Luft am falschen Platz |
Beschwerden wie ein Blähbauch sind weit verbreitet. Abgehende Darmwinde riechen aufgrund von flüchtigen Fettsäuren und Schwefelverbindungen meist sehr unangenehm. / Foto: Shutterstock/benik.at
Wer sich gesund ernährt, wählt überwiegend naturbelassene und wenig verarbeitete Nahrungsmittel. Ein hoher Anteil an Ballaststoffen, Zuckern wie Lactose und Fructose oder Zuckeralkoholen in der Ernährung kann jedoch vermehrt Gase im Magen-Darm-Trakt entstehen lassen. Das Gefühl, aufgebläht zu sein, und mögliche Begleitsymptome wie Flatulenzen belasten viele Menschen.
Beschwerden wie ein Blähbauch sind stark verbreitet; Untersuchungen zufolge leidet fast jeder Fünfte darunter. Dennoch ist die Studienlage dürftig (1). Die Unklarheit fängt oft schon mit den Begrifflichkeiten an, die Patienten und Fachpersonal unterschiedlich verwenden (2).
Unter Blähungen mit Fachbegriff Meteorismus versteht man eine übermäßige Gasbildung und -ansammlung im Magen-Darm-Trakt. Patienten können dabei einen erhöhten Druck im Bauchraum wahrnehmen, obwohl der Bauchumfang objektiv nicht zunimmt. Menschen mit einem empfindlichen Darm fühlen sich schneller als andere aufgetrieben, wenn sich mehr Gas als gewöhnlich ansammelt.
Der Begriff abdominelle Distension (Abdominaldehnung) beschreibt eine sichtbare Zunahme des Bauchumfangs, wobei sich Patienten »wie ein Ballon« oder »wie schwanger« fühlen können. Von Flatulenzen spricht man, wenn verstärkt Darmwinde abgehen (3, 4).
An sich ist Gas im Magen-Darm-Trakt normal; es resultiert überwiegend aus dem Verschlucken von Luft sowie aus intestinaler Gasbildung. Welche Gase sich in welchen Mengen bilden und ansammeln, ist individuell verschieden und hängt auch von Essensgewohnheiten, Lebensmittelauswahl und der Zusammensetzung des Mikrobioms ab. Die Darmgase bestehen größtenteils aus Stickstoff, Wasserstoff, Methan und Kohlendioxid (Kasten).
Zwischen Darmlumen und Blut findet ein ständiger Gasaustausch statt. Gelangt Gas in den Blutkreislauf, kann es über die Lunge abgeatmet werden. Das verbleibende intraluminale Gas wird in Richtung Anus transportiert und dort ausgeschieden (3, 5).
Um die Frage zu beantworten, wann Gasansammlungen im Bauch ein Krankheitswert zukommt, hilft ein Blick in die Rom-IV-Kriterien. Diese wurden von der Rome Foundation veröffentlicht, um funktionelle gastrointestinale Störungen (functional gastrointestinal disorders, FGID) zu diagnostizieren.
In der Regel harmlos, aber höchst unangenehm und belastend / Foto: Adobe Stock/photophonie
Gemäß der Rom-IV-Kriterien liegt eine funktionelle Bauchblähung/Distension vor, wenn Patienten wiederkehrend unter Symptomen von Völlegefühl oder Druck im Bauchraum oder einer sichtbaren Zunahme des Bauchumfangs leiden. Die Beschwerden treten durchschnittlich mindestens einen Tag pro Woche für mindestens drei Monate auf. Der Symptombeginn muss bei Diagnosestellung bereits mehr als sechs Monate zurückliegen. Leichte Schmerzen sowie geringfügige Anomalien beim Stuhlgang können begleitend auftreten, herrschen aber nicht vor. Krankheiten wie Reizdarmsyndrom, funktionelle Obstipation, funktioneller Durchfall oder postprandiales Distress-Syndrom kann der Arzt als Ursache nicht diagnostizieren (4, 6).
