Kleine Schritte in die grüne Zukunft |
Die »Pharmacists for Future« sind eine Initiative des Vereins demokratischer Pharmazeutinnen und Pharmazeuten (VdPP), die sich für mehr Nachhaltigkeit einsetzt. Sie kritisieren, dass viele Wirkstoffe nach der oralen Aufnahme überwiegend oder komplett unverändert ausgeschieden und sich in der Umwelt anreichern würden. Die Gruppe fordert deshalb, mehr Informationen zur Ökotoxizität in den Arzneimittel-Datenbanken bereitzustellen, denn: »Nur so können sowohl bei der Verschreibung von Arzneimitteln als auch bei der Beratung zu Arzneimitteln in der Apotheke ökologische Gesichtspunkte besser berücksichtigt werden.«
Die Juristin und Umweltwissenschaftlerin Kim Teppe hat hierzu eine wichtige Rechtsprechung beim Verwaltungsgericht Köln erstritten. Mit dem inzwischen rechtskräftigen Urteil wird das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) verpflichtet, die von Arzneimittelherstellern eingereichten Studienberichte zur Umweltrisikobewertung an Teppe herauszugeben (siehe auch hier).
Die Juristin erhofft sich eine Gesetzesänderung dahingehend, dass diese Informationen von vornherein transparent sind. Ihre Vision: die Etablierung eines Systems oder einer Datenbank, in die die Umweltdaten eingetragen werden können, »um bei der Gewässerüberwachung überhaupt zu wissen, wonach wir schauen müssen und darauf aufbauend Risikomanagement betreiben zu können«.
Um den ökologischen Fußabdruck pharmazeutischer Produkte zu reduzieren, spielt das Konzept der »Green Chemistry« eine wichtige Rolle. In der pharmazeutischen Industrie bezieht es sich darauf, nachhaltige chemische Prinzipien bei der Entwicklung und Herstellung von Medikamenten zu nutzen.
So hat das Team um die Wissenschaftlerin Neele Puhlmann von der Leuphana-Universität in Lüneburg im Januar 2024 eine Studie zum »grünen Wirkstoffdesign« publiziert (DOI: 10.1016/j.ejps.2023.106614). Unter bestimmten Voraussetzungen sei es möglich, bereits in der Phase der Wirkstofffindung einzukalkulieren, inwieweit ein Medikament umweltverträglich ist oder nicht.
Schon bei der Wirkstoffsuche an die Umweltverträglichkeit denken: Das verlangt das Konzept der »Green Chemistry«. / Foto: Getty Images/Andrew Brookes
Im Jahr 2021 kam eine Analyse des Autorenteams um Dr. Mohit Mishra von der Amity-Universität Chhattisgarh in Indien zum Gesamtzustand der Pharmaindustrie zu dem Schluss, dass grüne Chemie eine innovative Lösung sei, um den Lebensstandard zu erhöhen und die Umweltprobleme zu minimieren (DOI: 10.1016/j.crgsc.2021.100174). Dadurch ließen sich der CO₂- und Wasser-Fußabdruck verringern, gefährliche Chemikalien und Lösungsmittel reduzieren und durch erneuerbare grüne Lösungsmittel und Rohstoffe ersetzen.
Die grüne Chemie habe das Potenzial, die Pharmaindustrie und Arzneimittelherstellung zu verändern, schreibt die Wissenschaftlerin, denn sie biete sowohl ökologische als auch wirtschaftliche Vorteile. Die Umwandlung konventioneller Chemiekonzerne in nachhaltige Unternehmen erfordere die Zusammenarbeit von Bildung, Politik, Forschung und Wirtschaft.