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Durchfall

Oft ein Fall für die Selbstmedikation

Akute Durchfallerkrankungen gehören zu den häufigsten Infektionskrankheiten. Die meisten lassen sich – sofern keine weiteren Risikofaktoren vorliegen – im Rahmen der Selbstmedikation behandeln, doch es gibt auch Grenzen.
Maria Pues
27.07.2020  08:00 Uhr

Von Stress («Examensdurchfall«) über bakterielle oder virale Infektionen und Unverträglichkeiten bis hin zu chronischen Erkrankungen oder Nebenwirkung einer Pharmakotherapie – Durchfall ist ein Symptom mit vielen verschiedenen möglichen Ursachen. Definiert ist er als häufiger (mindestens dreimal täglich) und reichlich (mindestens 250 g) ungeformtem Stuhlgang mit einem hohen Wassergehalt von mindestens 75 Prozent. Nur akuter Durchfall darf im Rahmen der Selbstmedikation behandelt werden. Durchfall bei bestimmten Patientengruppen – etwa Säuglinge, Senioren oder bei Grunderkrankungen wie Diabetes oder Krebs –, aber auch nach Auslandsreisen oder mit Fieber über 39 °C gehört stets in ärztliche Behandlung.

Da der Körper bei Durchfallerkrankungen viel Flüssigkeit und Mineralsalze verliert, steht deren Ersatz bei der Behandlung an erster Stelle. Hierfür eignen sich standardisierte orale Rehydratationslösungen (wie Oralpädon®, Elotrans® oder Saltadol®), in denen Salze und Glucose in einem definierten Verhältnis vorliegen. Natrium wird in dieser Kombination über den SGLT-1-Transporter effektiver aus dem Darmlumen aufgenommen, Wasser folgt dem Natriumstrom passiv nach. Säuglinge und Kleinkinder sollten nach jedem Stuhlgang einen Beutel, Erwachsene ein bis zwei Beutel, jeweils aufgelöst in 200 ml Wasser, trinken. Täglich können drei bis fünf Beutel angewendet werden.

Bei unkomplizierten Durchfallerkrankungen können außerdem motilitätshemmende Antidiarrhoika (zum Beispiel Loperamid) zum Einsatz kommen. Es bindet an μ-Opiatrezeptoren in der Darmwand. Dadurch blockiert es die Freisetzung von Acetylcholin und Prostaglandinen, was die propulsive Peristaltik hemmt und die intestinale Transitzeit verlängert. Außerdem erhöhte es den Tonus des Analsphinkters, was eine Inkontinenz-Symptomatik reduziert und den Stuhldrang herabsetzt. Für die Selbstmedikation ist Loperamid für Erwachsene und Jugendliche ab zwölf Jahren zugelassen. Zu Beginn nehmen Erwachsene zwei (Jugendliche eine) Tabletten, nach jedem weiteren flüssigen Stuhlgang eine weitere. Täglich können Erwachsene maximal sechs Tabletten (Jugendliche vier Tabletten) einnehmen (maximal zwei Tag lang).

Für Erwachsene steht außerdem Racecadotril zur Verfügung. Dabei handelt es sich um ein Prodrug, das zu Thiorphan metabolisiert wird. Dieses hemmt die Enkephalinase und vermindert so die Hypersekretion von Wasser und Elektrolyten im Darm. Auf die Transitzeit hat es keinen Einfluss. Auch hier nimmt der Patient zu Beginn zwei Kapseln. Danach nimmt er vor jeder Hauptmahlzeit eine Kapsel ein (maximal vier am Tag, maximal drei Tage lang).

Eine generelle Empfehlung zum Einsatz von Probiotika geben weder die DEGA-Leitlinie noch die AWMF-S2k-Leitlinie »Gastrointestinale Infektionen«. Zwar gebe es etliche Studien zu den verschiedenen eingesetzten Mikroorganismen – auch mit positivem Ergebnis – doch ließen sich diese aufgrund deren Heterogenität kaum vergleichen, so die Studienautoren.

Da zu den häufigen Durchfall-Ursachen Infektionen mit Rota- oder Noro-Viren gehören, sollten Patienten nicht zuletzt auf wichtige Hygiene-Maßnahmen hingewiesen werden, um einer weiteren Übertragung entgegenzuwirken. Bei Virusinfektionen eignen sich Desinfektionsmittel mit Wirkbereich »begrenzt viruzid PLUS« oder »viruzid«.

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