Luft am falschen Platz |
Beschwerden wie ein Blähbauch sind weit verbreitet. Abgehende Darmwinde riechen aufgrund von flüchtigen Fettsäuren und Schwefelverbindungen meist sehr unangenehm. / Foto: Shutterstock/benik.at
Wer sich gesund ernährt, wählt überwiegend naturbelassene und wenig verarbeitete Nahrungsmittel. Ein hoher Anteil an Ballaststoffen, Zuckern wie Lactose und Fructose oder Zuckeralkoholen in der Ernährung kann jedoch vermehrt Gase im Magen-Darm-Trakt entstehen lassen. Das Gefühl, aufgebläht zu sein, und mögliche Begleitsymptome wie Flatulenzen belasten viele Menschen.
Beschwerden wie ein Blähbauch sind stark verbreitet; Untersuchungen zufolge leidet fast jeder Fünfte darunter. Dennoch ist die Studienlage dürftig (1). Die Unklarheit fängt oft schon mit den Begrifflichkeiten an, die Patienten und Fachpersonal unterschiedlich verwenden (2).
Unter Blähungen mit Fachbegriff Meteorismus versteht man eine übermäßige Gasbildung und -ansammlung im Magen-Darm-Trakt. Patienten können dabei einen erhöhten Druck im Bauchraum wahrnehmen, obwohl der Bauchumfang objektiv nicht zunimmt. Menschen mit einem empfindlichen Darm fühlen sich schneller als andere aufgetrieben, wenn sich mehr Gas als gewöhnlich ansammelt.
Der Begriff abdominelle Distension (Abdominaldehnung) beschreibt eine sichtbare Zunahme des Bauchumfangs, wobei sich Patienten »wie ein Ballon« oder »wie schwanger« fühlen können. Von Flatulenzen spricht man, wenn verstärkt Darmwinde abgehen (3, 4).
An sich ist Gas im Magen-Darm-Trakt normal; es resultiert überwiegend aus dem Verschlucken von Luft sowie aus intestinaler Gasbildung. Welche Gase sich in welchen Mengen bilden und ansammeln, ist individuell verschieden und hängt auch von Essensgewohnheiten, Lebensmittelauswahl und der Zusammensetzung des Mikrobioms ab. Die Darmgase bestehen größtenteils aus Stickstoff, Wasserstoff, Methan und Kohlendioxid (Kasten).
Zwischen Darmlumen und Blut findet ein ständiger Gasaustausch statt. Gelangt Gas in den Blutkreislauf, kann es über die Lunge abgeatmet werden. Das verbleibende intraluminale Gas wird in Richtung Anus transportiert und dort ausgeschieden (3, 5).
Um die Frage zu beantworten, wann Gasansammlungen im Bauch ein Krankheitswert zukommt, hilft ein Blick in die Rom-IV-Kriterien. Diese wurden von der Rome Foundation veröffentlicht, um funktionelle gastrointestinale Störungen (functional gastrointestinal disorders, FGID) zu diagnostizieren.
In der Regel harmlos, aber höchst unangenehm und belastend / Foto: Adobe Stock/photophonie
Gemäß der Rom-IV-Kriterien liegt eine funktionelle Bauchblähung/Distension vor, wenn Patienten wiederkehrend unter Symptomen von Völlegefühl oder Druck im Bauchraum oder einer sichtbaren Zunahme des Bauchumfangs leiden. Die Beschwerden treten durchschnittlich mindestens einen Tag pro Woche für mindestens drei Monate auf. Der Symptombeginn muss bei Diagnosestellung bereits mehr als sechs Monate zurückliegen. Leichte Schmerzen sowie geringfügige Anomalien beim Stuhlgang können begleitend auftreten, herrschen aber nicht vor. Krankheiten wie Reizdarmsyndrom, funktionelle Obstipation, funktioneller Durchfall oder postprandiales Distress-Syndrom kann der Arzt als Ursache nicht diagnostizieren (4, 6).
Blähungen sind klinisch relevant und wurden daher in die internationale Klassifikation der Krankheiten aufgenommen. In ICD-10 finden sich Aufstoßen, Blähbauch, Blähungen und Meteorismus unter dem Code R14 »Flatulenz und verwandte Zustände« (7).
Gaschromatografie mit Massenspektrometrie-Kopplung ermöglicht es, die Bestandteile der Darmgase nachzuweisen und zu quantifizieren. Diese bestehen überwiegend aus Stickstoff und zu einem geringeren Anteil aus variierenden Mengen an anderen geruchlosen Gasen wie Kohlendioxid, Wasserstoff und Methan. Für den unangenehmen Geruch sind Ammoniak, flüchtige Fettsäuren wie Buttersäure oder Propionsäure sowie Schwefelverbindungen verantwortlich.
Als wichtige schwefelhaltige Komponenten wurden Schwefelwasserstoff, Methanthiol und Dimethylsulfid ausgemacht. Der Geruch korreliert dabei vor allem mit der Schwefelwasserstoff-Konzentration. Die geruchsbestimmenden Gase entstehen zum Beispiel, wenn Aminosäuren abgebaut werden.
Wasserstoff und Methan sind entflammbar. Wenn diese als Darmgase entweichen, stellt sich die Frage, ob Menschen in der Nähe von offenen Flammen gefährdet sind. Hier kann Entwarnung gegeben werden. Gasexplosionen hat es allerdings bereits bei Eingriffen wie Koloskopien gegeben, wenn die Darmreinigung ungenügend war.