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»Marktplatz«

Mit diesen Konditionen lockt Doc Morris die Apotheker

Der EU-Versender Doc Morris benötigt für seine künftige Online-Plattform «Marktplatz« die Apotheken, um Kunden eine tagesaktuelle Belieferung anzubieten. Nach Informationen der PZ hat der Versandkonzern begonnen, die Apotheker mit einem Konzept in die Kooperation zu locken. Angeboten werden zwei verschiedene Partnermodelle, bei denen die Apotheker einen monatlichen Beitrag von bis zu 699 Euro an die Niederländer entrichten müssen.
Benjamin Rohrer
24.11.2020  11:00 Uhr

Bei einer Online-Veranstaltung des Branchenverbandes Bitkom stellte Doc Morris-Chef Olaf Heinrich am gestrigen Montag nochmals die Zukunftspläne des EU-Versenders vor. Sein Unternehmen wolle ein Gesundheitsportal aufbauen, einen »Marktplatz«, in dem den Kunden gleich mehrere verschiedene Leistungen angeboten werden – unter anderem ärztliche Online-Beratungen und Apotheken-Dienstleistungen. Gerade für ländliche Regionen und Berufstätige sei dies ein gutes Angebot, so Heinrich. Die FDP-Gesundheitspolitikerin Christine Aschenberg-Dugnus, die ebenfalls an der Bitkom-Diskussion teilnahm, mahnte diesbezüglich an, dass die freie Apotheken- und Arztwahl erhalten bleiben müsse und erinnerte an das Zuweisungs- und Makelverbot. Heinrich stellte klar, dass Doc Morris sich daran halten werde – man könne die Plattform nicht »an den Menschen vorbei« aufbauen.

Heinrich sagte auch, dass man digitale Gesundheitsplattformen brauche, um die »Effizienz im System« zu steigern. Denn in den kommenden Jahren werde es darum gehen, die Versorgung zu verbessern, während die Ressourcen immer knapper würden. Digitale Technologien seien dafür »ein großer Hebel«, sie könnten die Vor-Ort-Leistungen aber nicht ersetzen. Bezogen auf das Doc-Morris-Modell bedeutet dies, dass eine Kooperation mit den Vor-Ort-Apotheken angepeilt wird. Die »Marktplatz«-Kunden sollen sich aussuchen können, ob sie ihr über Doc Morris bestelltes Arzneimittel über den Versand oder aus einer stationären Apotheke beziehen. Der Bezug über die Apotheken ist ein wichtiger Teil des Doc-Morris-Konzepts, denn der Versandkonzern hatte mehrfach angekündigt, eine tagesaktuelle Belieferung anbieten zu wollen.

Doc Morris: Ende 2022 bereits bis zu 90 Prozent E-Rezepte

Der Pharmazeutischen Zeitung liegen nun die Konditionen vor, mit denen Doc Morris die Apotheken von einer Zusammenarbeit überzeugen will. Dem Vernehmen nach wurden bereits mehrere Apotheken mit diesem Konzept angesprochen. Zunächst einmal ist interessant, mit welchen Wachstumsprognosen beim E-Rezept der Versandkonzern rechnet. Nachdem die Gematik Mitte 2021 die Infrastruktur für das E-Rezept zur Verfügung gestellt haben wird, sollen Ende 2021 schon 20 Prozent aller Verordnungen digital abgewickelt werden, rechnet Doc Morris. Ab 2022 ist das E-Rezept verpflichtend. In einem »konservativen« Szenario sollen im Laufe des Jahres 2022 70 Prozent aller Verordnungen über Apps abgewickelt werden, in einem »positiven« Szenario bereits 90 Prozent.

Doc Morris geht davon aus, dass 70 Prozent der E-Rezepte weiterhin direkt in einer Vor-Ort-Apotheke eingelöst werden,  5 Prozent gehen demnach direkt an eine Versandapotheke. Die restlichen 25 Prozent sollen über Plattformen abgewickelt werden, wie sie derzeit beispielsweise von Apora oder auch Doc Morris entwickelt werden. Doc Morris geht davon aus, dass man einen Anteil von 40 Prozent in diesem Plattform-Markt haben wird und dass etwa 45 Millionen E-Rezepte über den »Marktplatz« eingehen werden.

Doc Morris sucht insgesamt rund 2400 Apotheken

In zwei verschiedenen Modellen bietet der Versandkonzern den Apothekern eine Teilnahme am »Marktplatz« an. Die beiden Versionen unterscheiden sich für die Apotheken in Umsatzmöglichkeiten, aber auch im Beitrag. Die »Click & Collect Partnerapotheken« sollen im Jahr 2022 den Rechnungen zufolge rund 380.000 Euro Mehrumsatz über Doc Morris einnehmen, der Beitrag pro Monat liegt bei 399 Euro. Doc Morris plant, 1900 Apotheken von diesem Modell zu überzeugen. Die »Power-Apothekenpartner« sollen demnach sogar mehr als 710.000 Euro zusätzlichen Umsatz erwirtschaften. Hier liegt der Beitrag pro Monat allerdings bei 699 Euro – 570 Apotheken will Doc Morris hiervon überzeugen. Für beide Versionen gilt eine Beitragsfreistellung bis zum 3. Quartal 2021. Für OTC-Verkäufe, die Apotheken über die Doc Morris-Plattform tätigen, gilt außerdem eine Provision in Höhe von 10 Prozent, die die Apotheken an den Versender abgeben müssen.

Viele Fragen sind diesbezüglich aber noch offen: Was die OTC-Verkäufe betrifft, ist beispielsweise unklar, welche Preise auf der Plattform angeboten werden sollen. Wenn die grundsätzlich höher rabattierten Doc-Morris-Preise gelistet sind und die Apotheken noch 10 Prozent an den Versender abgeben müssen, könnte im OTC-Bereich am Ende wenig bis gar nichts übrig bleiben für die Apotheker. Völlig offen ist weiterhin auch die Frage der Rx-Boni. Doc Morris hatte gesagt, dass man bei Rezepten, die über den »Marktplatz« eingehen, keine Rx-Boni anbieten werde. Sobald das Apotheken-Stärkungsgesetz in Kraft tritt, dürfte der Versender dies im GKV-Bereich ohnehin nicht mehr tun. In dem Konzept, das der PZ vorliegt, ist jedenfalls keine Rede mehr von Rx-Rabatten.

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Hinweis der Redaktion: In einer früheren Version des Artikels hieß es, dass Apotheker laut Doc Morris-Konzept bis zu 710.000 Euro »hinzuverdienen« könnten. Das ist nicht korrekt, vielmehr geht es in den Doc Morris-Angaben nicht um Gewinn, sondern um Umsatz.

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