Pharmazeutische Zeitung online
Apotheke vor Ort

Kunden jetzt an das E-Rezept gewöhnen

»Das E-Rezept kommt – in meine Apotheke« heißt es auf einem Poster der aktuellen ABDA-Kampagne. Darauf sollten die Apotheken vor Ort jetzt schon ihre Patienten einschwören. Und mancherorts ist das E-Rezept im Gegensatz zum Versandhandel bereits Realität, zum Beispiel will die TK es jetzt bundesweit anbieten.
Daniela Hüttemann
18.06.2020  17:04 Uhr

»Die Patienten sollen das E-Rezept mit uns Apotheken verknüpfen, nicht mit den grünen Plakaten eines Versandhändlers«. Das meint Heike Gnekow, Mitinhaberin der Privilegierten Adler-Apotheke in Hamburg-Wandsbek. Hier sind mittlerweile im Rahmen eines Pilotprojekts mit der Techniker Krankenkasse mehr als 600 E-Rezepte einer benachbarten Diabetes-Schwerpunktpraxis eingegangen, berichtete Gnekow bei einer Session des virtuellen Summits von »Die Digitale Apotheke« (DDA)

In der Adler-Apotheke sei das E-Rezept mit etwa drei Verordnungen täglich bereits im Alltag angekommen. »Das ist sowohl für uns als auch die Patienten praktisch und modern«, so Gnekow. Es gebe keine Form- und Übertragungsfehler mehr und somit weniger Retaxationen. Der Patient kann das benötigte Arzneimittel bequem vorbestellen und spart sich mindestens einen Weg – und bekommt sein Medikament in seiner Wunschapotheke darüber hinaus deutlich schneller als über den Internetversand. 

Florian Giermann, Client Liaison Manager bei Noventi, einem der Projektpartner, mahnte an, dass die Uhr tickt. Zum 1. Januar 2022 wird das E-Rezept bekanntlich verpflichtend in Deutschland eingeführt, doch sollten die Apotheken, nicht so lange untätig bleiben. »Weisen Sie Ihre Kunden jetzt schon auf Vorbestellportale wie Apora und Apps hin, über die das Rezept in die Wunschapotheke vor Ort geht«, rät Giermann. »Weisen Sie auf ihre eigenen Online-Services hin«. Einfachste Maßnahme: Ein Plakat »E-Rezept willkommen« an die Eingangstür hängen, am besten mit QR-Code mit Link auf den Webshop. Die Kunden sollen so frühzeitig geprägt werden. »Das E-Rezept kommt – in meine Apotheke – das kann man nicht überkommunizieren«, griff Giermann den ABDA-Slogan auf.

TK bietet E-Rezept bundesweit an

Wer die Möglichkeit hat, an Modellprojekten wie GERDA in Baden-Württemberg oder dem Projekt in Hessen teilzunehmen, sollte dies auch nutzen und seinen Software-Anbieter darauf ansprechen, so Giermann. Die TK beispielsweise hat die Pilotphase in Hamburg-Wandsbek verlassen und bietet ihre telemedizinischen Dienstleistungen inklusive E-Rezept jetzt bundesweit all ihren 10,6 Millionen Versicherten an, wie die Krankenkasse vergangene Woche mitteilte. Vorerst umfasst die Tele-Sprechstunde acht akute Krankheitsbilder, von Erkältungen über Magen-Darm-Infekt und Migräne bis hin zu Rückenschmerzen und Corona-Symptomen.

Niedergelassene Vertragsärzte sind über die TK-Doc-App erreichbar und beraten die Versicherten. Sie dürfen dabei auch Medikamente verordnen und digitale Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (E-AU) ausstellen. »Wir arbeiten gerade mit Nachdruck an der Anbindung weiterer Apotheken und Arztpraxen«, betonte vergangene Woche TK-Chef Jens Baas. »Dabei ist uns ganz wichtig, dass wir offen für weitere Partner sind. Unser Versorgungsnetz soll keine Konkurrenz für die anderen Apotheken oder Arztpraxen sein, sondern bei uns sind zusätzliche Partner jederzeit herzlich willkommen.« 

Dies bestätigte beim DDA-Summit heute Tim Steimle, Leiter Arzneimittel bei der TK und selbst Apotheker. »Wir wollen das E-Rezept so schnell wie möglich zu den Patienten, Apotheken und Ärzten bringen.« Viele Apotheken hätten ihr Interesse bereits signalisiert. Mit Noventi und dem Norddeutschen Apothekenrechenzentrum (NARZ) seien bereits zwei große Player an Bord. »Wir sind aber derzeit auch im Gespräch mit allen anderen Software- und Abrechnungsdienstleistern«, so Steimle. Ebenso stehe man im Austausch mit den Ersatzkassen. Über eine Hotline erfahren die Patienten, bei welchen Apotheken sie digitale Rezepte bereits einlösen können.

Potenzial für Apotheker bei der Chroniker-Betreuung

Neben der Akutversorgung sieht Steimle in der telemedizinischen Betreuung von Chronikern ein großes Potenzial. Hier gebe es ganz neue Möglichkeiten für die Apotheker, sich mehr in die Betreuung einzubringen. Der Apotheker werde in Zukunft mit Einverständnis des Patienten auch ein Einblick in dessen elektronische Patientenakte bekommen. »Damit wird der Apotheker erstmals in die Lage versetzt, eine Beratung auf Basis von Diagnosen, Laborwerten und anderen relevanten Daten durchführen zu können«, meint Steimle. »Sie werden Aufgaben übernehmen können, die Sie bislang nicht regelhaft machen können.«

Mehr von Avoxa