Lieferschwierigkeiten bei Pneumokokken-Impfstoffen |
Christina Hohmann-Jeddi |
13.03.2020 14:42 Uhr |
Im ersten Quartal 2020 hat MSD bereits rund die Hälfte der für dieses Jahr geplanten Impfdosen von Pneumovax23 ausgeliefert und ist voraussichtlich erst Anfang Mai erst wieder lieferfähig (Symbolbild). / Foto: Shutterstock/REDPIXEL
Vor allem ältere und chronisch kranke Menschen haben ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf von Covid-19, der durch das neue Coronavirus SARS-CoV-2 ausgelösten Lungenerkrankung. Um Komplikationen zu vermeiden, sollten sich Risikogruppen gegen Erreger impfen lassen, die die Lunge angreifen, empfehlen Experten. Dazu gehören neben Influenzaviren auch die Pneumokokken, gegen die es einen 23-valenten Impfstoff des Unternehmens MSD gibt: Pneumovax®23. Dieser wird von der Ständigen Impfkommission (STIKO) als Standardimpfung allen Menschen ab 60 Jahren und chronisch Kranken empfohlen. Zusätzlich gibt es auch den 13-valenten Polysaccharid-Konjugatimpfstoff Prevenar®13 von Pfizer.
Derzeit komme es bei Pneumovax®23 zu Lieferengpässen, teilt das Unternehmen gegenüber der Pharmazeutischen Zeitung mit. Grund dafür sei eine unerwartet stark gestiegene Nachfrage, bedingt durch die in Deutschland anhaltenden Infektionen mit SARS-CoV-2. Die Nachfrage am Pneumokokken-Impfstoff habe sich dadurch in Deutschland erheblich gesteigert. Im ersten Quartal 2020 habe der Hersteller bereits rund die Hälfte der für dieses Jahr geplanten Impfdosen ausgeliefert. »Das entspricht rund 75 Prozent des Bedarfs des gesamten Vorjahres«, teilte MSD der PZ auf Nachfrage mit.
Der Bedarf sei derzeit weltweit erhöht, weshalb das Unternehmen Bestände nicht zwischen Ländern umschichten könne. »Die Produktion von Impfstoffen ist als ein biotechnologischer Vorgang sehr komplex und kann bis zu 36 Monate in Anspruch nehmen«, heißt es in der Mitteilung weiter. Zudem unterliege die Produktion strengen Qualitäts- und Sicherheitsanforderungen. Dies erfordere eine langfristige Produktionsplanung, die eine kurzfristige Anpassung an eine veränderte Nachfrage nur sehr eingeschränkt möglich mache. MSD teilt mit, dass das Unternehmen sich intensiv um eine Beschleunigung der nächsten Lieferungen bemühe, um die kontinuierliche Verfügbarkeit sicherzustellen.
Das Unternehmen stehe in engem Kontakt mit den entsprechenden Akteuren und Behörden, bei Lieferengpässen würde umgehend das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) unterrichtet. Auf der Website des PEI wurde Pneumovax®23 heute in die Liste der von Lieferschwierigkeiten betroffenen Vakzinen aufgenommen. Dem PEI zufolge ist der Impfstoff ab Anfang Mai wieder lieferbar. Auch Prevenar®13 von Pfizer ist derzeit nur eingeschränkt lieferbar und auf die Liste des PEI aufgenommen worden.
Für die Zeit der Lieferschwierigkeiten hat die STIKO nun Handlungshinweise erstellt. Um besonders vulnerable Personengruppen möglichst effektiv und entsprechend ihrem Risiko zu schützen, soll wie folgt vorgegangen werden: Prevenar®13 soll ausschließlich für die Grundimmunisierung im Säuglingsalter bis zu einem Alter von zwei Jahren verwendet werden. Sollte Prevenar®13 nicht verfügbar sein, kann auf Synflorix® (10-valenter Pneumokokkenkonjugatimpfstoff von Glaxo-Smith-Kline) ausgewichen werden.
Pneumovax®23 soll laut STIKO prioritär für folgende Personengruppen verwendet werden:
Auch bei Wiederverfügbarkeit der Impfstoffe sollten Pneumokokken-Impfungen ausschließlich dem Personenkreis vorbehalten bleiben, der in den gültigen Impfempfehlungen der STIKO benannt ist, betont die Kommission.
Das Virus SARS-CoV-2 hat unsere Welt verändert. Seit Ende 2019 verbreitet sich der Erreger von Covid-19 und stellt die Wissenschaft vor enorme Herausforderungen. Sie hat sie angenommen und rasch Tests und Impfungen, auch für Kinder, entwickelt. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite Coronavirus.