Morbus-Crohn-Schub unter Dupilumab |
Daniela Hüttemann |
22.10.2019 08:00 Uhr |
Das Immunsystem ist äußerst komplex. Ein Eingriff an der einen Stelle kann unerwünschte Effekte an einer anderen haben. / Foto: Fotolia/Aldecastudio
Die AkdÄ berichtet über eine 53-jährige Patientin, die vor 30 Jahren einen Morbus-Crohn-Schub erlitten hatte, seitdem aber ohne Therapie beschwerdefrei war. Die Patientin litt jedoch unter einer schweren atopischen Dermatitis (Neurodermitis). »Nach erfolgloser topischer Glucocorticosteroid-Therapie, UV-Behandlung und systemischer Behandlung mit Ciclosporin wurde sie im Rahmen einer Studie mit Dupilumab (300 mg subkutan pro Woche) behandelt«, berichtete die AkdÄ vergangene Woche im »Deutschen Ärzteblatt«. Ein Dreivierteljahr nach Start der Behandlung mit dem monoklonalen Antikörper seien abdominelle Beschwerden wie Völlegefühl, Obstipation, Durchfälle und Erbrechen aufgetreten. Die Patientin entwickelte einen schweren Schub, der über ein Jahr anhielt und mit einem Abszess und einer Sepsis einherging. Dupilumab wurde abgesetzt und stattdessen mit Ustekinumab behandelt, nachdem die Patientin auf topische und systemische Glucocorticoide plus Azathioprin nicht genügend angesprochen hatte.
Die in der Studie verabreichte Dupilumab-Dosis lag mit 300 mg pro Woche zwar höher als die schließlich zugelassene Dosierung (Anfangsdosis 600 mg, gefolgt von 300 mg alle zwei Wochen). »Die pathophysiologischen Überlegungen zum kausalen Zusammenhang zwischen Morbus Crohn und Dupilumab könnten jedoch auch für die bei atopischer Dermatitis zugelassene niedrigere Dosierung gelten«, gibt die AkdÄ zu bedenken und rät zu einer äußerst sorgfältigen Nutzen-Risiko-Abwägung, wenn Dupilumab bei Neurodermitis-Patienten mit zusätzlichen immunbedingten Th1-dominierten Erkrankungen wie entzündlichen Darmerkrankungen, rheumatoider Arthritis oder multipler Sklerose (MS) gegeben werden soll.
Dupilumab (Dupixent® von Sanofi Genzyme) ist seit 2017 in Deutschland auf dem Markt. Zugelassen ist das Biologikum zur Behandlung erwachsener Patienten mit mittelschwerer bis schwerer atopischer Dermatitis, wenn sie für eine systemische Therapie in Betracht kommen. Dupilumab ist das erste Medikament, das gezielt in den Pathomechanismus der Neurodermitis eingreift. Es blockiert die α-Untereinheit des Interleukin (IL)-4-Rezeptors, die sowohl Teil des IL-4- als auch des IL-13-Rezeptors ist. Beide Zytokine werden normalerweise vor allem bei einer Parasiteninfektion ausgeschüttet, sind aber auch bei Atopikern im Übermaß vorhanden. Sie spielen eine Rolle bei der Differenzierung von T-Helfer-Zellen vom Typ 2. Wenn diese Achse jedoch unterdrückt wird, könnte sich die zelluläre Immunität hin zur Th1-Antwort verschieben. So wird Morbus Crohn vor allem durch eine verstärkte Produktion von IL-17 durch Th1- und Th17-Zellen verursacht. Auch ein Mangel an IL-4 könnte zu einer Exazerbation von Morbus Crohn führen, schreibt die AkdÄ. »Dupilumab scheint in immunologische Prozesse einzugreifen, die für Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) relevant sind.«