Neuer Wirkstoff beim Glaukom |
Kerstin A. Gräfe |
05.01.2023 07:00 Uhr |
Eine Früherkennungsuntersuchung beim Augenarzt kann dazu beitragen, ein sich entwickelndes Glaukom rechtzeitig zu entdecken. / Foto: Getty Images/dardespot
Roclanda® (50 µg/ml + 200 µg/ml Augentropfen, Lösung, Santen Oy) ist indiziert zur Senkung von erhöhtem Augeninnendruck (Intraocular Pressure, IOP) bei erwachsenen Patienten mit primärem Offenwinkelglaukom oder okulärer Hypertension, bei denen eine Monotherapie mit einem Prostaglandin oder Netarsudil eine unzureichende Augeninnendrucksenkung bewirkt. Pro ml sind 50 µg Latanoprost und 200 µg Netarsudil (als Mesylat) enthalten.
Beide Wirkstoffe senken den Augeninnendruck, indem sie den Abfluss von Kammerwasser erhöhen, wirken aber auf unterschiedliche Weise. Latanoprost ist ein Prodrug und wird in der Hornhaut in seinen aktiven Metaboliten Latanoprostsäure umgewandelt. Diese wirkt als Agonist am Prostaglandin-F-Rezeptor. Wie Prostaglandin F2α, der natürliche Ligand an diesem Rezeptor, bewirkt Latanoprostsäure dadurch eine Steigerung des Kammerwasserabflusses.
Netarsudil hat ein anderes Target. Der neue Wirkstoff hemmt das Enzym Rho-Kinase. Rho-Kinasen spielen als Signalüberträger bei vielen physiologischen Prozessen eine Rolle, etwa bei der Kontraktion glatter Muskelzellen. Am Auge angewendet, steigert Netarsudil zum einen den Abfluss des Kammerwassers über das trabekuläre Maschenwerk, das siebartige Geflecht im Kammerwinkel des Auges. Zum anderen führt die Kinasehemmung dazu, dass der episklerale Venendruck, der auch zum Augeninnendruck beiträgt, gesenkt wird.
Die empfohlene Dosierung ist ein Tropfen in das betroffene Auge einmal täglich abends. Patienten sollten pro Tag nicht mehr als einen Tropfen eintropfen. Wie bei allen Augentropfen wird nach dem Eintropfen empfohlen, den Tränensack unter dem inneren Augenwinkel für eine Minute zu komprimieren (punktueller Verschluss), um eine potenzielle systemische Reduktion zu vermeiden. Wird eine Dosis versäumt, sollte die Behandlung mit der nächsten Dosis am Abend fortgesetzt werden.
Bei gleichzeitiger Anwendung von Roclanda mit anderen topischen Augenarzneimitteln sind die jeweiligen Arzneimittel in einem Abstand von mindestens fünf Minuten anzuwenden. Aufgrund der gefäßerweiternden Eigenschaften von Netarsudil sind andere Augentropfen vor Roclanda anzuwenden. Augensalben sind als Letztes anzuwenden. Träger von Kontaktlinsen sollten die Linsen vor dem Eintropfen herausnehmen und erst nach 15 Minuten wieder einsetzen.
Die in der Fachinformation genannten Warnhinweise beziehen sich auf den Kombinationspartner Latanoprost. Das Prostaglandin-Analogon kann durch Steigerung des Anteils braunen Pigments in der Iris die Augenfarbe allmählich und potenziell dauerhaft verändern. Darüber sollten die Patienten vor Behandlungsbeginn informiert werden. Zudem können sich durch Latanoprost allmählich die Wimpern und Flaumhaare am behandelten Auge und in dessen Umgebung verändern. Es kann zu Veränderungen wie längeren, dickeren oder mehr Wimpern oder Haaren sowie einer erhöhten Pigmentierung dieser Haare kommen und das Wachstum der Wimpern kann fehlgerichtet sein. Derartige Veränderungen an den Wimpern sind nach Absetzen der Behandlung reversibel. Weitere Warnhinweise finden sich in der Fachinformation.
Roclanda enthält Benzalkoniumchlorid. Das Konservierungsmittel kann Reizungen am Auge und trockenes Auge hervorrufen und den Tränenfilm sowie die Hornhautoberfläche beeinträchtigen. Zudem kann Benzalkoniumchlorid von weichen Kontaktlinsen aufgenommen werden und zu deren Verfärbung führen.
Es gibt Berichte über paradoxe Erhöhungen des Augeninnendrucks nach gleichzeitiger Anwendung von zwei Prostaglandin-Analoga am Auge. Daher wird die Anwendung von zwei oder mehr Prostaglandinen, Prostaglandin-Analoga oder Prostaglandin-Derivaten nicht empfohlen.
Roclanda darf während der Schwangerschaft nicht angewendet werden. Hinsichtlich des Stillens ist abzuwägen, ob das Stillen zu unterbrechen ist oder ob auf die Behandlung mit Roclanda verzichtet werden soll beziehungsweise sie zu unterbrechen ist. Dabei sollen sowohl der Nutzen des Stillens für das Kind als auch der Nutzen der Therapie für die Frau berücksichtigt werden.