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Engpass-Gesetz

Für die Generikabranche zahlt sich das ALBVVG nicht aus

Beim Dauerproblem Lieferengpässe soll ein neues Gesetz Abhilfe schaffen. Allerdings hat es vornehmlich Antibiotika im Blick. Hat das Vorhaben der Koalition sein Ziel also verfehlt? Unter anderem über dieses Thema diskutierten Politik und Industrie beim Frühlingsfest des Branchenverbands Pro Generika am gestrigen Mittwochabend in Berlin.
Jennifer Evans
20.04.2023  13:05 Uhr
Für die Generikabranche zahlt sich das ALBVVG nicht aus

Als das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) erstmals über seine Pläne für ein Lieferengpass-Gesetz sprach, war die Hoffnung groß. Hersteller, Apotheken und Großhandel hatten sich ausgemalt, es würde die Engpass-Probleme in der Versorgung in den Griff bekommen – zumindest ein wenig. Als der erste Entwurf des sogenannten Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsgesetz (ALBVVG) dann vorlag, war die Enttäuschung groß und es hagelte Kritik. Die Erwartungen daran waren wohl einfach zu hoch gewesen.

Das Gesetz sei nur darauf ausgelegt, Risiken zu minimieren – nicht aber Kosten zu dämpfen. Das stellte die Gesundheitspolitikerin Paula Piechotta (Bündnis 90/Die Grünen) am gestrigen Mittwochabend beim Frühlingstalk von Pro Generika in Berlin klar. Es sei nie das Ziel gewesen, dem Generikamarkt den Preisdruck zu nehmen. Während der Podiumsdiskussion verwendete sie stattdessen immer wieder den Begriff »De-Risking« als Kernpunkt des geplanten Regelwerks. Dazu gehört ihrer Auffassung nach, Anreize für die Diversifizierung von Lieferketten zu schaffen, das Gesetz auf finanziell solide Beine zu stellen sowie parallel im Blick zu behalten, was die EU plant. Damit spielte sie auf das EU-Pharmapaket an, das in der kommenden Woche auf der Agenda der EU-Kommission steht und umfassende Reformen im Arzneimittelmarkt vorsieht, unter anderem mit Blick auf die Antibiotika-Entwicklung.

Keine »normale Marktsituation«

Grundsätzlich ist die Grünen-Politikerin der Ansicht, die Konditionen in Deutschland seien mit Blick auf die globale Engpass-Problematik nicht ausschlaggebend, sprich: die deutsche Preispolitik habe kaum etwas mit den Lieferengpässen hierzulande zu tun. Da war der Gesundheitspolitiker Georg Kippels (CDU/CSU) anderer Meinung: »Die Restriktionen lassen Firmen aussteigen«, betonte er. Er machte unter anderem die gestiegenen Kosten dafür verantwortlich, die nun eine Mischkalkulation erschwerten. Ginge es nach ihm, würde er den Unternehmen unter die Arme greifen. Das lehnte hingegen Piechotta strikt ab. Ihr Argument: »Es ist nicht Aufgabe der Politik, Unternehmen unter die Arme zu greifen. Unternehmerische Freiheit bringt unternehmerisches Risiko mit sich.« Kippels widersprach erneut, weil er den Arzneimittelbereich für keine »normale Marktsituation« hält.

Auch erwähnte Piechotta, im Zuge der ALBVVG-Gesetzgebung diskutieren zu wollen, inwiefern Apotheker und Ärzte verpflichtet werden könnten, die Nachfrage in Zukunft mitzusteuern. Genaueres führte sie zu diesem Aspekt allerdings nicht mehr aus.

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