Oraler Proteasehemmer gegen Corona geht in klinische Prüfung |
Daniela Hüttemann |
03.04.2021 18:00 Uhr |
Gefahndet wird nach passgenauen Wirkstoffen gegen die Proteine des SARS-CoV-2-Virus wie hier eine Protease (Symbolbild). / Foto: Getty Images/Science Photo Library/Juan Gärtner
Bislang hat die Substanz noch keinen Namen, sondern nur ein Kürzel: PF-07321332. Dabei handelt es sich um eine niedermolekulare, oral verfügbare Substanz, deren Struktur Pfizer in Kürze bei einer Fachtagung der American Chemical Society vorstellen will. Laut Pfizer besitzt das Molekül in vitro eine hohe antivirale Aktivität gegen SARS-CoV-2-Viren. Dabei hemmt die Substanz die Vermehrung des Coronavirus, indem es eine wichtige virale Protease mit dem Kürzel 3CL blockiert.
Ende März hatte das Unternehmen verkündet, mit dem oral verfügbaren Wirkstoffkandidaten nun die Testung am Menschen in einer Phase-I-Studie zu beginnen. Pfizer hat bereits mit PF-07304814 einen weiteren Protease-Hemmer gegen SARS-CoV-2 in der klinischen Entwicklung, dieser muss jedoch intravenös verabreicht werden. Diese Applikationsroute kommt eigentlich nur für bereits stationär aufgenommene Covid-19-Patienten infrage, die im Krankenhaus behandelt werden, erläuterte am Donnerstag Professor Dr. Ralf Bartenschlager, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Virologie, bei einer Online-Pressekonferenz des Science Media Centers zum Thema neue Covid-19-Medikamente. Ein antivirales Corona-Medikament in Kapsel- oder Tablettenform oder auch zur Inhalation wäre ideal für die frühe Behandlung von Corona-Infizierten, da vor allem in der Frühphase der Infektionen und noch vor den ersten Symptomen die Viruslast besonders hoch sei. Studien mit anderen antiviralen Mitteln wie Remdesivir hatten gezeigt, dass ein zu später Einsatz bei schwer kranken Covid-19-Patienten nichts mehr ausrichten kann. Neben dem aus der Grippe-Forschung bekannten Molnupiravir hält Bartenschlager Pfizers oral verfügbaren Protease-Inhibitor für einen der vielversprechendsten therapeutischen Ansätze bei Corona-Infektionen.
In der neuen Phase-I-Studie soll nun PF-07321332 in den USA in verschiedenen Dosierungen als Einzel- oder Mehrfachdosen an gesunden Erwachsenen auf Sicherheit und Verträglichkeit getestet werden. Bei Erfolg würde sich eine Phase-II-Studie mit Corona-Infizierten anschließen. Pfizer hofft in Anlehnung an andere bereits etablierte und sichere Proteasehemmer gegen andere Viren wie Hepatitis C auf eine gute Verträglichkeit.
Dem Unternehmen zufolge wirkt sein Kandidat in vitro auch gegen andere Coronaviren, was auf ein Breitbandvirostatikum auch gegen neue Virustypen aus der Corona-Familie hoffen lässt. »Angesichts der Art und Weise, wie SARS-CoV-2 mutiert, und der anhaltenden globalen Auswirkungen von Covid-19 ist es wahrscheinlich, dass der Zugang zu therapeutischen Optionen sowohl jetzt als auch nach der Pandemie von entscheidender Bedeutung ist«, sagt Dr. Mikael Dolsten, Pfizers Chef von Forschung und Entwicklung.
»Wir haben PF-07321332 als potenzielle orale Therapie entwickelt, die bei ersten Anzeichen einer Infektion verschrieben werden kann, ohne dass Patienten ins Krankenhaus eingeliefert oder sich auf einer Intensivstation befinden müssen.« Gleichzeitig sei der intravenöse antivirale Kandidat des Unternehmens eine potenzielle neue Behandlungsoption für Krankenhauspatienten. Denn trotz weltweiter Impfbemühungen sei weiterhin mit Covid-19-Erkrankungen zu rechnen.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.