Lehren aus der Pandemie |
Die Flut an wissenschaftlichen Erkenntnissen, die im Verlauf der Pandemie gewonnen wurden, mussten auch kommuniziert werden. Der hohe Informationsbedarf in der Bevölkerung führte zu einem bis dahin nicht gekannten Umfang an Wissenschaftskommunikation. Täglich meldeten Zeitungen Infektionszahlen, Virologen-Podcasts erlebten Höhenflüge, die Entwicklung der Impfstoffe wurde mit gleicher Spannung verfolgt wie die Identifizierung von Impfnebenwirkungen.
Professor Dr. Christian Drosten von der Berliner Charité wurde in der Pandemie unter anderem mit dem Podcast »Das Coronavirus-Update« bei NDR Info bundesweit bekannt. Der Spezialist für Coronaviren war teilweise heftigen Anfeindungen ausgesetzt. / © Imago/Reiner Zensen
Eine wichtige Lehre aus der Coronapandemie ist, dass zur Pandemiebekämpfung die Bevölkerung die Ernsthaftigkeit der Situation und den Sinn von Schutzmaßnahmen verstanden haben muss. Ob Masken, Impfungen oder Tests: Die Bereitschaft, Maßnahmen mitzutragen, muss beim größten Teil der Bevölkerung vorhanden sein. Sonst laufen sie ins Leere. Dafür müssen die entscheidenden wissenschaftlichen Erkenntnisse gut verständlich kommuniziert werden, was in der Coronapandemie nicht immer der Fall war.
Wichtig bei der Wissenschaftskommunikation (nicht nur in einer Pandemie) sind eine hohe Transparenz und Verständlichkeit der Informationen und die Nutzung von verschiedenen Kanälen, um möglichst viele Menschen zu erreichen. Gegen Fake News und Verschwörungstheorien muss effektiv vorgegangen werden.
Die Pandemie hat auch gezeigt, dass ein Gleichgewicht zwischen der Geschwindigkeit der Informationsverbreitung und der Aufrechterhaltung wissenschaftlicher Qualitätsstandards gefunden werden muss. Nicht jeder Preprint muss als wissenschaftliche Erkenntnis kommuniziert werden. Auch die Grenzen des bisherigen Wissens sind klar zu benennen.
Da bestenfalls die ganze Bevölkerung erreicht werden sollte, ist deren Heterogenität zu berücksichtigen. Es sollten verschiedene Zielgruppen mit unterschiedlichem Wissen, Bildungsniveau sowie sprachlichen und kognitiven Voraussetzungen angesprochen werden. So könnten Informationen speziell für schlecht erreichbare Gruppen, wie Menschen mit niedrigerem Bildungsniveau oder Kinder, bereitgestellt werden.
Zudem ist die Kooperation zwischen verschiedenen Fachbereichen essenziell, um komplexe Themen ganzheitlich zu kommunizieren und keine sich widersprechenden Aussagen zu machen. Als problematisch erwiesen sich in dieser Hinsicht Interessenkonflikte zwischen der Wissenschaft auf der einen Seite und der Politik auf der anderen Seite, die zu Widersprüchen führten und die Bevölkerung verunsicherten.
Theo Dingermann ist Apotheker und emeritierter Professor für Pharmazeutische Biologie. Wissenschaftskommunikation begleitet ihn seit Beginn seiner Berufung als Frankfurter Hochschullehrer im Jahr 1990. Er ist Autor von fünf Lehrbüchern der Pharmazeutischen Biologie, der Immunologie und der Molekularen Genetik. Seit einigen Jahren krönt er sein Anliegen, komplexe biologische/pharmazeutische Themen einer interessierten Leserschaft zu vermitteln, als Quereinsteiger und Mitglied der PZ-Redaktion.
Christina Hohmann-Jeddi studierte Biologie an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz und am University College Cork in Irland. Seit 2001 arbeitet sie bei der Pharmazeutischen Zeitung, erst als Volontärin, dann als Redakteurin und seit 2003 als Leiterin des Ressorts Medizin.
Annette Rößler studierte Pharmazie an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn und erhielt 2002 die Approbation als Apothekerin. Sie arbeitete mehrere Jahre in Krankenhaus- und verschiedenen öffentlichen Apotheken in Schweden und Deutschland. Nach Volontariat bei der Springer-Medizin-Verlagsgruppe und Tätigkeit als Redakteurin im Newsroom der Ärzte Zeitung wechselte sie 2011 zur Pharmazeutischen Zeitung.