Luft am falschen Platz |
In sozialen Medien werden bestimmte probiotische Präparate beinahe als Wundermittel gegen Blähungen gepriesen. Einigen Patienten mit Reizdarmsyndrom könnten die Mittel möglicherweise tatsächlich helfen (Tabelle 2). Die Autoren der S3-Leitlinie Reizdarmsyndrom aus 2021 sprachen sich für einen Therapieversuch aus und wiesen darauf hin, dass probiotische Mittel laut Studien Symptome wie Schmerzen, Blähungen, Stuhlfrequenz und -konsistenz lindern sowie die Lebensqualität und die allgemeine Zufriedenheit bessern könnten. Die Übersichten und Einzelstudien seien allerdings methodologisch und qualitativ heterogen (16).
Bei der therapeutischen Gabe von Probiotika steckt die Forschung insgesamt noch in den Kinderschuhen. Es ist aktuell nicht möglich, vorab zu bestimmen, auf welchen Bakterienstamm ein Patient anspricht.
Die amerikanische Fachgesellschaft AGA weist darauf hin, dass es keine Studien gibt, die speziell die Wirksamkeit von Probiotika bei Blähungen und Abdominaldistension untersucht haben. Es gibt aber zum Beispiel eine doppelblinde placebokontrollierte Studie aus dem Jahr 2011, in der 60 Patienten mit funktionellen Darmstörungen Präparate mit Lactobacillus acidophilus NCFM (L-NCFM) und Bifidobacterium lactis Bi-07 (B-LBi07) anwendeten. Nach acht Wochen verbesserten sich die Blähungsbeschwerden im Vergleich zu Placebo (17).
Neben der dünnen Studienlage ist zu bedenken, dass Probiotika nicht frei von Nebenwirkungen sind. Sie können bei unsachgemäßem Gebrauch Fehlbesiedelungen auslösen, die sich mit Symptomen wie Blähungen äußern und auch mit kognitiven Störungen wie Verwirrtheit und Konzentrationsschwäche in Zusammenhang gebracht werden. Wenn Patienten Probiotika testen wollen, sind sie am besten mit geprüften Präparaten aus der Apotheke bedient, die anders als Produkte aus dem Internet eine verlässlich gute Qualität aufweisen. In Apotheken steht zudem Fachpersonal zur Verfügung, das über Risiken aufklären kann (4, 18).

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Als »Säuglingskoliken« bezeichnete Beschwerden galten lange als typisches Leiden in den ersten Lebensmonaten. Früher dachte man, dass die Babys wegen der Schmerzen so viel schreien. Heute geht man eher von einem umgekehrten Kausalzusammenhang aus: Weil die Kleinen so viel schreien, schlucken sie verstärkt Luft. Man spricht von einer Regulationsstörung, da die Kinder noch nicht gelernt haben, sich selbst zu beruhigen.
Übliche Mittel bei Blähungen wie Entschäumer wirken daher nur bedingt. Das bestätigten 2016 italienische Wissenschaftler in einem Review. Sie fanden weder für Simeticon noch für pflanzliche Mittel Beweise, dass diese bei Säuglingskoliken helfen.
Tipp aus der Apotheke: Probiotika mit Lactobacillus reuteri (Stamm 17938). Forscher aus Australien fanden 2018 heraus, dass diese Milchsäurebakterien gestillten Säuglingen mit Koliken Erleichterung verschaffen können. Die Wirksamkeit bei Kindern, die mit Säuglingsnahrung ernährt werden, ist allerdings unbekannt.
Wenn Säuglinge viel schreien und der Verdacht auf Darmbeschwerden aufkommt, schließt der Pädiater zunächst organische Ursachen für das Weinen aus. Damit der Säugling beim Trinken nicht zu viel Luft schluckt, sollten die Eltern sich Zeit nehmen beim Füttern und das Kind nach der Mahlzeit aufstoßen lassen. Bekommt das Baby Flaschennahrung, sollte das Saugerloch nicht zu groß sein.
Greifen die Maßnahmen nicht, können sich verzweifelte Eltern in einer Schreibaby-Ambulanz beraten lassen. Die gute Nachricht: Die Störung ist selbstlimitierend und wächst sich aus.
Literatur: 25–28