Blähungen sind klinisch relevant und wurden daher in die internationale Klassifikation der Krankheiten aufgenommen. In ICD-10 finden sich Aufstoßen, Blähbauch, Blähungen und Meteorismus unter dem Code R14 »Flatulenz und verwandte Zustände« (7).
Gaschromatografie mit Massenspektrometrie-Kopplung ermöglicht es, die Bestandteile der Darmgase nachzuweisen und zu quantifizieren. Diese bestehen überwiegend aus Stickstoff und zu einem geringeren Anteil aus variierenden Mengen an anderen geruchlosen Gasen wie Kohlendioxid, Wasserstoff und Methan. Für den unangenehmen Geruch sind Ammoniak, flüchtige Fettsäuren wie Buttersäure oder Propionsäure sowie Schwefelverbindungen verantwortlich.
Als wichtige schwefelhaltige Komponenten wurden Schwefelwasserstoff, Methanthiol und Dimethylsulfid ausgemacht. Der Geruch korreliert dabei vor allem mit der Schwefelwasserstoff-Konzentration. Die geruchsbestimmenden Gase entstehen zum Beispiel, wenn Aminosäuren abgebaut werden.
Wasserstoff und Methan sind entflammbar. Wenn diese als Darmgase entweichen, stellt sich die Frage, ob Menschen in der Nähe von offenen Flammen gefährdet sind. Hier kann Entwarnung gegeben werden. Gasexplosionen hat es allerdings bereits bei Eingriffen wie Koloskopien gegeben, wenn die Darmreinigung ungenügend war.
Es gibt zahlreiche mögliche Ursachen für die Ansammlung größerer Gasmengen im Magen-Darm-Trakt. Viele sind harmlos, einige wenige jedoch ernst. In erster Linie unangenehm ist es, wenn beim Essen und Trinken, Rauchen oder Kaugummikauen übermäßig viel Luft verschluckt wird (Aerophagie). Das kann Aufstoßen verursachen. Wenn die Luft weiter in den Dünndarm gelangt, können Blähungen die Folge sein.
Bewegt sich der Darm zu wenig, können sich Gase leichter ansammeln. Bei hartnäckiger Verstopfung und Darmverschluss kann der Bauch stark aufgetrieben sein. Bei Letzterem handelt es sich um einen medizinischen Notfall.
Werden viele Süßungsmittel, etwa Zuckeralkohole wie Sorbitol, oder Fruktane verzehrt und diese nicht ausreichend aus dem Darm aufgenommen, entwickeln sich schnell Blähungserscheinungen. Die unverdauten Zucker wirken osmotisch im Dickdarm. Werden sie durch Darmbakterien zerlegt, können Gase freigesetzt werden. Allerdings entwickeln nicht alle Personen, die Kohlenhydrate schlecht verarbeiten, Symptome. Bei Patienten mit viszeraler Überempfindlichkeit, etwa beim Reizdarmsyndrom, ist die Wahrscheinlichkeit höher, dass sie unter der Darmblähung leiden.
Patienten mit einer Glutenunverträglichkeit (Zöliakie) oder Nicht-Zöliakie-Glutensensitivität (Non-Celiac Gluten Sensitivity, NCGS) reagieren mit Blähungen und mitunter auch Veränderungen des Stuhlgangs, wenn sie glutenhaltige Lebensmittel verzehren. Bei NCGS deuten einige Studien darauf hin, dass tatsächlich Fruktane und nicht Gluten oder andere Getreideproteine wie die Amylase-Trypsin-Inhibitoren (ATI) die reizdarmtypischen Bauchbeschwerden auslösen. Betroffene müssen glutenhaltige Lebensmittel, zum Beispiel aus Weizen, Roggen, Gerste, Dinkel, Grünkern oder Kamut, weitgehend meiden (4, 8). Informationen zum Glutengehalt finden sich im Internet, zum Beispiel hier.
Stress und psychische Belastungen können ebenfalls auf den Magen schlagen. Störungen wie Blähungen können eine Folge sein.
