Plädoyer für raschen Start der Booster-Kampagne |
Annette Rößler |
07.09.2022 12:58 Uhr |
Senioren und Immungeschwächte sollten die angepassten Booster-Impfstoffe als erste erhalten. / Foto: Getty Images/Arman Zhenikeyev
Seit voriger Woche sind zwei angepasste bivalente mRNA-Impfstoffe in der EU zugelassen: »Comirnaty® Original/Omicron BA.1« von Biontech/Pfizer und »Spikevax® bivalent Original/Omicron BA.1« von Moderna. Sie dürfen bei Personen ab zwölf Jahren zur Auffrischung der Covid-19-Impfung eingesetzt werden. Allerdings spielt die Omikron-Subvariante BA.1, an die die Vakzinen teilweise angepasst sind, momentan keine Rolle mehr, weil sie von den Subvarianten BA.4 und BA.5 verdrängt wurde. Mit einer Zulassung von an diese Varianten angepassten Impfstoffen, die in den USA bereits erfolgt ist, wird in der EU aber erst im Laufe des Septembers gerechnet.
Dennoch sollte mit dem Boostern insbesondere der vulnerablen Bevölkerungsgruppen jetzt nicht mehr gewartet werden, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung von EMA und ECDC. Die zügige Impfung sei wichtiger als die Frage, welcher Impfstoff dafür verwendet wird. Auch die nach wie vor verfügbaren monovalenten Original-Impfstoffe böten weiterhin Schutz vor schwerer Erkrankung und sollten in Erwägung gezogen werden, wenn angepasste Impfstoffe nicht verfügbar seien.
Bevorzugt sollen laut EMA und ECDC aber die beiden angepassten bivalenten Vakzinen verimpft werden. Die beiden Behörden verweisen auf Studienergebnisse, wonach nach einer Impfung mit einem dieser Impfstoffe mehr neutralisierende Antikörper auch gegen andere Omikron-Subvarianten wie BA.2, BA.2.275 und BA.5 gebildet würden als nach einer Impfung mit einer nicht angepassten Vakzine. Inwieweit diese Unterschiede in der Immunantwort auch in einem verbesserten Schutz resultierten, sei allerdings momentan noch nicht bekannt.
Obwohl die Zulassung eine Booster-Impfung von Personen ab zwölf Jahren erlaubt, sollten laut EMA und ECDC jetzt zunächst vor allem die Risikogruppen mit den neuen Impfstoffen versorgt werden, nämlich Ältere ab 60 Jahren, Immungeschwächte und Schwangere, sowie medizinisches beziehungsweise pflegerisches Personal, das diese Menschen betreut. Laut Zulassung kann der angepasste Booster frühestens drei Monate nach der letzten Covid-19-Impfung gegeben werden, und zwar unabhängig vom dabei eingesetzten Impfstoff. Ein längerer Abstand sei aber möglich, so EMA und ECDC, und höchste Priorität solle jetzt die Booster-Impfung von Risikopersonen haben, deren letzte Impfung mehr als sechs Monate zurückliege. Bei Personen, die sich trotz Impfung mit SARS-CoV-2 infiziert haben, solle nach der Infektion mit dem Boostern mindestens drei, besser vier Monate gewartet werden.
Perspektivisch sei es »sehr wünschenswert«, Booster-Impfungen gegen Covid-19 kurz vor den Start der erhöhten Viruszirkulation in der kalten Jahreszeit zu legen, also in den Herbst. Um diese Jahreszeit ist bekanntlich auch die jährliche Grippeimpfung fällig, für die dann gemeinsam mit der Covid-19-Impfung geworben werden könne. Auch wenn momentan noch nicht abzusehen sei, wie sich das Coronavirus in der nahen Zukunft verändern werde, halten EMA und ECDC künftig eine jährliche Auffrischimpfung gegen SARS-CoV-2 für ein realistisches Szenario.
Das Statement der beiden EU-Behörden hat für die Mitgliedstaaten lediglich beratenden Charakter. In Deutschland legt die Ständige Impfkommission (STIKO) die offiziellen Impfempfehlungen fest. Sie hat sich bezüglich der neuen Booster-Vakzinen noch nicht geäußert, wird dies dem Vernehmen nach aber bis Ende dieser Woche tun.