Mundschleimhaut-Entzündung unbedingt vorbeugen |
Daniela Hüttemann |
07.07.2022 13:00 Uhr |
Kühlen tut der Mundschleimhaut gut, dagegen sollte es nicht zu sauer oder scharfkantig sein. / Foto: Getty Images/mheim3011
»Es ist nicht die Frage, ob, sondern wann diese Nebenwirkung auftritt«, verdeutlichte Oliver Feth, Mitinhaber der Apotheke im Medeum, Stade, vergangene Woche beim 30. NZW-Kongress für onkologische Pharmazie in Hamburg. »Wenn die Stomatitis erst einmal da ist, wird sie in der Regel immer schlimmer.« Daher gelte es, die Schleimhäute im Mund- und Rachenbereich von Anfang an so gut wie möglich zu pflegen und schon bei kleinsten Rötungen sofort aktiv zu werden.
Denn eine Mukositis (Entzündung der Schleimhäute) beziehungsweise Stomatitis (Entzündung der Schleimhäute in der Mundhöhle) unter Krebstherapie geht mit starken Schmerzen, Sprach- und Schluckbeschwerden, Geschmacksstörungen, Mundtrockenheit (Xerostomie) und einem hohen Leidensdruck einher. Schmerzen und Schluckbeschwerden führen häufig zu einer eingeschränkten Nahrungszufuhr, was bei einer zehrenden Erkrankung wie Krebs kontraproduktiv ist. Eingeteilt wird die orale Mukositis in fünf Schweregrade:
Wichtig sei eine rechtzeitige und adäquate Schmerztherapie. Nicht steroidale Antirheumatika (NSAR) seien dabei aufgrund ihrer blutverdünnenden Wirkung eher nicht geeignet und auch meist nicht wirksam genug. Eine Ausnahme bildeten Benzydamin-haltige Mundspüllösungen. Empfehlenswert sei die NRF-Rezepturvorschrift 7.15. (Viskose Benzydaminhydrochlorid-Mundspüllösung 0,15% mit Lidocainhydrochlorid und Dexpanthenol). »Sie ist alkoholfrei sowie verordnungs- und erstattungsfähig«, erklärte Feth. Von ihr sollte der Patient vier- bis achtmal täglich 15 ml (einen Esslöffel) unverdünnt für jeweils zwei Minuten anwenden. Eine Stunde danach sollte nichts gegessen und getrunken werden, was die häufige Anwendung herausfordernd macht. Eine Nebenwirkung kann Geschmacksverlust sein. Von alkoholhaltigen Therapeutika wie Tantum verde® riet Feth ab.
Als weitere Möglichkeiten nannte er das Morphinsulfat-haltige Fertigarzneimittel Oramorph®-Lösung sowie die NRF-Rezepturvorschrift 2.4. (Viskose Morphinhydrochlorid-Lösung 2 mg/ml oder 20 mg/ml) oder parenterale Opioide. In den USA werde auch eine Ketamin-haltige Mundspüllösung in Konzentration von 0,4 bis 1,0 Prozent eingesetzt.
»Leider gibt es aktuell kein Patentrezept für die Behandlung der Stomatitis. Eine frühzeitige und kompetente Beratung ist daher immens wichtig, um Risikofaktoren zu minimieren«, erklärte der Apotheker für onkologische Pharmazie. Zu diesen Risikofaktoren gehören ein bereits reduzierter Allgemeinzustand, Noxen wie Rauchen oder Alkohol, immunsuppressive Therapie, Tumoren im Mund- und Rachenraum, mangelnde Mundhygiene, Zahnprothesen, Piercings im Mundraum, schlechter Ernährungszustand, Neutropenie/Lymphopenie, vorangegangene Tumortherapie und Mundtrockenheit, zum Beispiel unter anticholinerger Therapie, wozu auch die palliativ eingesetzten Opioide zählen.