Viele Frauen haben in der Schwangerschaft verstärkt mit Meteorismus zu kämpfen. Die hormonellen Veränderungen führen dazu, dass sich ihre Verdauung verlangsamt. Progesteron wird verstärkt ausgeschüttet und entspannt die glatte Muskulatur in der Darmwand. Dadurch hat der Körper mehr Zeit, Nährstoffe aus dem Nahrungsbrei aufzunehmen. Durch die längere Verweilzeit kann sich jedoch auch mehr Luft ansammeln. Je größer das Kind wird und je mehr Platz es im Bauchraum einfordert, desto mehr engt es den Magen-Darm-Trakt ein. Luft kann schlechter entweichen.
Viele Frauen haben in der Schwangerschaft verstärkt mit Meteorismus zu kämpfen. Das liegt an den hormonellen Veränderungen, aber oft auch an veränderten Ernährungsgewohnheiten. / Foto: Adobe Stock/Rena Marijn
Wenn Frauen in der Schwangerschaft ihre Ernährungsgewohnheiten ändern, kann dies ein weiterer Grund dafür sein, dass sie sich öfter aufgebläht fühlen. Viele werdende Mütter achten besonders darauf, sich gesund zu ernähren, und greifen bei Gemüse, Obst und Vollkornprodukten zu. An diese Umstellung muss sich der Darm erst gewöhnen.
Ein aufgetriebener Bauch und Blähungen können bei Männern und Frauen bei einer intestinalen Fehlbesiedelung des Dünndarms auftreten. Davon sind besonders häufig Menschen mit Reizdarmsyndrom betroffen. Bei der als Small Intestinal Bacterial Overgrowth (SIBO) bezeichneten Störung überwuchern Bakterien wie Enterococcus, Escherichia coli, Klebsiella oder der Methan produzierende Keim Methanobrevibacter smithii die natürliche Dünndarm-Mikrobiota. Bei einer Fehlgärung können Wasserstoff und Methan entstehen. Ursachen, Therapiemöglichkeiten und Folgen der Dysbiose sind noch nicht ausreichend erforscht (9).
Bei Blähungen denkt das Apothekenteam auch an Arzneimittel als Auslöser. Unerwünschte Wirkungen im Magen-Darm-Trakt stehen jedoch bei den allermeisten Medikamenten in der Fachinformation. Blähungen werden besonders häufig bei Antibiotika, NSAR (nicht steroidalen Antirheumatika) und Antidiabetika wie Metformin berichtet. Abführmittel und Lipasehemmer wie Orlistat (zum Abnehmen) begünstigen Blähungen und Flatulenzen. Beim Diabetesmedikament Acarbose ist Flatulenz sogar als sehr häufige Nebenwirkung beschrieben (10).
Es gibt einige Red Flags, die auf eine ernste Ursache hinweisen und einen Besuch beim Arzt erforderlich machen. Dazu zählen unter anderem Fieber, Blut im Stuhl (okkult odersichtbar), Schluckbeschwerden (Dysphagie), extremer Durchfall, »Gasgefühl« in der Brust oder unbeabsichtigter Gewichtsverlust. Möglicherweise könnten eine exokrine Pankreasinsuffizienz, Magenlähmung (Gastroparese), Darmverschluss, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, Divertikulitis oder Krebs hinter den Beschwerden stecken (3, 6, 11, 12). In seltenen Fällen liegt ein gastrokardiales Syndrom vor (Kasten).
Foto: Adobe Stock/Robert Kneschke
Beunruhigende Symptome wie Herzklopfen, Herzstolpern, Engegefühl in der Brust, Atemnot, Hitzewallungen und Angstzustände können auf eine kardiale Erkrankung hinweisen. In seltenen Fällen ist der Grund im Magen-Darm-Trakt zu suchen.
Als Erster beschrieb 1912 Ludwig Roemheld (1871 bis 1938) den Zusammenhang zwischen gastrointestinalen und kardialen Symptomen. Bei dem nach ihm benannten Roemheld-Syndrom, auch als gastrokardiales Syndrom bezeichnet, drücken Gasansammlungen im Magen-Darm-Trakt das Zwerchfell nach oben. Dies engt Herz und Lunge ein. Ärzte stellen das Syndrom per Ausschlussdiagnose fest, wenn keine Auffälligkeiten am Herzen erkannt werden.
