sagte Andreas Meiser, Partner bei MundiCare. »Aber ihre Umsetzung ist angesichts der aktuellen Rahmenbedingungen unrealistisch und es dauert lange, bis sie wirken.«
Von der Politik forderte Pro Generika daher unter anderem eine staatliche Förderung für wettbewerbsfähige Produktionsstandorte in Europa und eine Abkehr vom »alleinigen Fokus« auf den Arzneipreis. Denn schon jetzt sei die Produktion oft kaum kostendeckend. Das ALBVVG sichere bestehende Hersteller im Markt, genüge aber nicht, um die Produktion von Asien nach Deutschland zurückzuholen, erklärte Weigold.
Vor allem die derzeitige Antibiotika-Knappheit zeige deutlich: Lieferketten müssen stabiler werden, heißt es seitens des Verbands. Stabilisierende Maßnahmen würden Unternehmen zwischen 150.000 Euro und 250 Millionen Euro mehr kosten, die Herstellkosten würden um bis zu 23 Prozent steigen. Für Investitionen dieser Größenordnung schaffe das ALBVVG keine Anreize.
Auch der Bundesrat hatte die Bundesregierung kürzlich aufgefordert, das ALBVVG zu überarbeiten. Doch das Bundesgesundheitsministerium (BMG) schmetterte vergangene Woche in einer Gegenäußerung den Großteil dieser Forderungen ab. Einzig bei den Themen Präqualifizierung und Nullretaxationen will die Bundesregierung die vom Bundesrat gewünschte Entbürokratisierung für Apotheken zumindest prüfen.