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Coronavirus

Impfen gegen Lungenentzündung

Einen Impfstoff gegen das neue Coronavirus SARS-CoV-2 gibt es nicht. Impfen lassen sollten sich Risikogruppen aber trotzdem – gegen andere Erreger, die die Lunge angreifen.
Christina Hohmann-Jeddi
11.03.2020  15:38 Uhr

An einem Impfstoff gegen SARS-CoV-2 wird weltweit geforscht. Vor Sommer 2021 ist aber Experten zufolge nicht mit einer Vakzine gegen das Coronavirus zu rechnen. Mediziner raten Risikogruppen dennoch jetzt schon zu Impfungen: nämlich gegen Erreger, die die Lunge angreifen. Vor allem ältere und chronisch kranke Menschen haben ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf von Covid-19 und sollten sich gegen Keuchhusten, Pneumokokken und auch gegen die reguläre Influenza impfen lassen beziehungsweise ihren Impfstatus prüfen. Was ist der Grund?

Der Virologe Professor Dr. Christian Drosten von der Charité in Berlin erklärte die Hintergründe in einem Podcast auf »NDR Info«. Von der Grippe sei bekannt, dass die auslösenden Influenzaviren die Immunzellen der Lunge stören, sodass das Risiko für eine nachfolgende bakterielle Pneumonie steige. Häufig seien dies Bakterien, in der Regel Pneumokokken, die ohnehin im Rachen vorhanden seien und aufgrund der Immunstörung die Überhand gewinnen könnten. An dieser klassischen Lungenentzündung »sterben die meisten in der Influenza-Infektion«, sagte Drosten. Gegen Pneumokokken kann man impfen. Die Impfung empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) allen Menschen über 60 Jahren und chronisch Kranken.

SARS-CoV-2 sei zwar kein Influenzavirus, befalle aber auch die Lunge, wo es ebenfalls das Immunsystem stören könne. Dahei sei es eine logische Überlegung, so der Virologe, sich durch eine Pneumokokken-Impfung gegen eine mögliche sekundäre Pneumonie zu schützen. Diese trete bei SARS-CoV-2-Infektionen nach bisherigen Daten seltener auf als bei der Grippe. »Aber dennoch ist es nicht schädlich, diese Impfung zu machen, wenn man sich gegen Eventualitäten schützen will«, betonte Drosten.

Auch eine saisonale Grippeimpfung sei jetzt für Risikogruppen noch sinnvoll, obwohl die Grippewelle gerade auslaufe und der Aufbau des Immunschutzes in der Regel zwei Wochen benötige. Aber gerade mit einer zusätzlichen Grippeimpfung im Herbst sei man für die kommende Grippesaison, in der das Pandemievirus immer noch kursieren werde, besonders gut geschützt, so Drosten.

Die Grippeimpfung schützt nicht nur den Geimpften. Insgesamt entlastet eine hohe Durchimpfungsrate auch das Gesundheitssystem, da weniger Menschen an Grippe erkranken und stationär behandelt werden müssen. Generell gelten diese Überlegungen für die gesamte Bevölkerung, betonte der Mediziner. Indiziert ist die Grippeimpfung aber nur für bestimmte Risikogruppen. Neben den Älteren und chronisch Kranken sind dies auch Schwangere und das medizinische Personal.

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