Die Ursachen für das gastrokardiale Syndrom können harmlos und alltäglich sein wie zu große Mahlzeiten oder blähende Speisen. Es kann ebenso infolge von Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder Krankheiten wie Gastritis, Enteritis, Zwerchfellbruch (Hiatushernie) oder Reizdarm auftreten. Bei Übergewicht sind die Beschwerden häufiger. Sie bessern sich, wenn Grunderkrankungen therapiert werden und die Patienten bekannte Auslöser von Blähungen meiden. Das Apothekenteam kann OTC-Präparate empfehlen, die den Gasansammlungen im Magen-Darm-Trakt entgegenwirken.
Literatur: 22–24
Um der Ursache von Blähungen, Völlegefühl oder Flatulenz auf den Grund zu kommen, ist es hilfreich, die Symptome im Zusammenhang mit Mahlzeiten (Zeitpunkt, Art und Menge der Nahrungsaufnahme), Stuhlgang und Belastungen zu betrachten.
Patienten, die glauben, zu viele Windabgänge zu haben, können Häufigkeit und Art der Beschwerden in einem Symptomtagebuch dokumentieren. Frequenz, Farbe und Konsistenz des Stuhls können auf Verdauungsstörungen oder Unverträglichkeiten hinweisen. Eine Steatorrhoe entsteht beispielsweise bei Malabsorptionssyndromen wie Zöliakie, einem Disaccharidase-Mangel oder einer exokrinen Pankreasinsuffizienz.
Die einfachste Methode, Nahrungsmittelunverträglichkeiten festzustellen, ist eine kurzfristige, meist zwei Wochen anhaltende Eliminationsdiät. Lassen die Symptome in dieser Zeit nach, spricht dies für einen ursächlichen Zusammenhang. Zur Diagnose stehen weiterhin endoskopische Biopsien, Enzymtests und Atemtests, die Wasserstoff, Methan und Kohlendioxid messen, zur Verfügung. Atemtests führt der Arzt vor allem bei Verdacht auf eine Kohlenhydratintoleranz etwa gegenüber Lactose oder Fructose durch.
Bestehen die Symptome über längere Zeit bei einem sonst unauffälligen jungen Patienten, können sie mitunter auch auf eine Essstörung hinweisen (4).
Die American Gastroenterological Association (AGA) hat im Juli 2023 ein Clinical Practice Update veröffentlicht, um Heilberuflern basierend sowohl auf kontrollierten Studien als auch Beobachtungsdaten Best-Practice-Tipps zu geben, wie sie mit Blähungen und Aufstoßen in der Praxis umgehen sollen (4).
Verständnis und ein offenes Ohr helfen besonders, wenn die Probleme eine nervliche Komponente einschließen. Wenn bestimmte Lebensmittel oder -bestandteile die Symptome auslösen oder verschlimmern, meiden oder reduzieren Patienten die betroffenen Lebensmittel oft deutlich. Dauerhafte strenge Eliminationsdiäten sind jedoch meistens nicht erforderlich.
Lebensmittel, die eine Vielzahl von fermentierbaren Oligosacchariden, Disacchariden, Monosacchariden und Polyolen (FODMAP) enthalten, vertragen viele Menschen nicht gut (Tabelle 1). Es kann ihnen Erleichterung verschaffen, diese Produkte zu reduzieren. Zu beachten ist, dass eine Low-FODMAP-Diät das Darmmikrobiom möglicherweise negativ beeinflusst. Generell gilt: Wenn eine bestimmte Diät keinen Nutzen bringt, sollte sie beendet werden (12, 14).
