Knochenschutz von Anfang an |
Brigitte M. Gensthaler |
31.03.2021 13:00 Uhr |
Die Behandlung von Brustkrebs kann viele Folgeschäden auslösen. Einer davon ist Osteoporose – je nach Intensität der Therapie auch bei prämenopausalen Frauen. / Foto: iStock/Pradit_Ph
»Vielfältige Faktoren beeinflussen die Knochendichte bei Frauen mit Brustkrebs negativ, zum Beispiel Chemo- und antihormonelle Therapie, aber auch reduzierte Aktivität oder Immobilisierung infolge des Tumors, ein sekundärer Hypogonadismus oder die Einnahme von Corticosteroiden«, berichtete Professor Dr. Florian Schütz, Gynäkoonkologe aus Speyer, bei einem Online-Fachpresse-Workshop zur onkologischen Supportivtherapie.
Hinzu kommt, dass Brustkrebs sich häufig nach der Menopause manifestiert und die Knochendichte postmenopausal ohnehin abnimmt. »Dieser Schwund wird deutlich beschleunigt durch Aromatase-Inhibitoren«, so der Arzt. Werden zur antihormonellen (endokrinen) Therapie Aromatase-Inhibitoren (AI) wie Letrozol, Anastrozol und Exemestan oder GnRH-Analoga wie Goserelin und Triptorelin kombiniert, gehe »die Knochendichte auch bei prämenopausalen Frauen in den Keller«.
Bei postmenopausalen Frauen ist die adjuvante Gabe von Aromatase-Hemmern über fünf Jahre Standard, bevorzugt in der Sequenz mit Tamoxifen. »Alle AI erhöhen das Frakturrisiko im Vergleich zu Tamoxifen, wobei dieses keine protektive Wirkung hat«, betonte Schütz. Bei postmenopausalen Frauen sei das Osteoporose-Risiko unter Tamoxifen vergleichbar mit dem natürlichen Verlauf, bei prämenopausalen Frauen steige die Frakturrate. Generell gilt: »Je stärker die Hormonbildung unterdrückt wird, umso höher ist die Osteoporose- und Frakturrate.« Im Übrigen müsse man auch bei Männern, zum Beispiel mit Prostatakrebs und antihormoneller Therapie, auf die Knochendichte achten.
Der Arzt empfahl dringend, die Knochendichte vor Beginn der Tumortherapie zu erfassen und nach Risikofaktoren zu fahnden. Dazu zählen beispielsweise eine positive Familienanamnese, Untergewicht, wenig Bewegung, Rauchen und Corticoid-Einnahme.
Zur Prävention der Tumortherapie-induzierten Osteoporose reichen Allgemeinmaßnahmen und Sport oft nicht aus. Bisphosphonate oder Denosumab sind angezeigt. / Foto: Getty Images/Science Photo Library/Steve Gschmeissner
Erst kürzlich hat die Kommission Mamma der Arbeitsgemeinschaft Gynäkologische Onkologie (AGO) ihre Empfehlungen zu »Osteoonkologie und Knochengesundheit« aktualisiert. Zur Therapie und Prävention des Tumortherapie-induzierten Knochenmasseverlusts und der Osteoporose empfehlen die Experten Allgemeinmaßnahmen wie körperliche Aktivität und Vermeidung von Bettruhe, Substitution von Calcium und Vitamin D3, Nikotinverzicht und nur mäßigen Alkoholkonsum. »Körperliche Bewegung ist immer zu empfehlen, aber sprechen Sie nicht von Sport, weil dies oft negativ belegt ist«, sagte Schütz aus seiner Erfahrung. Zudem sollte ein niedriger Body-Mass-Index (unter 20 kg/m²) vermieden werden.
Ebenso werden Bisphosphonate (etwa Alendronat, Ibandronat, Risedronat, Zoledronat) zur Prävention (zwei bis fünf Jahre) und Therapie empfohlen; sie können den Knochendichteverlust aufhalten. Der Antikörper Denosumab wird präventiv (maximal drei Jahre) und therapeutisch eingesetzt. »Eine Hormonersatztherapie lehnen wir jedoch ab.«
Vor dem Absetzen von Denosumab sollte das individuelle Frakturrisiko bestimmt werden, denn in einer 2017 publizierten Studie zeigte sich ein erhöhtes Risiko für Wirbelkörperbrüche nach dem Absetzen des Antikörpers. Bei Patienten mit erhöhtem Frakturrisiko riet der Onkologe dazu, den Knochenschutz weiterzuführen, entweder mit Denosumab, einem Bisphosphonat (über 12 bis 18 Monate) oder Denosumab plus Teriparatid. Bei niedrigem Risiko empfahl er den Wechsel auf ein Bisphosphonat und langsames Ausschleichen.
Die AGO-Autoren verweisen zudem auf alle zur Osteoporose-Therapie zugelassenen Substanzen, darunter Parathormon, Raloxifen und Strontiumranelat.