Notfälle in der Apotheke |
Ein Mann eilt in die Apotheke, er ist gerade von einer Wespe gestochen worden. Er hat eine Wespengiftallergie und sein Notfallset daheim vergessen.
Durch einen Insektenstich gelangen Fremdeiweiße in den Körper, der darauf mit einer Abwehrreaktion reagiert. Das sind meist lokale Quaddeln, entzündliche Rötungen und Juckreiz. Ein Teil der Menschen reagiert mit sehr starken Schwellungen und einer nicht infektiösen Lymphangitis oder es kommt bei zunächst harmlosen Stichen nach ein paar Tagen zu einer bakteriellen Superinfektion mit Überwärmung und Rötung: Die Gefahr einer Sepsis ist erhöht. Diese Patienten müssen notfallmedizinisch versorgt werden; gegebenenfalls ist oral ein Corticoid oder ein Antibiotikum indiziert.
Symptome | Erste-Hilfe-Maßnahmen |
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lokale Quaddeln, Schwellung, entzündliche Rötungen begleitet von Juckreiz | topische Antihistaminika (Dimetinden, Bamipin), Corticoid-haltige Topika, Kühlung |
starke Schwellung, nicht infektiöse Lymphangitis oder bakterielle Superinfektion mit Überwärmung und Rötung | Antibiotikum, Corticoid, Arzt |
Bienen- oder Wespengiftallergie: anaphylaktischer Schock, Alarmsymptome: Juckreiz, Erythem, Flush, Atemnot, gastrointestinale Probleme, Blutdruckabfall, erhöhter Puls, Schwindel bis zur Bewusstlosigkeit | Notfallset mit H1-Antihistaminikum, Corticoid, Adrenalin |
Stich in den Mund-Rachen-Raum mit Schwellung | Kühlung mit Eiswürfeln, kalte Halswickel, Notfallset mit H1-Antihistaminikum, Corticoid, Adrenalin |
Unauffällige Insektenstiche werden gekühlt oder mit einem Hitzestick behandelt (Tabelle 3). Topische Antihistaminika, zum Beispiel Dimetinden und Bamipin, wirken antiallergisch und juckreizstillend durch Blockade der Histamin-Wirkung. Corticoid-haltige Topika wirken antientzündlich.
Ein Insektengift-Allergiker sollte immer ein Notfallset (Kasten) mit sich führen, um einen anaphylaktischen Schock zu vermeiden. Dies ist eine lebensgefährliche IgE-vermittelte Allergie vom Soforttyp. Alarmsymptome sind Juckreiz, Erythem oder Flush. Es kann zu Atemnot, gastrointestinalen Problemen (Übelkeit, Durchfall), Blutdruckabfall, erhöhtem Puls und Schwindel bis zur Bewusstlosigkeit kommen. Steckt der Stachel noch in der Haut, rät das Deutsche Rote Kreuz, diesen mit dem Fingernagel wegzukratzen oder die Pinzette zu verwenden und die Stichstelle anschließend zu desinfizieren. Ein Herausziehen mit den Fingern birgt die Gefahr, dass restliches Gift in die Haut gedrückt wird.
Für Menschen mit Insektengiftallergie kann das Mitführen eines Notfallsets lebensrettend sein. Nahe Begleitpersonen, Lehrer oder Erzieher sollten die Handhabung ebenfalls üben, um Hemmungen abzubauen. In der Apotheke ist es ratsam, Demoversionen aller Adrenalin-Autoinjektoren vorrätig zu haben, um den Patienten ausführlich beraten zu können. Daneben gibt es online Schulungsvideos. Das Notfallset beinhaltet:
Für Fastjekt®, Jext® und Emerade® gilt: Der Pen ist startklar nach Abziehen der Schutzkappe und wird 5 bis 10 Sekunden lang kräftig im 90-Grad-Winkel gegen die Außenseite des Oberschenkels gedrückt. Die Injektion wird automatisch ausgelöst und ist auch durch Kleidung erfolgreich. Die Injektionsnadel zieht sich nach der Applikation wieder zurück ins Gehäuse. Es empfiehlt sich, die Injektionsstelle anschließend etwa 10 Sekunden zu massieren.
Anapen®: Nach Abziehen der Schutzkappe muss der rote Auslöseknopf zeitgleich mit dem Andrücken an den Oberschenkel betätigt werden. Beim erfolgreichen Auslösen ist ein Klickgeräusch zu hören. Da sich die Nadel nicht automatisch zurückzieht, muss die Schutzkappe wieder aufgesetzt werden.
Derzeit gilt die Empfehlung für Allergiker, zwei Adrenalin-Pens mit sich zu führen, falls der erste Auslöseprobleme hat.
Ist der Patient bei Bewusstsein, sollten seine Beine hochgelagert werden (Schocklage). Bei Atemnot und stabilem Kreislauf ist Hinsetzen ideal, bei Bewusstlosigkeit und funktionierender Atmung die stabile Seitenlage. Fehlt die Atmung, sind Reanimationsmaßnahmen einzuleiten. Der Notarzt muss gerufen werden.
Aus dem Notfallset sollte der Patient sofort das H1-Antihistaminikum und das Corticoid einnehmen. Bei Atemnot, Herz-Kreislauf-Beschwerden oder Schwellungen im Mund-Nasen-Bereich ist der Adrenalin-Injektor anzuwenden. Adrenalin aktiviert α- und β-Adrenorezeptoren; dies bewirkt eine Vasokonstriktion und Bronchodilatation, verringert die Gefäßpermeabilität und stabilisiert damit die Kreislauffunktion.
Bei einem Stich in Mund oder Rachen oder wenn die Schwellung die Atemwege zu verlegen droht, ist der Notarzt zu verständigen. Bis zu seinem Eintreffen gibt man dem Betroffenen Kühles zum Lutschen und legt kalte Halswickel an. Die vierfache Tagesdosis eines oralen H1-Antihistaminikums ist indiziert. Sollten Atem- und Herz-Kreislauf-Probleme akut werden, sind Corticoid und Adrenalin-Pen aus dem Notfallset anzuwenden. In der Apotheke sollte man sehr genau abwägen, ob man selbst ein Arzneimittel verabreicht oder bis zum Eintreffen des Notarztes warten kann (Kasten).