FODMAP | Lebensmittelbeispiele |
---|---|
Oligosaccharide | Weizen (große Mengen), Roggen (große Mengen) |
Fruktane | Knoblauch, Zwiebeln, Lauch, Zucchini |
Disaccharide (Lactose) Monosaccharide | Milchprodukte, Käse, Milch, Joghurt, Honig, Äpfel, Birnen, Pfirsiche |
Fructose | Mangos, Fruchtsäfte, Trockenfrüchte, Aprikosen, Pfirsiche, Fructose-Glucose-Sirup |
Polyole (Sorbitol) | zuckerfreie Kaugummis, Linsen, Kohl, Rosenkohl |
Galactose | Spargel, grüne Bohnen, Hülsenfrüchte |
Wenn Blähungen akut sind, kann das Apothekenteam rezeptfreie Arzneimittel empfehlen, um die Symptome zu lindern (Tabelle 2).
Ein Klassiker bei Meteorismus und Flatulenz sind Entschäumer wie Dimeticon oder Simeticon (www.pharmazeutische-zeitung.de/steckbrief-dimeticon-simeticon-141988). Die nicht resorbierbaren Silikonöle reduzieren lokal die Oberflächenspannung der Gasblasen. Dadurch verkleinern sich diese und können leichter resorbiert werden. Die Entschäumer stehen in verschiedenen Darreichungsformen wie Tropfen für Säuglinge oder als Liquida oder Kautabletten für ältere Patienten zur Verfügung.
Sowohl für Babys als auch für ältere Patienten sind karminativ (blähungstreibend) und spasmolytisch (entkrampfend) wirkende pflanzliche Zubereitungen eine Alternative. Heilpflanzen wie Anis, Fenchel, Kümmel und Pfefferminze fördern die Darmmotilität, entspannen die glatte Muskulatur und verringern die krampfartigen Schmerzen. Die Arzneipflanzen kann das Apothekenteam als Tee oder Teemischung oder in Form verschiedener Fertigarzneimittel anbieten.
Präparategruppe | Beispiele | Wirkmechanismus |
---|---|---|
Karminativa | Fenchel, Anis, Pfefferminze, Kümmel, Koriander, Melisse, Kamille | wirken blähungstreibend, spasmolytisch, verdauungsfördernd und krampflösend |
Bitterstoffdrogen | Pomeranzenschale, Condurangorinde, Wermutkraut, Enzianwurzel | regen die Magensaft- und Galleproduktion an und helfen, wenn Verdauungsstörungen die Blähungen verursachen |
Scharfstoffdrogen | Senfsamen, Kalmus-, Galgant- und Ingwerwurzel | steigern die Magensaftsekretion und fördern die Darmbewegungen |
Entschäumer | Simeticon, Dimeticon | setzen die Oberflächenspannung von Gasschäumen im Darm herab |
Spasmolytika | Butylscopolamin | vermindern den Tonus der glatten Muskulatur im Magen-Darm-Trakt |
Pankreasenzyme | Verdauungsenzyme des exokrinen Pankreas | ersetzen fehlende Enzyme bei einer exokrinen Bauchspeicheldrüseninsuffizienz |
Probiotika | Beispiele: Bifidobacterium bifidum MIMBb75, Bifidobacterium infantis, Lactobacillus casei Shirota | wirken einer Dysbiose im Darm entgegen |
Pfefferminzöl ist das in den Vereinigten Staaten am besten untersuchte pflanzliche Heilmittel bei Reizdarmsymptomen. In einer kürzlich veröffentlichten, placebokontrollierten randomisierten Studie mit Reizdarmsyndrom-Patienten zeigten ein magensaftresistent verpacktes Pfefferminzöl und Placebo eine klinisch bedeutsame Verbesserung von Symptomen wie Blähungen. Es gab jedoch keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen (15). Die Studienlage zu Pfefferminzöl ist insgesamt heterogen, wobei allerdings eine grundsätzliche Wirksamkeit bei verschiedenen Reizdarm-Beschwerden wahrscheinlich ist. Vorteilhaft sind die geringen Nebenwirkungen (4, 13).
Bewährte Helfer: Heilpflanzen wie Anis, Fenchel, Kümmel und Pfefferminze fördern die Darmmotilität, entspannen die glatte Muskulatur und verringern die Bauchschmerzen. / Foto: Adobe Stock/womue
Leiden Patienten begleitend zum Meteorismus unter krampfartigen Schmerzen, kann das Apothekenteam Butylscopolamin empfehlen. Der Muskarinrezeptor-Antagonist setzt den Tonus der glatten Muskulatur im Magen-Darm-Trakt herab und wirkt entspannend.
