Luft am falschen Platz |
Viele Frauen haben in der Schwangerschaft verstärkt mit Meteorismus zu kämpfen. Die hormonellen Veränderungen führen dazu, dass sich ihre Verdauung verlangsamt. Progesteron wird verstärkt ausgeschüttet und entspannt die glatte Muskulatur in der Darmwand. Dadurch hat der Körper mehr Zeit, Nährstoffe aus dem Nahrungsbrei aufzunehmen. Durch die längere Verweilzeit kann sich jedoch auch mehr Luft ansammeln. Je größer das Kind wird und je mehr Platz es im Bauchraum einfordert, desto mehr engt es den Magen-Darm-Trakt ein. Luft kann schlechter entweichen.
Viele Frauen haben in der Schwangerschaft verstärkt mit Meteorismus zu kämpfen. Das liegt an den hormonellen Veränderungen, aber oft auch an veränderten Ernährungsgewohnheiten. / Foto: Adobe Stock/Rena Marijn
Wenn Frauen in der Schwangerschaft ihre Ernährungsgewohnheiten ändern, kann dies ein weiterer Grund dafür sein, dass sie sich öfter aufgebläht fühlen. Viele werdende Mütter achten besonders darauf, sich gesund zu ernähren, und greifen bei Gemüse, Obst und Vollkornprodukten zu. An diese Umstellung muss sich der Darm erst gewöhnen.
Ein aufgetriebener Bauch und Blähungen können bei Männern und Frauen bei einer intestinalen Fehlbesiedelung des Dünndarms auftreten. Davon sind besonders häufig Menschen mit Reizdarmsyndrom betroffen. Bei der als Small Intestinal Bacterial Overgrowth (SIBO) bezeichneten Störung überwuchern Bakterien wie Enterococcus, Escherichia coli, Klebsiella oder der Methan produzierende Keim Methanobrevibacter smithii die natürliche Dünndarm-Mikrobiota. Bei einer Fehlgärung können Wasserstoff und Methan entstehen. Ursachen, Therapiemöglichkeiten und Folgen der Dysbiose sind noch nicht ausreichend erforscht (9).
Bei Blähungen denkt das Apothekenteam auch an Arzneimittel als Auslöser. Unerwünschte Wirkungen im Magen-Darm-Trakt stehen jedoch bei den allermeisten Medikamenten in der Fachinformation. Blähungen werden besonders häufig bei Antibiotika, NSAR (nicht steroidalen Antirheumatika) und Antidiabetika wie Metformin berichtet. Abführmittel und Lipasehemmer wie Orlistat (zum Abnehmen) begünstigen Blähungen und Flatulenzen. Beim Diabetesmedikament Acarbose ist Flatulenz sogar als sehr häufige Nebenwirkung beschrieben (10).
Es gibt einige Red Flags, die auf eine ernste Ursache hinweisen und einen Besuch beim Arzt erforderlich machen. Dazu zählen unter anderem Fieber, Blut im Stuhl (okkult odersichtbar), Schluckbeschwerden (Dysphagie), extremer Durchfall, »Gasgefühl« in der Brust oder unbeabsichtigter Gewichtsverlust. Möglicherweise könnten eine exokrine Pankreasinsuffizienz, Magenlähmung (Gastroparese), Darmverschluss, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, Divertikulitis oder Krebs hinter den Beschwerden stecken (3, 6, 11, 12). In seltenen Fällen liegt ein gastrokardiales Syndrom vor (Kasten).

Foto: Adobe Stock/Robert Kneschke
Beunruhigende Symptome wie Herzklopfen, Herzstolpern, Engegefühl in der Brust, Atemnot, Hitzewallungen und Angstzustände können auf eine kardiale Erkrankung hinweisen. In seltenen Fällen ist der Grund im Magen-Darm-Trakt zu suchen.
Als Erster beschrieb 1912 Ludwig Roemheld (1871 bis 1938) den Zusammenhang zwischen gastrointestinalen und kardialen Symptomen. Bei dem nach ihm benannten Roemheld-Syndrom, auch als gastrokardiales Syndrom bezeichnet, drücken Gasansammlungen im Magen-Darm-Trakt das Zwerchfell nach oben. Dies engt Herz und Lunge ein. Ärzte stellen das Syndrom per Ausschlussdiagnose fest, wenn keine Auffälligkeiten am Herzen erkannt werden.
Die Ursachen für das gastrokardiale Syndrom können harmlos und alltäglich sein wie zu große Mahlzeiten oder blähende Speisen. Es kann ebenso infolge von Nahrungsmittelunverträglichkeiten oder Krankheiten wie Gastritis, Enteritis, Zwerchfellbruch (Hiatushernie) oder Reizdarm auftreten. Bei Übergewicht sind die Beschwerden häufiger. Sie bessern sich, wenn Grunderkrankungen therapiert werden und die Patienten bekannte Auslöser von Blähungen meiden. Das Apothekenteam kann OTC-Präparate empfehlen, die den Gasansammlungen im Magen-Darm-Trakt entgegenwirken.
Literatur: 22–24