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Neues zu Arzneimitteln in der Schwangerschaft

Arzneimittel in der Schwangerschaft können gefährlich, aber bei bestimmten Erkrankungen auch lebenswichtig für Mutter und Kind sein. Professor Dr. Holger Stepan vom Universitätsklinikum Leipzig referierte beim Pharmacon in Schladming zu den aktuellsten Erkenntnisse über Acetylsalicylsäure zur Präeklampsie-Prophylaxe, zu Misoprostol zur Geburtseinleitung sowie zur Covid-19-Impfung in der Schwangerschaft. 
Laura Rudolph
17.01.2023  11:00 Uhr
Neues zu Arzneimitteln in der Schwangerschaft

Die Einnahme von Arzneimitteln während der Schwangerschaft sollte stets unter sorgfältiger Risiko-Nutzen-Abwägung erfolgen, stellte Professor Dr. Holger Stepan vom Universitätsklinikum Leipzig klar. Einige Erkrankungen oder Risikofaktoren machen eine Medikamenteneinnahme jedoch meist unumgänglich. 

Zu einer solchen therapiebedürftigen Komplikation zählt die Präeklampsie, auch Schwangerschaftsvergiftung oder ehemals EPH-Gestose genannt. Sie geht mit erhöhtem Blutdruck und meist einer Proteinurie der Schwangeren einher. Eine Präeklampsie kann etwa zu einer Frühgeburt und/oder zu lebensbedrohlichen Organschäden der Mutter führen.  Lange war umstritten, ob sich niedrigdosierte Acetylsalicylsäure (ASS) zur Primär- beziehungsweise Sekundärprophylaxe einer Präeklampsie eignet.

ASS zur Präeklampsie-Prophylaxe

»Eine Studie aus England hat diese Frage eindeutig pro ASS beantwortet«, berichtet Stepan mit Blick auf die ASPRE-Studie (»Aspirin versus Placebo in Pregnancies at High Risk for Preterm Preeclampsia«), 2017 veröffentlicht im »New England Journal of Medicine« (DOI: 10.1056/NEJMoa1704559).

An der doppelblinden, placebokontrollierten Studie nahmen 1620 Schwangere mit erhöhtem Präeklampsie-Risiko teil. Sie erhielten mit Beginn zwischen der 11. und 14. Schwangerschaftswoche bis zur 36. Schwangerschaftswoche täglich 150 mg ASS. Eine Kontrollgruppe erhielt Placebo. Die prophylaktische ASS-Gabe ging mit einem um 63 Prozent reduzierten Risiko für eine Präeklampsie einher, die sich vor der 37. Schwangerschaftswoche manifestierte. Für eine Manifestation vor der 34. Schwangerschaftswoche zeigte sich ein um 80 Prozent erniedrigtes Risiko.

»Bei Hochrisikopatientinnen oder bei Frauen, die in der Vergangenheit schon einmal eine Präeklampsie hatten, ist die prophylaktische ASS-Einnahme ein Muss«, resümierte Stepan. Daher wurde die prophylaktische ASS-Gabe für Risikopatientinnen in die S2k-Leitlinie »Hypertensive Schwangerschaftserkrankungen: Diagnostik und Therapie« der Deutschen, Schweizerischen und Österreichischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe aufgenommen.

In Deutschland habe sich allerdings eine Dosierung von 100 mg ASS etabliert, ergänzte der Arzt. Schwangere ohne Präeklampsie-Risiko oder eine sonstige ASS-Indikation sollten das Präparat nicht auf eigene Faust einnehmen. Gefährdete Schwangere sollten dagegen möglichst früh mit der Einnahme starten – eine Teratogenität bestünde im ersten Trimenon nicht.  Daten zum präkonzeptionellen Einsatz bei Hochrisikopatientinnen lägen keine vor, so Stepan.

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