Neue Daten zum Nutzen bei schwerer Covid-19 |
Theo Dingermann |
05.06.2020 12:00 Uhr |
Die Autoren weisen selbst auf mehrere Limitationen ihrer Studie hin. So war die Zahl der eingeschlossenen Patienten klein, und die Studie wurde vorzeitig beendet. Wahrscheinlich war die Studie dadurch unterpowert, um tatsächlich einen klinisch relevanten Nutzen einer Therapie mit einem Rekonvaleszenzserum ableiten zu können.
Außerdem lag der Median zwischen dem Einsetzen der Symptome und der Randomisierung bei 30 Tagen, und es ist unklar, ob nicht eine frühere Behandlung einen noch größeren Nutzen gezeigt hätte. Und schließlich handelte es sich um eine offene Studie, und die Abschätzung des Behandlungserfolgs beruhte zu einem gewissen Grad auf subjektive Einschätzungen der behandelnden Ärzte.
Ein weiterer Schwachpunkt , auf den die Autoren hinweisen, besteht darin, dass sich die Standardtherapie in den unterschiedlichen Zentren unterschieden und diese auch nicht sauber protokolliert wurden, was die Ergebnisse möglicherweise beeinflusst haben könnte. Zudem waren die Patienten aus der Kontrollgruppe »nur« mit einer Standardtherapie behandelt worden und hatten kein neutrales Serum erhalten, was sicherlich besser für die vergleichende Auswertung gewesen wäre.
Diese sehr kritische Selbsteinschätzung wird jedoch von einer Gruppe von Wissenschaftlern relativiert, die parallel zu der Arbeit ein Editorial verfasst haben. Diese Gruppe um Professor Dr. Arturo Casadevall vom Department of Molecular Microbiology and Immunology der Johns Hopkins Bloomberg School of Public Health in Baltimore, zieht ein wesentlich positiveres Resümee. Sie überschreiben ihr Editorial mit dem Titel: »Eine randomisierte Studie über Rekonvaleszenzplasma für COVID-19 - Potenzielle Hoffnungssignale« und deuten an, dass aus der Arbeit wegen der Unterpowerung zwar keine endgültigen Schlüsse abgeleitet werden dürfen, sie aber zeige, dass sich eine weitere Studie lohne.
Noch sind keine wirklich wirksamen Arzneimittel zur Behandlung schwerer Covid-19-Verläufe verfügbar. Um so wichtiger wäre es, wirklich abschätzen zu können, wie wertvoll der prinzipiell plausible Ansatz einer passiven Immunisierung mit Hilfe von Rekonvaleszenzseren bei schweren Covid-19-Verläufen tatsächlich ist.
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