Ist ein Enzymmangel Auslöser für die Gasbildung, können Supplemente helfen. Pankreasenzyme helfen zum Beispiel Menschen mit einer Funktionsschwäche der Bauchspeicheldrüse.
Leiden die Patienten unter chronischer Verstopfung oder Reizdarmsyndrom mit vorherrschender Obstipation lassen sich Blähungen mitunter lindern, wenn der Stuhlgang erleichtert wird. Dabei können Laxanzien helfen. Zu beachten ist jedoch, dass Füllstoffe und einige osmotische Wirkstoffe das Darmlumen vergrößern können. Prokinetische Wirkstoffe wie Metoclopramid (MCP) sind daher in der Regel zu bevorzugen, wenn Patienten die Blähungen im Zusammenhang mit Obstipation beschreiben (14).
Die Verwendung von Aktivkohle ist heute unüblich. Sie verringert zwar die Gasmenge und reduziert den Geruch, erzeugt aber Flecken auf der Unterwäsche und färbt die Mundschleimhaut. Eine Option können mit Aktivkohle behandelte Einlagen oder Unterwäsche sein, die Gerüche neutralisieren und den Menschen mehr Sicherheit in Gesellschaft geben können (13).
Ein großes Tabuthema ist Flatulenz mit Abgang von Stuhl oder Flüssigkeit; Patienten sprechen manchmal verschämt von »feuchten Blähungen«, bei denen neben Luft auch Flüssigkeit entweicht. Hier kann das Apothekenteam diskret beraten und passende Einlagen anbieten.
In sozialen Medien werden bestimmte probiotische Präparate beinahe als Wundermittel gegen Blähungen gepriesen. Einigen Patienten mit Reizdarmsyndrom könnten die Mittel möglicherweise tatsächlich helfen (Tabelle 2). Die Autoren der S3-Leitlinie Reizdarmsyndrom aus 2021 sprachen sich für einen Therapieversuch aus und wiesen darauf hin, dass probiotische Mittel laut Studien Symptome wie Schmerzen, Blähungen, Stuhlfrequenz und -konsistenz lindern sowie die Lebensqualität und die allgemeine Zufriedenheit bessern könnten. Die Übersichten und Einzelstudien seien allerdings methodologisch und qualitativ heterogen (16).
Bei der therapeutischen Gabe von Probiotika steckt die Forschung insgesamt noch in den Kinderschuhen. Es ist aktuell nicht möglich, vorab zu bestimmen, auf welchen Bakterienstamm ein Patient anspricht.
Die amerikanische Fachgesellschaft AGA weist darauf hin, dass es keine Studien gibt, die speziell die Wirksamkeit von Probiotika bei Blähungen und Abdominaldistension untersucht haben. Es gibt aber zum Beispiel eine doppelblinde placebokontrollierte Studie aus dem Jahr 2011, in der 60 Patienten mit funktionellen Darmstörungen Präparate mit Lactobacillus acidophilus NCFM (L-NCFM) und Bifidobacterium lactis Bi-07 (B-LBi07) anwendeten. Nach acht Wochen verbesserten sich die Blähungsbeschwerden im Vergleich zu Placebo (17).
Neben der dünnen Studienlage ist zu bedenken, dass Probiotika nicht frei von Nebenwirkungen sind. Sie können bei unsachgemäßem Gebrauch Fehlbesiedelungen auslösen, die sich mit Symptomen wie Blähungen äußern und auch mit kognitiven Störungen wie Verwirrtheit und Konzentrationsschwäche in Zusammenhang gebracht werden. Wenn Patienten Probiotika testen wollen, sind sie am besten mit geprüften Präparaten aus der Apotheke bedient, die anders als Produkte aus dem Internet eine verlässlich gute Qualität aufweisen. In Apotheken steht zudem Fachpersonal zur Verfügung, das über Risiken aufklären kann (4, 18).
