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Magen-Darm-Erkrankungen

Mehr virale Infekte unter PPI

Die Langzeitanwendung eines Protonenpumpen-Inhibitors (PPI) erhöht nicht nur das Risiko für bakterielle Infektionen des Magen-Darm-Trakts, sondern auch für virale. Das zeigt jetzt eine Beobachtungsstudie aus Frankreich.
Annette Mende
27.11.2019  17:00 Uhr

Protonenpumpen-Inhibitoren schwächen das Abwehrsystem des Körpers gegen gastrointestinale Erreger, indem sie die Säureproduktion des Magens drosseln und so den pH-Wert erhöhen. Bei chronischer Anwendung der Säureblocker steigt daher unter anderem das Risiko für Infektionen mit dem Durchfallbakterium Clostridium difficile. Ob auch virale Magen-Darm-Infekte bei PPI-Anwendern häufiger sind, konnte jedoch bislang noch nicht eindeutig gezeigt werden.

Dies haben Forscher um Dr. Ana-Maria Vilcu von der Universität Sorbonne in Paris nun nachgeholt. Im Fachjournal »JAMA« veröffentlichten sie Ergebnisse einer Kohortenstudie mit Daten von Patienten aus öffentlichen Apotheken in Frankreich. Sie betrachteten 233.596 in einer Datenbank erfasste Patienten, die im Winter 2015/2016 während der Saison für virale Magen-Darm-Infekte laut ihren Verordnungsdaten ein PPI eingenommen hatten. Als Vergleich dienten 626.887 Patienten aus der Datenbank ohne PPI-Einnahme.

Im Beobachtungszeitraum erkrankten 3.131 Patienten unter PPI-Anwendung (1,3 Prozent) mindestens einmal an einem viralen Magen-Darm-Infekt, aber nur 4.327 Kontrollpersonen (0,7 Prozent). Das relative Risiko, an einem Virusinfekt zu erkranken, war somit fast verdoppelt (1,81). Besonders stark fiel die Risikoerhöhung bei älteren Menschen aus; in der Altersgruppe 65 bis 74 Jahre betrug das relative Risiko 2,19. Bei Unter-44-Jährigen war der Unterschied zwischen den Gruppen dagegen nicht signifikant.

Ihre Ergebnisse bestätigten die früherer Untersuchungen, wonach PPI das gastrointestinale Mikrobiom durcheinanderbringen und das Immunsystem schwächen und so das Infektionsrisiko erhöhen, so die Autoren. Eine Gruppe um Dr. Kaleen Hayes von der Universität Toronto in Kanada gibt ihnen in einem begleitenden Kommentar prinzipiell recht. Man müsse jedoch bedenken, dass die Patienten unter Langzeit-PPI-Anwendung in dieser Studie wie zumeist auch in der Praxis im Durchschnitt kränker waren als die Kontrollen. Das erhöhte Infektionsrisiko könne daher auch auf einen höheren Grad an Gebrechlichkeit, ein aus anderen Gründen geschwächtes Immunsystem oder häufigere Arztkontakte zurückzuführen sein. Nichtsdestotrotz seien die Ergebnisse faszinierend und sollten repliziert werden.

Ein weiterer wichtiger Aspekt, auf den die Kommentatoren hinweisen, ist die Tatsache, dass PPI sehr oft dauerhaft ohne medizinischen Grund angewendet werden. Die häufigste Indikation, die gastroösophageale Refluxkrankheit (GERD), erfordere lediglich eine kurzzeitige Anwendung. Zu häufig werde aber in der Praxis ein Dauergebrauch daraus, sodass etwa in den USA bei 65 Prozent der Langzeit-PPI-Anwender keine Indikation hierfür vorliege. Das dürfte in Deutschland nicht viel anders aussehen. Unabhängig von der Replizierbarkeit ihres Ergebnisses sollte daher diese Studie zum Anlass genommen werden, eine unnötige Langzeitanwendung von PPI zu identifizieren und möglichst zu beenden.

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