Milde Omikron-Verläufe in Südafrika – auf Deutschland übertragbar? |
Daniela Hüttemann |
22.12.2021 17:00 Uhr |
In Südafrika dominiert die Omikron-Variante das Infektionsgeschehen. Derzeit scheint die vierte Welle abzuflauen. Trotz hoher Neuinfektionszahlen lag die Zahl der Krankenhauseinweisungen deutlich unter denen vorangegangener Infektionswellen. / Foto: Getty Images/LaylaBird
Das südafrikanische National Institute for Communicable Diseases (NICD) hat am Mittwoch eine erste Bewertung der Omikron-Krankheitsverläufe in Südafrika veröffentlicht. Am 24. November hatte erstmals das südafrikanische Überwachungsnetz über die neue Virusvariante Omikron (B.1.1.529) berichtet, die in einer Probe vom 14. November gefunden worden war. Mittlerweile hat Omikron alle anderen Varianten fast verdrängt, schreiben Professor Dr. Cheryl Cohen und Kollegen vom NICD in einer Preprint-Veröffentlichung auf »medRxiv«.
Demnach hatten Omikron-Infizierte ein bis zu 80 Prozent geringeres Risiko, ins Krankenhaus zu müssen, als solche mit einer Delta-Infektion. Auch das Risiko für einen schweren Covid-19-Verlauf war niedriger. Geimpfte Omikron-Patienten hätten eine 70-prozentige Chance, einer Behandlung auf der Intensivstation zu entgehen, so Hauptautorin Cohen. »Die sehr ermutigenden Daten deuten stark auf eine geringere Schwere der Omikron-Infektionswelle hin», sagte die Forscherin laut Nachrichtenagentur dpa. Sie wies jedoch daraufhin, dass es sich noch um frühe Daten handle und weitere Studien nötig seien. Im Fazit der Studie heißt es auch, ein Teil des Rückgangs schwerer Erkrankungen sei wahrscheinlich auf die hohe Immunität der Bevölkerung zurückzuführen.
Fast parallel erschien am Dienstag auf dem Preprint-Server »bioRxiv« eine Zellstudie, die ebenfalls auf einen milderen Verlauf bei einer Omikron-Infektion hoffen lässt. Die Forschenden infizierten Lungenzellen und sogenannte Lungen-Organoide mit künstlich erzeugten Omikron-Pseudoviren. »Das sind ungefährliche Laborviren, die auf ihrer Oberfläche das Omikron-Spike-Protein tragen«, erklärt das Science Media Center (SMC) Deutschland. Zum Vergleich infizierten sie auch Lungenzellen mit Delta- und Wildtyp-Pseudoviren.
»Im Vergleich zu dem Delta-Pseudovirus konnte das Omikron-Pseudovirus Lungenzellen und Zellen von Lungen-Organoiden schlechter infizieren«, fasst das SMC die Studienergebnisse zusammen. Darüber konnte das Omikron-Pseudovirus deutlich schlechter Zell-Zell-Fusionen anregen. »Die Forschenden interpretieren ihre Daten so, dass Omikron aufgrund der vielen Mutationen im Spike-Protein zwar einer bestehenden Immunantwort teilweise entkommen könne, die Virusvariante aber Zellen nicht so gut infizieren und sich ausbreiten könne«, schreibt das SMC und befragte dazu deutsche Experten.
»Generell sind das interessante und wichtige Daten, die ich aber nur mit sehr viel Vorsicht auf die tatsächliche Situation im Mensch extrapolieren würde«, ordnet Professorin Dr. Isabella Eckerle, Leiterin der Forschungsgruppe »Emerging Viruses« in der Abteilung für Infektionskrankheiten, Universität Genf, Schweiz, ein. »Die Infektion im Menschen ist ja wesentlich komplexer als in einem Organoid und wichtige Komponenten fehlen hier.«
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