Mühsames Leben nach einer Sepsis |
Zum Zeitpunkt der Entlassung aus der Klinik haben die meisten Patienten nach einer Sepsis typischerweise folgende Einschränkungen:
Bei den somatischen PSS-Beschwerden, die als unvermeidbare Folgen der modernen Intensivtherapie zu betrachten sind, stehen Nerven- und Muskelschäden im Vordergrund (Tabelle 1). Die Patienten berichten von ausgeprägten Lähmungen, Koordinationsproblemen ihrer Gliedmaßen und Schluckbeschwerden. Diese Einschränkungen bilden sich bei einem leichteren Verlauf der Sepsis in der Regel über Monate ganz zurück (5). Nach einer kritischen Sepsis können sie meist nur noch teilweise geheilt werden. Die Nervenschäden betreffen im weiteren Verlauf hauptsächlich Gefühlsstörungen und ein gesteigertes Schmerzempfinden.
Psychische Manifestationen eines chronifizierten PSS, die sowohl den Patienten als auch seine Angehörigen belasten und auch erst nach Jahren auffallen können, ähneln sehr den Symptomen einer PTBS. Zu Schlafstörungen mit Alpträumen, Stimmungstiefs, Erschöpfungszuständen und Ängsten kann auch eine zuvor nicht vorhandene und irritierende erhöhte Reizbarkeit bis Feindseligkeit treten. Manche Patienten entwickeln das Gegenteil, nämlich eine beängstigende Gleichgültigkeit bis Teilnahmslosigkeit, die nicht minder belastend ist. Für die bestmögliche Bewältigung einer PTBS haben sich inzwischen Selbsthilfegruppen gebildet (www.nakos.de).
Psychologische und psychotherapeutische Maßnahmen sind zu erwägen, wenn die geistige Aufnahmefähigkeit vermindert oder die mentale Flexibilität sichtlich reduziert ist. Dasselbe gilt bei depressiver Verstimmung, Angst und Panikattacken. Die Beschwerden können sich nach Art eines Teufelskreises gegenseitig aufschaukeln (1).
Auch nach erfolgreicher Elimination der eigentlichen Sepsiserreger besteht die Immundysfunktion fort. Sie begünstigt ein persistierendes Entzündungsgeschehen durch Immunsuppression und eine ausgeprägte Katabolie (6). Diese Immundefizienz normalisiert sich erst im Lauf des ersten Halbjahrs nach Klinikentlassung. Auch ein Jahr nach einem septischen Schock werden noch erhöhte Interleukin-6- und -7-Werte gefunden. Auch auf zellulärer Ebene zeigen sich relevante Defizite, etwa bei den CD4+-T-Helferzellen und den Monozyten. Dennoch fehlt bislang der klare Nachweis einer eindeutigen Korrelation mit der beobachteten erhöhten Infektanfälligkeit.