Foto: Adobe Stock/drubig-photo
Als »Säuglingskoliken« bezeichnete Beschwerden galten lange als typisches Leiden in den ersten Lebensmonaten. Früher dachte man, dass die Babys wegen der Schmerzen so viel schreien. Heute geht man eher von einem umgekehrten Kausalzusammenhang aus: Weil die Kleinen so viel schreien, schlucken sie verstärkt Luft. Man spricht von einer Regulationsstörung, da die Kinder noch nicht gelernt haben, sich selbst zu beruhigen.
Übliche Mittel bei Blähungen wie Entschäumer wirken daher nur bedingt. Das bestätigten 2016 italienische Wissenschaftler in einem Review. Sie fanden weder für Simeticon noch für pflanzliche Mittel Beweise, dass diese bei Säuglingskoliken helfen.
Tipp aus der Apotheke: Probiotika mit Lactobacillus reuteri (Stamm 17938). Forscher aus Australien fanden 2018 heraus, dass diese Milchsäurebakterien gestillten Säuglingen mit Koliken Erleichterung verschaffen können. Die Wirksamkeit bei Kindern, die mit Säuglingsnahrung ernährt werden, ist allerdings unbekannt.
Wenn Säuglinge viel schreien und der Verdacht auf Darmbeschwerden aufkommt, schließt der Pädiater zunächst organische Ursachen für das Weinen aus. Damit der Säugling beim Trinken nicht zu viel Luft schluckt, sollten die Eltern sich Zeit nehmen beim Füttern und das Kind nach der Mahlzeit aufstoßen lassen. Bekommt das Baby Flaschennahrung, sollte das Saugerloch nicht zu groß sein.
Greifen die Maßnahmen nicht, können sich verzweifelte Eltern in einer Schreibaby-Ambulanz beraten lassen. Die gute Nachricht: Die Störung ist selbstlimitierend und wächst sich aus.
Literatur: 25–28
Um Blähungen vorzubeugen, können oft schon Verhaltensänderungen helfen. Wer dazu neigt, zu viel Luft zu verschlucken, verzichtet am besten auf Kaugummi kauen und Kohlensäure-haltige Getränke. Patienten sollten langsam essen, gut kauen und den Speisebrei behutsam runterschlucken. Regelmäßige kleinere Mahlzeiten fordern die Verdauung nicht so sehr wie zwei oder drei große Mahlzeiten am Tag. Ingwer, Kreuzkümmel und einige Kräuter wie Dill, Petersilie und Basilikum wirken Blähungen entgegen.
Grundsätzlich tut es gut, nach dem Essen ein paar Schritte zu gehen. Eine Bauchmassage fördert die Darmbewegungen und kann Luft leichter entweichen lassen. Lockere Kleidung und Wärmeanwendungen (Wärmflasche oder Leibwickel) entspannen.
Patienten mit Dauerbeschwerden sollten wissen, dass Aufstoßen, Spannungsgefühl und Flatulenz zwar unangenehm, aber an sich nicht gesundheitsschädlich sind, wenn Grunderkrankungen ausgeschlossen wurden. Für manche Betroffene kann es die beste Lösung sein, die Luft im Bauch einfach zu akzeptieren und die Situation nicht durch selbst erzeugten Stress zu verschlimmern.
Bei neu aufgetretenen persistierenden Symptomen, insbesondere bei älteren Menschen, sollte das Apothekenteam die Patienten jedoch vorsorglich zum Arzt schicken. Das gilt auch für Menschen mit einer Krebserkrankung oder nach Bauchoperation (12, 13, 19).
Nicole Schuster studierte zwei Semester Medizin, dann Pharmazie und Germanistik in Bonn und später in Düsseldorf. Während ihres Studiums machte sie Praktika bei verschiedenen wissenschaftlichen Verlagen. Nach der Approbation absolvierte Schuster ein Aufbaustudium in Geschichte der Pharmazie in Marburg und wurde 2016 zum Doktor der Naturwissenschaften promoviert. Die PZ-Leser kennen Schuster als Autorin zahlreicher Fachbeiträge.