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Faktor-XI-Inhibitoren

Neues zur Antikoagulation

Die direkten oralen Antikoagulanzien brachten einen großen Fortschritt in der Antikoagulation. Aber es gibt immer noch Probleme und Lücken. Daher sucht man nach neuen Prinzipien der Gerinnungshemmung. Am weitesten fortgeschritten ist die Entwicklung von Faktor-XI- und Faktor-XIa-Inhibitoren.
Susanne Alban
04.12.2022  00:00 Uhr

Herausforderung für die AMTS

Die medikamentöse Antikoagulation ist prinzipiell eine Gratwanderung zwischen Thromboembolie und Blutung und erfordert große Sorgfalt. Dies beginnt mit der Wahl des individuell am besten geeigneten Antikoagulanz und seiner korrekten Dosierung, die durch die Vielfalt der Regeldosis- und Dosisreduktionsregime der DOAK zu einer Herausforderung geworden ist (2). Hinzu kommt, dass die Hälfte der VTE-Patienten 70 Jahre und älter sowie 61 Prozent der VHF-Patienten sogar über 75 Jahre alt sind. Die Mehrzahl der antikoagulierten Patienten hat demnach eine eingeschränkte Nierenfunktion, Multimorbidität, Polymedikation und häufiger Indikationen für eine operative Intervention. Dies erhöht das Risiko für Nebenwirkungen (UAW), Medikationsfehler und Non-Adhärenz.

Blutungen unter gerinnungshemmenden Medikamenten stehen auf Platz 1 der UAW, die zu Krankenhausaufnahmen führen (9, 10). Häufig sind Medikationsfehler und Interaktionen die Ursache (11). Letztere sind überwiegend pharmakodynamischer und nicht pharmakokinetischer Art, das heißt, dass sie nicht anhand eines Monitorings, nämlich der INR bei den VKA, erkennbar sind und alle Antikoagulanzien gleichermaßen betreffen.

Erheblicher Optimierungsbedarf

Mit den DOAK, »Heparinen« und VKA steht ein Portfolio an Antikoagulanzien zur Verfügung, die sich mit ihren Vor- und Nachteilen sinnvoll ergänzen (Tabelle 1). Alle erhöhen jedoch das Blutungsrisiko. Das gilt auch für die DOAK, obwohl sie im Vergleich zu den VKA in der Prophylaxe bei VHF-Patienten die Zahl hämorrhagischer Schlaganfälle und intrakranieller Blutungen (12, 13) halbierten und in der VTE-Therapie das Risiko schwerer Blutungen signifikant reduzierten (14, 15).

Antikoagulanzien ohne erhöhtes Blutungsrisiko wären vor allem für Patienten wünschenswert, die ohnhin eine erhöhte Blutungsneigung haben. Hierzu zählen nicht nur Patienten mit Blutungen in der Anamnese und gastrointestinalen Ulcera, sondern auch Menschen mit chronischer Nierenerkrankung (CKD), Tumorpatienten, fragile und ältere Menschen, die alle auch zusätzlich ein erhöhtes Thromboembolie-Risiko haben. Zu denken ist auch an Patienten mit einer Komedikation, die das Blutungsrisiko erhöht.

Die Angst vor Blutungen führt häufig dazu, dass die Antikoagulation unterdosiert oder vermieden wird. So erhalten in Deutschland mehr als ein Viertel der Patienten fälschlicherweise eine zu niedrige DOAK-Dosis mit der Konsequenz einer um 24 Prozent erhöhten Mortalität (16).

Die Frage der adäquaten Antikoagulation bei CKD ist relevant, da 65 Prozent der Patienten mit Vorhofflimmern ein CKD-Stadium 3 bis 5 aufweisen (17, 18). Metaanalysen zufolge sind die DOAK bei mittelschweren Funktionseinschränkungen (CKD 3) in der jeweils indizierten Dosierung (2) wirksamer und sicherer als die VKA (19, 20). Zudem rechtfertigen aktuelle Daten, dass die DXI (im Gegensatz zu Dabigatran) laut Zulassung mit Vorsicht auch bei schwerer Nierenerkrankung (CKD 4) eingesetzt werden können (21). Da Letztere jedoch in den Zulassungsstudien ein Ausschlusskriterium war, empfiehlt die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft trotzdem den Einsatz von VKA (22, 23). Jedoch gibt es mittlerweile gute Evidenz, dass die VKA im Gegensatz zu den DOAK zu einer CKD-Progression führen (24–30).

Problematisch ist die Situation bei Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz und Hämodialysepflicht, da sie sowohl ein besonders hohes Risiko für Blutungen als auch für Herzinfarkt, Schlaganfall und VTE haben. Eine aktuelle Metaanalyse der allerdings dürftigen Datenlage bestätigt noch einmal, dass VKA das hohe TE- und Mortalitätsrisiko von VHF-Patienten nicht reduzieren, aber siginifkant häufiger zu hämorrhagischen Schlaganfällen führen (31). Ob Apixaban und Rivaroxaban geeignet sind, ist noch nicht ausreichend belegt (20, 32).

Die Situation bei Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz zeigt exemplarisch, dass nicht nur sicherere, sondern auch wirksamere Antikoagulanzien sowie Wirkstoffe mit einem besseren Nutzen-Risiko-Verhältnis gebraucht werden. Die DOAK können diesen Bedarf offensichtlich nicht in allen Fällen decken, denn bei Patienten mit künstlichen Herzklappen oder mit Antiphospholipid-Syndrom haben sie sich als weniger wirksam als VKA erwiesen (2).

Zufriedenstellende antithrombotische Konzepte fehlen auch für weitere klinische Situationen, etwa die Sekundärprävention nach Schlaganfall (insbesondere kardioembolischer oder unklarer Ursache) oder die Thromboseprophylaxe nach Transkatheter-Aortenklappen-Implantation (TAVI). Außerdem wäre es wünschenswert, die Thrombusbildung durch Blutkontakt mit Fremdoberflächen von Implantaten, zum Beispiel künstlichen Herzklappen oder Koronarstents, zentralvenösen Kathetern und Systemen für extrakorporale Zirkulation, effizient verhindern zu können.

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